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König von Serbien: Aleksandar Vučić während einer Pressekonferenz

© REUTERS/MARKO DJURICA

Vučićs eiserne Faust: Die pro-westliche Opposition in Serbien ist machtlos

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić hält sich weiter an der Macht. Auch der Wahlbetrug bei den Parlamentswahlen im Dezember blieb ohne Konsequenzen für ihn. Die Opposition ist machtlos.

Ein Gastbeitrag von Zoran Vuletić

Aleksandar Vučić, der Präsident Serbiens, ist seit elf Jahren an der Macht. Seine Politik allerdings ist es, in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung, seit mehr als 30 Jahren. Nur während der Regierungszeit von Zoran Djindjić 2001 bis 2003 gab es den Versuch, Serbien an den Westen heranzuführen und zum Teil der EU zu machen. Nach seiner Ermordung fiel Serbien wieder in den Dornröschenschlaf der Demokratie. Er dauert leider bis heute an.  

Auf der Seite der Opposition sieht es ebenfalls nicht gut aus. Die Parlamentswahlen im Dezember 2023 haben uns im Vergleich zur vorherigen Wahl nichts Neues gebracht. Neu war diesmal lediglich, dass die ganze Welt den Wahlbetrug des Regimes Vucic gesehen hat. Aber wieder haben wir dieselben Leute im Parlament.

Nur zwei bis drei Abgeordnete, die jetzt dort eine Stimme haben, würden den Vereinbarungen mit der EU zustimmen, die die Anerkennung des Kosovo zum Gegenstand hat. Dabei besteht die Opposition aus etwa 80 Abgeordneten.

Antworten, die die Opposition schuldig bleibt

Das Oppositionsbündnis, das unter dem Namen „Serbien gegen Gewalt“ versucht, Vučić zu besiegen, greift weder seine Politik wirklich an noch die ideologischen Grundlagen des herrschenden serbischen Nationalismus.

80
Abgeordnete zählt die serbische Opposition etwa.

So gibt es von ihnen keine Antwort darauf, dass Serbien die Realität im Kosovo anerkennen und die unter europäischer Vermittlung geschlossenen Abkommen von Brüssel und Ohrid endlich umsetzen müsste. Fehlanzeige auch in der Haltung zu Bosnien und Herzegowina und zum dort tätigen bosnisch-serbischen Separatisten Milorad Dodik, der sein eigenes Land zerstört.

Die Opposition hat auch keine Pläne, die politische Tätigkeit der serbisch-orthodoxen Kirche stark einzudämmen. Die Kirche ist Trägerin des grenzüberschreitenden Nationalismus und hilft dem Vučić-Regime, Montenegro zu destabilisieren. Außerdem ist sie Rückgrat des Projekts „Serbische Welt“ („Srpski svet“).

„Serbien gegen Gewalt“ dringt auch nicht auf radikale Veränderungen der Belgrader Politik Richtung Russland, die Sanktionen einschließen müssten. Ebensowenig attackieren sie Vucics Politik militärischer Neutralität und die Rolle Chinas, mit dessen Wucherkrediten das Regime Vucic zu überleben hofft.

Die Bürger haben derzeit ein größeres Problem mit der Opposition als mit dem autoritären Regime von Vučić.

Zoran Vuletić, Abgeordneter der serbischen Opposition

Bei einer Podiumsdiskussion in Brüssel während des Wahlkampfs vermieden es Vertreter der größten Oppositionsgruppe sogar, zwei Resolutionen des Europäischen Parlaments zu Serbien auch nur zu erwähnen. In der vom Mai 2023 werden Sanktionen gegen Russland gefordert, in der vom Oktober geht es um Kosovo – ihre Annahme ist praktisch die Voraussetzung dafür, dass die Beitrittsverhandlungen mit der EU weitergehen können. Doch man vermied eine klare Position.

Nationalismus pflegt nicht nur der Herrscher

Gleiches zum Problem von Bosnien und Herzegowina, wo Serbien über den prorusischen Akteur Milorad Dodik Einfluss nimmt, der sich seinerseits mit  Dragan Čović verbündet hat, dem bosnisch-kroatischen Vertreter einer extrem nationalistischen kroatischen Politik. Die Liste „Serbien gegen Gewalt“ hat keine Einwände gegen Dodiks Verhalten gegenüber Bosnien und Herzegowina.

All dies sind wichtige Gründe, warum die Bürger derzeit ein größeres Problem mit der Opposition haben als mit dem autoritären Regime von Vučić.

Meine eigene Liste „Serbien im Westen“, auf der sich viele Intellektuelle des Landes stark für eine europäische Orientierung Serbiens machten, hatte vor der Wahl sage und schreibe eine Stunde Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und ganze zehn Sekunden in Fernsehsendungen der privaten United Media Gruppe. Die Öffentlich-rechtlichen sind neben den Boulevardzeitungen Vučićs Propagandaplattform.

Propagandaplattformen statt Information

Die United-Media-Gruppe dagegen hatte sich der Unterstützung von „Serbien gegen Gewalt“ verschrieben und diente ihr als Propagandamaschine. Ergebnis war eine völlige Trivialisierung der Politik in Serbien und eine mediale Zweiteilung, in der echte Debatten und Pluralität den kürzeren zogen.

Auf diese Weise ist Vučić auch im Jahre 2024 immer noch der einzige Gesprächspartner des Westens, obwohl jedem in Europa klar ist, was für eine autoritäre Figur er ist. Die Mainstreamopposition befestigt diese Rolle auch noch, indem sie ihn für alles, was er an Vereinbarungen zum Kosovo umsetzt, des „Verrats“ beschuldigt, statt ihn im Gegenteil unter Druck zu setzen, diese Vereinbarungen vollständig einzuhalten.

Damit ist der größte Teil der Opposition dem historischen Moment und ihrem Gegner Aleksandar Vučić leider nicht gewachsen. Solange sie von einer technischen Regierung träumen, bei der es darum geht, einfach zu zählen, wer gegen Vučić ist, hat Vucic einen ruhigen Schlaf.

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