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Der Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg.

© dpa/Paul Zinken

Update

Nach Vergewaltigung in Berlin-Kreuzberg: CDU und SPD erwägen Zaun um den Görlitzer Park – Grüne-Bürgermeisterin widerspricht

Die Sicherheitslage im Görli ist schlecht. Die Regierungsparteien zeigen sich nun offen dafür, den Park nachts abzusperren. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg lehnt das ab.

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Die schwarz-rote Koalition in Berlin erwägt, einen Zaun um den Görlitzer Park zu bauen und die Grünanlage nachts abzuschließen. „Ich bin für Wege und Lösungen offen, die darauf abzielen, die Sicherheit vor Ort für die Nutzer:innen des Parks und die Anwohnenden zu verbessern. Das kann zum Beispiel die nächtliche Absperrung oder Ausleuchtung des Parks sein, so wie es Polizeipräsidentin Slowik vorgeschlagen hat“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh dem Tagesspiegel. In anderen Metropolen habe diese Maßnahme bereits zu mehr Sicherheit und weniger Kriminalität in öffentlichen Grünanlagen geführt.

Ähnlich hatte sich zuvor auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) geäußert. „Es ist ein interessanter Ansatz, den Görlitzer Park zu umzäunen und nachts abzuschließen“, sagte Wegner im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Zugleich müssten dunkle Ecken baulich offener gestaltet und besser beleuchtet werden.

Auch brauche es „mehr Polizeipräsenz und eine konsequente Ahndung von Straftaten“, erklärte der Regierende. Die gleichartigen Aussagen von Wegner und Saleh sind kein Zufall. CDU und SPD sollen sich auf den Schritt nach Tagesspiegel-Informationen schon intern verständigt haben.

Die aktuelle Situation in und um den Görlitzer Park in Kreuzberg ist nicht akzeptabel.

Raed Saleh, Berlins SPD-Fraktionschef

Zuvor hatte Polizeipräsidentin Barbara Slowik unter anderem tragfähige Konzepte für Beleuchtung, Müllentsorgung, Toiletten und Spielplätze am Görlitzer Park gefordert. Auch sie regte an, das Parkgelände einzuzäunen und den Zugang zeitlich zu beschränken.

Aus Sicht von SPD-Chef Saleh müsse angesichts der derzeitigen Lage schnell gehandelt werden. „Die aktuelle Situation in und um den Görlitzer Park in Kreuzberg ist nicht akzeptabel. Die Sicherheit im öffentlichen Raum für alle ist eine Grundvoraussetzung unseres demokratischen Zusammenlebens und der Freiheit der Stadt Berlin.“ Wer dies nicht akzeptieren wolle und im Umfeld des Parks Gewalttaten begehe, müsse „mit der Härte unseres Rechtsstaats verfolgt werden“, sagte Saleh.

Bezirk sieht den Vorschlag kritisch

Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen), lehnt einen Zaun als alleinige Maßnahme ab. „Ich sehe den Vorschlag kritisch. Bisher liegt kein Konzept vor, das nicht zu einer Verdrängung und damit Verschärfung der Problemlagen in den umliegenden Kiezen führt“, sagte sie dem Tagesspiegel. Man sei aber grundsätzlich bereit, über alle Maßnahmen zu sprechen, durch die sich „die Situation im gesamten Gebiet, Park und den umliegenden Kiezen, nachhaltig verbessert“, sagte sie.

Dazu könnte laut Herrmann auch die „Installation von Toranlagen zur temporären Schließung von Eingängen“ zählen, wenn es gleichzeitig eine Neugestaltung des gesamten Wege- und Flächenkonzeptes, eine Stärkung der Sport- und Kulturangebote im Park, bessere Beleuchtung, mehr Präsenz von Polizei, Ordnungsamt und Parkmanagement gebe.

Kritik äußerte Herrmann an CDU und SPD, die bisher nicht mit dem Bezirk gesprochen hätten. „Wir haben nur der Presse entnehmen können, was der Senat plant“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Scheindebatten oder Verdrängung der Problemlage um zwei Straßenecken helfen nicht weiter. Vielmehr geht es darum, vor Ort die Situation nachhaltig zu verbessern und echte Lösungen zu finden, ohne Probleme lediglich in andere Kieze oder die Berliner Hinterhöfe zu verlagern.“

Es geht darum, vor Ort die Situation nachhaltig zu verbessern und echte Lösungen zu finden, ohne Probleme lediglich in andere Kieze oder die Berliner Hinterhöfe zu verlagern.

Clara Herrmann (Grüne), Bezirksbürgermeisterin für Friedrichshain-Kreuzberg

Laut Herrmann dürfe der Park nicht isoliert betrachtet werden. „Auch die umliegenden Kieze, insbesondere das Kottbusser Tor, der Wrangelkiez und der Reichenberger Kiez müssen einbezogen werden.“ Der Bezirk habe mehrfach gegenüber dem Senat auf die unzumutbaren Zustände hingewiesen, Unterstützung und verstärkte Angebote der Suchthilfe und Obdachlosenhilfe vor Ort eingefordert. „Auch im Rat der Bürgermeister habe ich eine dringend notwendige landesweite Strategie zu Sucht und Obdachlosigkeit eingefordert“, sagte sie. „Leider bisher ohne Erfolg.“

Tatverdächtige nach Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park festgenommen

Über die dramatische Situation im Görlitzer Park wird seit Tagen debattiert. Auslöser ist das Bekanntwerden der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer 27-jährigen Frau in dem Park, die sich laut Polizei bereits am 21. Juni ereignet hat. Mehrere Täter sollen das Opfer und ihren Freund zunächst ausgeraubt und die Frau dann vor den Augen ihres Freundes vergewaltigt haben.

Im Zusammenhang mit der Tat nahm die Polizei am Donnerstag einen dritten Verdächtigen fest. Der per Haftbefehl gesuchte 22-Jährige war laut einer Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft in Rummelsburg gefasst worden. Zwei weitere 22-Jährige befinden sich bereits seit einigen Tagen in Untersuchungshaft. Bei den Männern soll es sich um Drogendealer handeln. Anwohner berichten unter anderem wegen der dort verbreiteten Dealer- und Drogenszene seit langem von unhaltbaren Zuständen im Görlitzer Park und in dessen Umfeld.

Um mehr Sicherheit in Parks und öffentlichen Plätzen soll es auch bei einem Sicherheitsgipfel gehen, zu dem der Regierende Bürgermeister Kai Wegner für September eingeladen hat. Unter Mitwirkung der Berliner Polizei, der Feuerwehr und des Verfassungsschutzes soll dabei diskutiert werden, wie eine Stärkung der Sicherheitsbehörden und eine Verbesserung der Sicherheitslage in Berlin gelingen kann. Im Anschluss soll ein Maßnahmenpaket verabschiedet werden.

Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann fordert, auch die Bezirke daran zu beteiligen. „Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass mit dem Bezirk gesprochen wird, denn es braucht eine berlinweite Strategie, die alle Akteur:innen mit einbezieht“, sagte sie. „Ein Gipfel ist sinnvoll, wenn er ernsthaft und nachhaltig die vielschichtigen Herausforderungen im öffentlichen Raum adressiert, anstatt polemische Scheindebatten zu führen.“

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