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Die Jamaikanerinnen überraschten bei dieser WM mit Achtelfinaleinzug.

© REUTERS/Asanka Brendon Ratnayake

Was nach dem Finale bleibt: Die Fußball-WM hat etwas ins Rollen gebracht – nicht nur im Sport

Diesen Sonntag geht die Fußball-WM zu Ende. Wenn auch nicht aus deutscher Sicht: Das Turnier hat Spaß gemacht. Es bot spannende Spiele, überraschende Geschichten – und lässt für die Zukunft hoffen.

Ein Kommentar von Jörg Leopold

Am Sonntag geht die Fußball-WM der Frauen in Australien und Neuseeland mit dem 64. und finalen Spiel zwischen England und Spanien zu Ende. Was wird bleiben von dem Turnier neben einem in jedem Falle würdigen Titelträger?

Der Fußball-Weltverband Fifa feiert die WM als großen Erfolg und damit auch sich selbst. Tatsächlich konnte die Endrunde begeistern – nicht nur vor Ort, sondern in vielen Ländern dieser Welt, in denen Fußball bislang in erster Linie Männersache war.

Diese WM hat überrascht und so manche Gesetzmäßigkeit außer Kraft gesetzt. Für Rekordweltmeister USA war bereits im Achtelfinale Schluss und die deutschen Frauen, die zuvor noch nie in einer Vorrunde gescheitert waren, schafften es nicht, in einer Gruppe mit Kolumbien, Marokko und Südkorea wenigstens Zweite zu werden. Bei allen bisherigen Weltmeisterschaften stand immer mindestens eine der beiden Frauenfußball-Großmächte im Finale.

Das Aus der deutschen Fußballerinen wurde in der Heimat auch ein Stückweit mit Häme begleitet, gerade von jenen, denen der Hype um den Frauenfußball in der jüngeren Vergangenheit ein bisschen zu groß ausgefallen war. Andere sahen eine Tendenz bestätigt, wonach es im Fußball hierzulande eben genauso trist aussieht wie in vielen anderen Bereichen der Gesellschaft. Erst das Männer-Fiasko in Katar, nun das der Frauen in Australien. Passt!

Aus deutscher Sicht war diese WM ein Fiasko, was weniger an Alexandra Popp (r.) lag, dafür aber durchaus mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg zu tun hatte.

© dpa/Sebastian Gollnow

Natürlich hängt die Bewertung einer WM immer auch vom Abschneiden der eigenen Nationalelf ab, das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat massiv enttäuscht. Eine Euphorie wie noch vor einem Jahr bei der Europameisterschaft in England konnte diesmal gar nicht erst entstehen. Die aus europäischer Sicht wenig attraktiven Anstoßzeiten am Vormittag haben dabei sicherlich auch eine Rolle gespielt.

Eine WM ist aber immer ein Ereignis für die ganze Welt oder zumindest die 32 Nationen, die dabei sind. Das hat sich schon beim Turnier der Männer in Katar gezeigt. Während Viele in Deutschland der Endrunde in der Wüste aus unterschiedlichen Gründen kaum etwas abgewinnen konnten, fiel die Begeisterung andernorts teilweise gewaltig aus. Es kommt immer auf die Perspektive an.

Nie zuvor besuchten so viele Fans die Spieler einer Fußball-WM der Frauen

Und so ist es jetzt auch bei dieser WM der Frauen. Die Stadien in Australien und Neuseeland waren voll – obwohl auf der Südhalbkugel Winter herrscht. Schon nach der Vorrunde konnte die Fifa neue Besucherrekorde vermelden, in vielen Ländern gab es Top-Einschaltquoten im Fernsehen.

Dass diese Weltmeisterschaft erstmals mit 32 Teilnehmern ausgetragen wurde, schien vorab einigermaßen ambitioniert. Die Spiele haben aber gezeigt, dass die einstmals großen Unterschiede zwischen etablierten Nationen und Frauenfußball-Entwicklungsländern immer kleiner werden.

Die vermeintlichen Außenseiter lieferten tolle Geschichten, so manches Team trotzte den Widrigkeiten in der Heimat und schaffte es damit, den Frauenfußball zu Hause überhaupt erst sichtbar zu machen. Die schönste Story gab es dabei wohl aus Jamaika, wo die Spielerinnen erst Geld sammeln mussten, um überhaupt zur WM fahren zu können, und die dann nach dem sensationellen Erreichen des Achtelfinales als Heldinnen zurückkehrten.

Jamaika ist allerdings auch ein Beleg dafür, wie viel Arbeit der Frauenfußball noch vor sich hat. Es geht im ersten Schritt um Akzeptanz und irgendwann um echte Gleichberechtigung mit dem Männersport. In einigen Ländern wurde durch diese WM etwas ins Rollen gebracht und das ist womöglich die größte Errungenschaft dieses Turniers: Denn auch dank der Euphorie rund um ihr Fußballspiel können Frauen in vielen Regionen dieser Welt nun selbstbewusster auf ihre Rechte innerhalb einer Gesellschaft pochen.

Wenn es das ist, was von dieser Endrunde bleibt, war die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland tatsächlich ein immenser Erfolg – für die Fifa, vor allem aber für die Frauen.

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