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Mehr als 2000 Menschen sind bisher beim Erdbeben in Marokko gestorben.

© REUTERS/Nacho Doce

Nach dem Erdbeben in Marokko: „Die nächsten Stunden sind entscheidend“

Mehr als 2000 Tote und Tausende Verletzte: Die Folgen des Erdbebens halten Marokko in Atem. Und die Bergungsarbeit geht nur langsam voran.

Nach dem verheerenden Erdbeben am Freitagabend in Marokko bietet sich in der Katastrophenregion ein zwiespältiges Bild: Während in Marrakesch schon wieder Touristengruppen durch die Altstadt schlendern, suchen Rettungsmannschaften rund 70 Kilometer entfernt in den abgelegenen Dörfern des Atlasgebirges nach Überlebenden.

Inzwischen kamen die ersten internationalen Helfer in Marokko an, um bei der Bergung zu helfen. Spanien schickte eine Katastrophenschutzeinheit des Militärs. Auch Lkw-Konvois mit Hilfsgütern machten sich auf den Weg in die Unglücksregion.

Das Technische Hilfswerk (THW) stand für einen möglichen Rettungseinsatz mit mehr als 50 Einsatzkräften seit Samstag in der Nähe des Flughafens Köln/Bonn bereit.

Die nächsten 24 bis 48 Stunden sind entscheidend, um Leben zu retten.

Caroline Holt, Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften

Technisches Hilfswerk schickt Leute zurück

Da dem Katastrophenschutz aus Deutschland aber bis Sonntag kein internationales Hilfeersuchen aus Marokko vorlag, habe sich das Zeitfenster für einen reinen Rettungseinsatz, um Menschen noch lebend aus den Trümmern zu retten, deshalb nahezu geschlossen, wie ein Sprecher des THW dem Tagesspiegel bestätigte. Die ehrenamtlichen THW-Kräfte wurden deshalb wieder in ihre Ortsverbände zurückgeschickt.

„Nun prüft das THW, ob und wie dem Land mit der Lieferung von Hilfsgütern geholfen werden kann“, sagte THW-Präsidentin Sabine Lackner in einer Erklärung. „Auch für eine mögliche Unterstützung bei der Trinkwasserversorgung vor Ort sind THW-Einsatzkräfte vorbereitet“.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, dass man mit den örtlichen Behörden über die Lage in Marokko in engem Austausch stünde. Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten unter anderem durch das THW seien dem europäischen Katastrophenschutzverfahren bereits am Samstag gemeldet worden. Bis Sonntag gab es keine Kenntnisse über mögliche deutsche Opfer des Bebens.

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Luftbilder des marokkanischen Fernsehens zeigen, dass zahlreiche Ortschaften in dem bis zu 4000 Meter hohen Gebirge praktisch verschwunden sind. Wo früher Häuser standen, sieht man nur noch Ruinen und Trümmer. Straßen sind zerstört oder durch Steinbrocken blockiert. Brücken stürzten ein. Strom-, Wasser- und Telekommunikationsleitungen funktionieren nicht.

Die nächsten 24 bis 48 Stunden sind entscheidend, um Leben zu retten“, sagt Caroline Holt von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC).

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Zudem müsse man Trinkwasser und Lebensmittel in die Dörfer bringen. „Wir müssen dafür sorgen, dass sich innerhalb der Katastrophe nicht eine weitere Tragödie ereignet.“

Über 2000 Tote, Tausende Verletzte

„Es ist sehr schwierig, zu einigen Gebieten vorzudringen“, erklären die Helfer der IFCR. Auch deswegen wird nach dem schlimmsten Erdbeben in Marokko seit Jahrzehnten das Ausmaß der Katastrophe nur langsam sichtbar: Nach Angaben des marokkanischen Innenministeriums wurden bis Sonntagnachmittag mehr als 2000 Leichen geborgen, mehrere tausend Menschen wurden verletzt. In den kommenden Tagen dürften die Opferzahlen weiter steigen.

Nach Schätzung der marokkanischen Behörden sind mindestens zehn Provinzen von dem Erdbeben betroffen. Am schlimmsten traf es die Provinz Al Haouz, in der auch das Epizentrum des Bebens lag. Dort wurden bisher die meisten Toten geborgen. Viele Opfer gab es auch in den Provinzen Taroudant, Chichaoua und Ouarzazate.

Nur bruchstückhaft werden Einzelheiten bekannt: Etwa aus der Bergprovinz Chichaoua, die westlich Marrakeschs liegt. Allein hier wurden in einem Dorf 65 Leichen geborgen und in einem Massengrab beigesetzt.

Drei Tage Staatstrauer

Mit Hubschraubern und Drohnen wird in den einsam gelegenen Ortschaften nach Überlebenden gesucht, berichtet der marokkanische Fernsehsender 2M. Hunderte Tote werden in der Provinz befürchtet. Denn viele Häuser in der Bergregion sind nur aus Lehm, Stroh und Steinen gebaut. Diese traditionelle Bautechnik wurde vielen Menschen zum Verhängnis.

Marokkos König Mohammed VI. versprach den Menschen nach einer Sitzung des Krisenstabs schnelle Hilfe. Die Bergungsarbeiten müssten verstärkt und die betroffene Bevölkerung mit allem Lebensnotwendigen und Notunterkünften versorgt werden, sagte er in einer schriftlichen Erklärung. Er ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.

Dennoch kommt das Land nicht zur Ruhe: Am Sonntagmorgen zitterte erneut die Erde. Das Nachbeben der Stärke 4,5 richtete jedoch keine größeren Schäden an. Aus Angst vor weiteren Erdstößen verbrachten viele Menschen die vergangenen Nächte im Freien.

Auch in der Touristenhochburg Marrakesch war das Nachbeben am Sonntag zu spüren. Vor allem in der historischen Altstadt, in der Medina, fielen am Freitagabend mehrere Gebäude komplett zusammen, andere wurden beschädigt. Die Altstadt gehört zum Unesco-Weltkulturerbe.

Bis Sonntagmorgen wurden Trümmer beseitigt. Der Verkehr rollt aber bereits wie immer, die meisten Restaurants und Basargeschäfte sind wieder geöffnet. Selbst Touristengruppen schieben sich durch die Stadt – eingestürzte Gebäude werden zur neuen Fotoattraktion. 

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