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Fahrradfahrer auf der Schönhauser Allee in Berlin-Prenzlauer Berg.

© Imago/T. Seeliger

Ein Wahlversprechen eingelöst, eins vergessen: Um Berlin zusammenzuführen, muss mehr kommen

Die CDU hat in einigen Punkten geliefert, was sie sich im Wahlkampf vornahm. Ein zentrales Versprechen hat Wegner aber ausgelassen – und damit das Gegenteil erreicht.

Ein Kommentar von Anna Thewalt

Durch die Friedrichstraße rollen wieder Autos, die Radwegeplanung ist gestoppt. Heftige Empörung, zufriedener Zuspruch: Die Aufregung in Berlin ist zwei Monate nach dem Beginn der schwarz-roten Regierung groß. Die Kritik zum Planungstopp möchte der Regierende Bürgermeister gerne an sich abperlen lassen. Es sei doch alles ganz normal, eine neue Regierung stelle nun mal Projekte auf den Prüfstand, so der Tenor. Richtig ist: Die Berliner CDU hat mit ihrem Vorgehen knapp zwei Monate nach Amtsantritt Wahlversprechen eingelöst. So weit, so verständlich.

Mit der Art und Weise, wie Versprechen eingelöst wurden, ist ein anderes allerdings sträflich vernachlässigt worden. Dabei war es das zentrale Versprechen, das Kai Wegner und seine CDU nach ihrem Wahlsieg gegeben hatten: die gespaltene Stadt zusammenbringen, den Ausgleich suchen, unterschiedliche Interessensgruppen aus Innen- und Randbezirken miteinander versöhnen. Oder, wie es Kai Wegner selbst sagte: „Ich will die Stadt zusammenführen, das ist mein Politikansatz.“

Statt diese Ankündigung mit Leben zu füllen, wurde durch das chaotische Vorgehen der Senatsverkehrsverwaltung erst einmal das Gegenteil erreicht. Dabei ist nicht die Bestandsaufnahme angelaufener Planungen der Fehler – sondern das einseitige Vorgehen und die misslungene Kommunikation der Senatsverwaltung.

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Die Fronten sind damit unnötig verhärtet worden, und das nicht nur zwischen leidenschaftlichen Fahrradfahrern und leidenschaftlichen Autofahrerinnen. Sondern auch zwischen Senat und Bezirken. Wer von Versöhnung redet und den Bezirken dann einen Planungsstopp für Radwege per Pressemitteilung ausspricht, muss sich nicht wundern, wenn ihm Spaltung vorgeworfen wird.

Dass der Radwegeplanungsstopp insbesondere die fünf grün geführten Bezirke ohne Not gegen den Senat aufgebracht hat, ist nicht nur mit Blick auf die Verkehrspolitik sträflich. Auch für eine Verwaltungsreform ist der Senat auf das Mitwirken dieser Bezirke angewiesen. Von ihrem Gelingen wird das künftige Wohl Berlins abhängen.

CDU kann nicht auf Milde hoffen

Fehler, wie sie Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) mit Blick auf eine unautorisierte und falsche Mail aus ihrem Haus inzwischen selbst eingeräumt hat, können einer frischen Regierung, noch dazu einer unerfahrenen Senatorin, unterlaufen.

Trotzdem kann die CDU an dieser Stelle keine Milde erwarten. Man hätte annehmen dürfen, dass die Partei ihre eigene Agenda für Berlins Straßen nach dem verkehrspolitischen Wahlkampf besser vorbereitet. Und dass sie ihr Anliegen, zusammenzuführen, mehr im Blick hat.

Auch im Rahmen der frühen Haushaltsgespräche wäre dies wünschenswert gewesen. Es hätte manche Verwirrung und den drastischen Alarmruf der Bezirke wohl verhindern können.

Damit das Versprechen, zusammenzuführen, künftig gelingen kann, muss mehr kommen. Politisch Brücken bauen bedeutet dabei mehr, als nur die eigene, angeblich bis vor Kurzem vernachlässigte Klientel zufriedenzustellen.

Stattdessen muss moderiert werden, zwischen Landes- und Bezirksebenen, zwischen den unterschiedlichen parteipolitischen Akteuren. Vor allem aber müssen die Prioritäten klar kommuniziert und erklärt werden.

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Das ist bei der Verkehrsposse der vergangenen Wochen bislang ausgeblieben. Hier braucht es die große verkehrspolitische Leitlinie genauso sehr wie die Einzelfallprüfung. Letzteres wurde von der Senatsverwaltung angekündigt, ersteres muss dringend von der Senatorin und ihrem Regierenden kommen. Die Zeit der Wahlkampfslogans ist nun vorbei. Wenn die CDU wirklich beweisen will, dass sie einer modernen Metropolenpolitik gewachsen ist, muss sie hier ein überzeugendes Angebot machen, das über den Spruch „Berlin ist für alle da, auch für das Auto“ hinausgeht.

Statt den Konflikt zwischen Auto und Fahrrad weiter verbal anzuheizen, hat Schreiner zuletzt verstärkt den Ausbau des Nahverkehrs betont und von Verkehrssicherheit für alle gesprochen. Das mag nur nach Worthülsen klingen, könnte aber ein erster richtiger Ansatz sein: vom Ziel her denken – der Verkehrssicherheit – statt vom Fortbewegungsmittel. Vielleicht können die Gräben der Verkehrspolitik zugeschüttet oder zumindest verkleinert werden, wenn die sich ähnelnden Bedürfnisse in den Vordergrund rückten.

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