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Wegen des Radwege-Planungsstopps steht Manja Schreiner in der Kritik

© Getty Images/Tina Terras & Michael Walter

Berlins Senatorin Schreiner verteidigt Verkehrspolitik: „Es ist überhaupt nicht mein Ziel, alle Planungen umzuschmeißen“

Wegen des Radwege-Planungsstopps steht Manja Schreiner (CDU) in der Kritik. Im Gespräch erklärt sie den Schritt – und warum einstige Planer jetzt ihre eigenen Projekte prüfen sollen.

Frau Schreiner, die CDU ist angetreten mit dem Versprechen, die Spaltung der Stadt beim Verkehr zu überwinden. Nach nur eineinhalb Monaten im Amt ist die Stimmung so aufgeheizt wie nie. Was haben Sie falsch gemacht?
Ich arbeite gerade daran, das Miteinander zu betonen. Das umfasst eben nicht nur die Radfahrer, sondern auch alle anderen Teilnehmer am Straßenverkehr. Wir wollen im Geist des Koalitionsvertrags die Verkehrsplanung priorisieren. Da steht zuerst der ÖPNV, unser zentraler Baustein für die Verkehrswende. Dann will ich auch die Fußgänger mit in den Blick nehmen und ich berücksichtige natürlich die Autofahrer und dabei insbesondere den Wirtschaftsverkehr.

Sie sagen, es gäbe keinen Stopp von Projekten. Doch zugleich haben Sie alle Mittelvergaben für Radwegplanungen an die Bezirke vorläufig stoppen lassen.
Was wir gemacht haben, und so will ich das auch verstanden wissen, ist eine Priorisierung, deren Ziel es ist, sich einen Überblick zu verschaffen. Das ist ein ganz normaler Arbeitsschritt.

Sie wollen die Überprüfung schnell abschließen. Warum prüfen Sie die Projekte dann nicht, ohne zugleich alle Finanzmittel einzufrieren?
Es handelt sich nur um eine kurzfristige Aussetzung, eine Atempause. Wir schauen uns die Projekte an und dann geht es weiter. Alles andere ist die Interpretation anderer. Aber ich verstehe auch, dass das für die Opposition eine Vorlage ist.

Haben Sie Fehler in der Kommunikation gemacht?
Dass die Mail einer Mitarbeiterin auf Fachebene mit falschen Informationen an einige Bezirksämter verschickt wurde, war nicht gut, aber ist passiert. Als Arbeitgeberin stellt man sich natürlich vor die Mitarbeiterin. Deshalb haben wir uns entschieden, in die Offensive zu gehen und haben über unsere Arbeit an der Priorisierung öffentlich informiert. Damit wollten wir gegen den Eindruck angehen, wir würden alles blockieren. Doch die Lage hat sich nicht beruhigt. Deshalb musste ich aus Transparenzgründen informieren, was wirklich passiert ist.

Manja Schreiner

© dpa/Christophe Gateau

Ihre eigenen CDU-Verkehrsstadträtinnen haben Ihre Ansagen sofort genutzt und teils schon fertige Radwege wieder zurückgezogen. War das auch in Ihrem Sinne?
Der Bezirk Reinickendorf kam wegen der Ollenhauerstraße auf mich zu und hat mitgeteilt, sie würden die Planung im Lichte der neuen Regierungspolitik und angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse in Reinickendorf noch einmal prüfen wollen. Dem habe ich zugestimmt. Um zu unterstützen, haben wir dem Bezirk auch nochmal die anderen Planungsoptionen von vor einiger Zeit zur Verfügung gestellt. Wenn der Bezirk meint, dadurch etwas Besseres rauszuholen, stelle ich mich nicht dagegen.

Ein Mitarbeiter, der eine Planung erstellt hat, kann jetzt auch die Vor- und Nachteile zusammenstellen.

Manja Schreiner (CDU), Verkehrssenatorin

Die Debatte in der Stadt dürfte auch deshalb so groß sein, weil Sie bislang gänzlich offenlassen, wie viele Radwege Sie wie stark umplanen wollen. Reden wir am Ende von eher kleinen Änderungen an wenigen Routen oder wollen Sie im Zweifel stadtweit die Planungen ändern?
Nein, es ist überhaupt nicht mein Ziel, alle Planungen umzuschmeißen. Wie viele es werden, kann ich natürlich nicht sagen, bevor die Prüfung abgeschlossen ist. Aber das wird nicht flächendeckend sein.

Bis wann wollen Sie entschieden haben?
Wir werden da so schnell wie möglich und nötig durchkommen – damit bezüglich der einzelnen Radwegprojekte Klarheit und damit auch Sicherheit herrscht. Aber ein bisschen Zeit brauchen wir für eine gründliche Prüfung schon. Ich werde mich nicht treiben lassen. Einen konkreten Termin kann ich Ihnen also noch nicht nennen.

Überprüft werden die Radwege offenbar durch die gleichen Mitarbeiter, die sie zuvor auch geplant haben. Wie soll das funktionieren?
Das ist kein Problem. Ein Mitarbeiter, der eine Planung erstellt hat, kann jetzt auch die Vor- und Nachteile zusammenstellen. Letztlich ist es sogar besser. Durch Mitarbeiter, die mit den Projekten vertraut sind, wird die Überprüfung beschleunigt.

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Gleichzeitig sagen Sie, durch Radwege dürfen nicht so viele Parkplätze und Kfz-Spuren wegfallen. Das bedeutet doch zwangsläufig weniger Platz fürs Rad als bislang gedacht.
Mein Ziel ist, zu zeigen, dass sich das vereinbaren lässt. Es wird sich nicht in jedem Fall verwirklichen lassen. Aber wenn man in der Planung noch mal mit einem genauen Blick darauf schaut, geht es oft auch. Das gilt auch für die Parkplätze. Wenn die Maßgabe ist, schnell zu sein, ist es natürlich am einfachsten, neue Radwege über Flächen zu führen, die vorher dem ruhenden Verkehr zur Verfügung standen. Stattdessen werden wir jetzt prüfen, ob es auch Sicherheit für Radfahrer gibt, ohne sich rigoros gegen Parkplätze zu entscheiden. Das erfordert jedoch mehr Augenmaß. Aber genau dafür haben uns die Menschen gewählt. Das ist immer noch eine ganz wichtige Gruppe von Verkehrsteilnehmern. Genau das ist doch unser Miteinander.

Neue Zahlen aus Ihrem Haus zeigen, dass in Berlin seit der Wende nie weniger Auto gefahren wurde als heute. Besonders in den vergangenen Jahren nahm die Zahl der Fahrten stark ab. Warum wollen Sie den Platz für das Auto in der Stadt trotzdem wo immer möglich schützen?
Der Platz für Autos ist nicht geschützt. Das sieht man schon durch die jetzigen Planungen, wo Fahrspuren und Parkplätze für Radwege oder den ÖPNV wegfallen. Es ist richtig so, wenn diese Planungen an das Verkehrsverhalten der Bürger angepasst sind. So wird es auch in Zukunft weitergehen. Wenn wir in den Außenbezirken ein gutes Angebot schaffen, dann werden die Leute auch häufiger den ÖPNV oder vielleicht auch den Radweg in die Stadt nutzen. Der Trend, dass immer weniger Auto gefahren wird, wird anhalten. Die junge Generation in der Großstadt hat ja oft schon gar keinen Führerschein mehr.

Sie sind als neue Senatorin erstmals in einem politischen Amt tätig. Wie sehr trifft Sie diese harte Debatte gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit eigentlich persönlich?
Als ich Ja zu dem Posten gesagt habe, wusste ich, dass Verkehr ein emotionales Thema ist, weil es einfach jeden betrifft. Entsprechend hat auch jeder eine Meinung. Mir war deswegen von vornherein klar, dass die Debatten am härtesten sind. Jetzt nehme ich das so, wie es ist. Auch weil ich weiß, dass ich sehr viele Befürworter in der Stadt habe. Wenn ich durch Berlin gehe, gibt es ganz viele Menschen, die sagen, es sei gut, was wir machen. Sie hätten sich in der Vergangenheit nicht mehr berücksichtigt gefühlt. Jetzt werden auch deren Interessen wieder in den Fokus gerückt.

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