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Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte begann mit den Demonstrationen im November 1989.

© imago images/Rolf Zöllner

„Verheerendes Signal“: Union warnt vor Kürzungen bei DDR-Forschung

Was in der DDR geschah, hat Folgen bis heute, in Einzelschicksalen ebenso wie in der großen Politik. Der Forschung, die dem nachgeht, drohen nun Mittelkürzungen, warnt die Unionsfraktion im Bundestag.

Er hatte Flugblätter an seiner Universität verteilt, wurde verhaftet, in einem nicht-öffentlichen Geheimverfahren zum Tode verurteilt und durch Genickschuss hingerichtet. Die Rede ist nicht etwa von einem der Geschwister Scholl, die dem Nationalsozialismus zum Opfer fielen. Herbert Belter hatte 1950 an der Uni Leipzig von seinem Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht und war 1950 von einem sowjetischen Militärtribunal angeklagt und in Moskau erschossen worden.

Dieser Fall ist inzwischen bekannt. Doch die Erforschung weiterer Vorfälle aus der DDR und der sowjetischen Besatzungszone ist gefährdet. Das befürchtet jedenfalls die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wolle die Mittel für die Forschungsverbünde zur DDR-Forschung kürzen. Das gehe aus der Antwort des BMBF-Staatssekretärs Jens Brandenburg auf eine parlamentarische Anfrage des sächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten Lars Rohwer hervor, in der von einer „degressiven Förderung“ die Rede ist.

Weniger Geld für Erforschung der DDR

Zwar wurde die „Richtlinie zur Förderung von Vorhaben auf dem Gebiet der DDR-Forschung“, schon 2017, von der damals noch unionsgeführten Regierung, erlassen, darin enthalten auch die „Maßgabe einer degressiven Förderung“, wie Staatssekretär Brandenburg in der Antwort schreibt. Dennoch kritisiert die Unionsfraktion jetzt eine „deutliche Kürzung“ der weiteren Finanzierung im Haushalt 2023.

In einem Antrag, der dem Tagesspiegel vorliegt und in der Fraktionssitzung der Union am Dienstag beschlossen wurde, fordert die Fraktion eine „umgehende Korrektur“. Die in der ersten Förderrunde bereitgestellten Mittel für die Forschungsverbünde sollten auch in der zweiten Förderrunde in mindestens gleicher Höhe zur Verfügung gestellt werden, heißt es in dem Papier: „Die Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit der realsozialistischen Herrschaft bleiben von besonderer gesamtdeutscher Verantwortung“. Es sei „unabdingbar, die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der DDR und dem SED-Unrecht zu stärken und voranzutreiben, um die gesellschaftspolitischen Folgewirkungen verstehen und die Vermittlungsangebote verbessern zu können.“

Staat mit viel Unrecht

„Kein Verständnis“ hat Thomas Jarzombek, forschungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Kürzungen.„Allen muss klar sein, dass wir der von einigen politischen Kräften praktizierten Geschichtsverdrehung mit gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen am wirksamsten begegnen können.“ Die Aufarbeitung sei noch lange nicht abgeschlossen. Der Antrag solle dazu beitragen, hofft Jarzombek, eine „breite demokratische Mehrheit im Bundestag“ gegen das „verheerende Signal“ zu finden.

Die DDR war ein Staat mit viel Unrecht“, sagt Lars Rohwer, Berichterstatter der Unionsfraktion zur DDR-Forschung. „33 Jahre nach der friedlichen Revolution stehen wir bundesweit, aber auch in den einzelnen Bundesländern noch am Anfang der Aufarbeitung der DDR-Geschichte.“ Deshalb dürfe die Bundesregierung nicht nachlassen in der Förderung der Erforschung dieser Vergangenheit. DDR-Forschung müsse über die Förderrichtlinie hinaus in der Wissenschaft verstetigt werden. Noch gibt es an deutschen Hochschulen keinen einzigen Lehrstuhl zur Geschichte der DDR oder der Wirkungsweisen des Kommunismus. 

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