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Die Ausstellung läuft bis Anfang Juli.

© Benjamin Lassiwe

Schwedt, ein Ort des Schreckens: Ausstellung in Potsdam erinnert an DDR-Militärgefängnis

Tausende NVA-Soldaten kamen von 1968 bis 1989 in das Gefängnis. Mit diesem Unrecht befasst sich eine Schau im Landtag.

In der Nationalen Volksarmee der DDR reichte nur ein Wort – „Schwedt.“ Jeder Wehrpflichtige, jeder Soldat verstand es sofort: Die Stadt an der Oder stand für das Militärgefängnis und die Disziplinareinheit der ostdeutschen Armee.

„Es war ein Synonym für Schikane, Unterdrückung, Angst – ein Ort des Schreckens“, sagte Brandenburgs Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) am Dienstagabend. Im Foyer des Potsdamer Parlaments eröffnete sie eine Ausstellung des von Betroffenen gegründeten Vereins „Militärgefängnis Schwedt“.

Bis zum Juli sollen die Roll-Ups und Vitrinen unter der Überschrift „NVA-Soldaten hinter Gittern. Der Armeeknast Schwedt als Ort der Repression“ an das in Schwedt geschehene Unrecht erinnern – etwa an den ohne Anklage und ohne Gerichtsverfahren verhängten Dienst im Disziplinarkommando. „Die Menschen sind an der Haft zerbrochen“, sagt Liedtke. „Wer aus Schwedt zurückkam, der blieb stumm.“

Detlef Fahle wurde wegen seiner Homosexualität schikaniert

Zu denen, die in Schwedt ihren Dienst ableisten mussten, gehörte auch Detlef Fahle. In der Armee wurde er wegen seiner Homosexualität schikaniert, irgendwann wurde es ihm zu viel. Er stahl einen Lkw, flüchtete, wurde gefasst, kam nach Schwedt in die Disziplinareinheit. Im Gespräch mit der Aufarbeitungsbeauftragten des Landes, Maria Nooke, berichtet er von verschärftem Drill. „Es wurde gebrüllt, geschrien, wir wurden permanent fertiggemacht.“

Detlef Fahle zeigt der Brandenburger Aufarbeitungsbeauftragten Maria Nooke seinen alten Wehrdienstausweis.

© Benjamin Lassiwe

Auch hinterher wagten viele Betroffene nicht, über die Zeit in Schwedt zu reden. „Man stand unter einem Druck, der über Jahre, Jahrzehnte da war.“ Erst 2013 gründete sich der Betroffenenverein. „Das Militärgefängnis in Schwedt gehört zur Erinnerungskultur Brandenburgs“, sagt Liedtke. „Es gehört auch zur Militärgeschichte eines geeinten Deutschlands und muss Eingang finden in das militärhistorische Museum Dresden – als Beitrag gegen das Vergessen, Verdrängen, das nachträgliche Verharmlosen oder Schönreden.“

Während Liedtke spricht, sitzt ihr Fraktionskollege Johannes Funke (SPD) in der zweiten Reihe und hört zu. Beim anschließenden Empfang berichtet er von seinem Dienst als Bausoldat, Anfang November 1989 in Prora. „Damals wollten gut 100 Leute den Eid verweigern – und uns wurde mit Schwedt gedroht“, sagt Funke. „Selbst in den letzten Tagen der DDR war es noch eine Drohkulisse.“ Funke hatte Glück: Weil am 9. November 1989 die Mauer fiel, hatte der verweigerte Eid für ihn keine Konsequenzen mehr. Doch von 1968 bis 1989 kamen Tausende NVA-Soldaten auch aus diesem Grund nach Schwedt.

Die Ausstellung im Foyer des Landtags kann noch bis zum 6. Juli montags bis freitags zwischen 8 und 18 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.

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