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Der Slowene Tadej Pogacar (M.) wird während der Teampräsentation am Guggenheim-Museum vor der Tour de France von den baskischen Fans gefeiert.

© dpa/Daniel Cole

Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard: Der Liebling der Basken gegen den Sieger im Baskenland

Der Grand Depart der Tour de France in Bilbao steht ganz im Zeichen des Duells zwischen Titelverteidiger Jonas Vingegaard und seinem Toursiegervorgänger Tadej Pogacar.

Tadej Pogacar weiß den Moment zu nutzen. Das beweist der 24-jährige Slowene nicht nur immer wieder in Rennen, wenn er munter die Rivalen abschüttelt. Auch bei der Teampräsentation in Bilbao vor Beginn dieser 110. Tour de France nutzte er die Gunst der Stunde und löste mit einem Gruß auf Baskisch an die vor dem Guggenheim Bilbao versammelten Fans frenetischen Beifall aus.

Konkurrent Jonas Vingegaard konnte da nicht mithalten. Der Däne kann aber ebenso auf Zustimmung hoffen. Im April gewann er überlegen die Baskenlandrundfahrt. Er holte außerdem drei Tagessiege. Und was ihn noch froher stimmen dürfte: Die baskischen Fans feuerten ihn leidenschaftlich an. Und das auch noch, obwohl er zwei baskische Fahrer im Nacken hatte: Mikel Landa und Ion Izagirre.

Der Respekt ist riesig. Sie feuern den Dänen an, aber kein Idiot läuft an seiner Seite mit, um ihn zu irritieren.

Ander Izagirre, baskischer Journalist, über die baskischen Fans

Der baskische Journalist Ander Izagirre – nicht verwandt mit Ion – fasste die Ereignisse ganz gerührt so zusammen: „Da ist ein dänischer Radfahrer, der im Begriff ist, die Rundfahrt vor zwei Basken zu gewinnen. Links und rechts von ihm nur Fans in Orange. Aber der Respekt ist riesig. Sie feuern den Dänen an, aber kein Idiot läuft an seiner Seite mit, um ihn zu irritieren.“

Die baskischen Fans, vor einigen Jahren noch als Radsport-Hooligans verschrien, die immer mal wieder Bier in Begleitfahrzeuge schütteten oder ihre Fahnen gefährlich nah am Peloton schwenkten, sind im Jahr des Grand Departs in ihrer Heimat gesitteter geworden. Vingegaard lobte sie bei seinem letzten Baskenlandauftritt zu Recht auch als „die besten Fans der Welt, die eine super Atmosphäre erzeugen“.

Da liegt er auf einer Wellenlänge mit Tour de France-Chef Christian Prudhomme. Der bezeichnete die traditionell orange Kleidung der baskischen Fans als das „Gelbe Trikot der Radsportliebhaber“. Auch er sieht die Basken im Fanklassement offenbar in der Führungsrolle.

Der große Favorit auf das Gelbe Trikot ist Jonas Vingegaard

Das echte Gelbe Trikot scheint in diesem Jahr wie gemacht für den Vorjahressieger. Vingegaard gewann nicht nur im Baskenland. Er entschied auch sehr souverän das klassische Tour-Vorbereitungsrennen Dauphiné-Rundfahrt für sich. „Es lief einfach perfekt. Die Form stimmt“, bilanzierte der Däne.

Jonas Vingegaard ist in Topform und Favorit auf das Gelbe Trikot.
Jonas Vingegaard ist in Topform und Favorit auf das Gelbe Trikot.

© AFP/Anne-Christine Poujoulat

Bei Pogacar, seinem mutmaßlich härtesten Rivalen, lief es zuletzt nicht so grandios. Gut, der Slowene war der König des Frühjahrs, holte an nur 18 Renntagen zwölf Siege. Auch beim einzigen direkten Aufeinandertreffen mit Vingegaard, der Fernfahrt Paris – Nizza, lag er vor dem Dänen. Dann aber erfolgte der Sturz bei Lüttich – Bastogne – Lüttich. Pogacar brach sich das Handgelenk. Und die gesamte Tourvorbereitung geriet in Gefahr.

Wochenlang konnte er nur auf dem Hometrainer die Beine bewegen. Die klassischen Erkundungsfahrten zu den Schlüsseletappen fielen aus. Und wie das immer noch lädierte Handgelenk die Belastungen auf den nicht immer toll asphaltierten baskischen Bergstraßen aushalten wird, ist komplett ungewiss.

Tadej Pogacar gibt sich trotz seiner Verletzung kämpferisch

„Das Handgelenk hat noch nicht die volle Beweglichkeit. Sie liegt gerade bei 60, 70 Prozent“, sagte er auf der Pressekonferenz vor dem Tourstart. „Aber im Training schränkt mich das nicht ein“, versicherte er. Und trotzig hatte er schon vor seiner Anreise nach Bilbao verkündet: „Radrennen gewinnt man nicht mit dem Handgelenk, sondern mit den Beinen.“

Für alle, die an ihm zweifeln, unterstrich er noch einmal: „Ich bin hergekommen, um die Tour zu gewinnen.“ Einen Plan hat er auch: „Am besten wäre es, es so zu machen wie vor drei Jahren: Gelb erst auf der vorletzten Etappe holen, um nicht zu früh unter Druck zu stehen.“ Pogacar fügte aber auch hinzu, dass er Gelegenheiten unterwegs natürlich nutzen möchte.

Ein Hinweis auf ernste Absichten ist, dass er gemeinsam mit seinem Co-Kapitän Adam Yates vor ein paar Tagen auf dem Jaizkibel, dem letzten Anstieg 16 Kilometer vor dem Ziel der 2. Etappe in San Sebastian, gesichtet wurde. „Diese Etappe ist interessant für Klassementfahrer“, bestätigte er. Und auch bei der 1. Etappe rings um Bilbao rechnet er damit, dass nur eine kleine Gruppe von etwa 15 Mann den Sieg unter sich ausmachen dürfte. Natürlich will er gern dabei sein.

Das Auftaktwochenende gibt bereits Aufschluss darüber, ob es tatsächlich zum allseits erwarteten Duell Pogacar gegen Vingegaard kommt oder ob das lädierte Handgelenk nicht doch ein limitierender Faktor für die Ambitionen des zweifachen Toursiegers ist. Für diesen Fall hat UAE als zweite Karte den Briten Adam Yates. Damit sind die Rollen genau andersherum verteilt als letztes Jahr. Damals trat Jumbo – Visma mit der Doppelspitze aus Vingegaard und Primoz Roglic an, während UAE komplett auf Pogacar setzte.

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