„Russlands Angriffe sind so hart wie noch nie“: Baerbock sorgt sich wegen schwindender Aufmerksamkeit für Ukraine
Derzeit dominieren Bilder aus Nahost die Nachrichten. Könnte das für die von Russland angegriffene Ukraine zu einem Problem werden? Die deutsche Außenministerin nennt die Entwicklungen „fatal“.
Außenministerin Annalena Baerbock hat vor nachlassender Aufmerksamkeit für den Krieg in der Ukraine gewarnt und für zusätzliche internationale Anstrengungen für einen Winterschutzschirm geworben.
„Wir erleben, dass der Blick auf die Ukraine gerade aus der Öffentlichkeit verschwindet, und das ist fatal“, sagte die Grünen-Politiker am Mittwoch am Rande eines Nato-Treffens mit dem ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in Brüssel.
Russland zerstört auch im Winter zivile Infrastruktur
Russlands jüngste Angriffe auf die zivile Infrastruktur in der Ukraine seien so hart wie noch nie in dem Krieg gewesen. Deswegen müsse man nun genau hinschauen und einen Winterschutzschirm spannen.
Wer im Winter bei Minustemperaturen die Stromversorgung und Verteilnetze angreife, der setze darauf, dass der Strom für die Wasserversorgung und für die Wärmeversorgung nicht mehr zur Verfügung stehe, sagte Baerbock zu den jüngsten russischen Angriffen. Ziel sei damit, dass Menschen im Winter erfroren oder verdursteten, weil die Wasserversorgung nicht mehr funktioniere.
Als Beispiele für deutsche Beiträge zum Schutz der Ukrainerinnen und Ukrainer im Winter nannte Baerbock die Lieferung von Patriot-Flugabwehrsystemen und Stromgeneratoren. Nötig sei aber eine breite Beteiligung. „Ich rufe erneut weltweit dazu auf, alles dafür zu tun, gemeinsam für die Ukraine diesen Winterschutzschirm zu spannen“, sagte sie.
Ukraine ruft Nato zu weiterer militärischer Unterstützung auf
Die Beratungen am Mittwoch in Brüssel wurden erstmals auf Ebene der Außenminister im Format des neuen Nato-Ukraine-Rats organisiert. Das Gremium soll eine engere Zusammenarbeit ermöglichen, bis die Voraussetzungen für eine Aufnahme der Ukraine in die Nato erfüllt sind.
Vor dem Hintergrund ausbleibender militärischer Fortschritte hat die Ukraine die Nato zu weiterer militärischer Unterstützung gegen Russland aufgerufen. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba appellierte am Mittwoch im Brüsseler Nato-Hauptquartier an die Verbündeten, ihre Rüstungsproduktion hochzufahren, um der Ukraine Munition und andere Waffen liefern zu können. Sein Land werde gegen Russland nicht klein beigeben, betonte Kuleba.
„Wir müssen weiterkämpfen, die Ukraine wird nicht klein beigeben“, sagte Kuleba. „Es geht hier nicht nur um die Sicherheit der Ukraine, sondern um die Sicherheit des gesamten euroatlantischen Raums.“ Hintergrund sind Befürchtungen, insbesondere die USA könnten ihre Hilfe für Kiew eindampfen.
Kuleba bestritt Angaben der ukrainischen Armeespitze zu einem „Stillstand“ an der Ostfront. Ziel sei weiter die „territoriale Integrität in den international anerkannten Grenzen von 1991“, also eine Rückeroberung der von Russland annektierten Krim-Halbinsel und der besetzten Gebiete im Osten.
„Historisches erstes Treffen“ vom Nato-Ukraine-Rat in Brüssel
Kuleba kam mit den Nato-Außenministern erstmals im Rahmen des Nato-Ukraine-Rats zusammen, den beide Seiten im Juli beim Gipfel in Litauen geschaffen hatten. Der ukrainische Außenminister sprach von einem „historischen ersten Treffen“, das Gespräche „auf Augenhöhe“ ermögliche.
Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief die Verbündeten zu weiterer Militärhilfe auf. Es gebe bereits erste konkrete Zusagen, wie die Verdopplung der deutschen Ukraine-Militärhilfe auf acht Milliarden Euro. „Wir brauchen mehr davon“, betonte Stoltenberg.
Baerbock kündigt weitere Ukraine-Hilfen an
„Das aktuelle Level des westlichen Supports reicht leider nicht aus“, sagte auch die finnische Außenministerin Elina Valtonen. „Die Ukraine braucht dringend Munition und Waffenlieferungen.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht in der Kritik, weil er die Zustimmung für die von der Ukraine gewünschten Taurus-Marschflugkörper weiter nicht gibt.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kündigte weitere 11,5 Millionen Euro für einen Ukraine-Hilfsfonds an. Sie rief erneut zu einem „Winterschutzschirm“ für Kiew auf. Deutschland liefere bereits Generatoren, betonte Baerbock. (dpa, AFP)
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