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Fehlt Kanzler Scholz die Industrie-DNA?

© dpa/Michael Kappeler

Industriestrompreis: Der sozialliberale Kanzler verärgert seine Partei

Die Ampel-Koalition entlastet Industriebetriebe beim Strompreis. Großkonzerne profitieren jedoch kaum. Vor allem für die SPD ist das ein Problem.

Ein Kommentar von Caspar Schwietering

Erneut löst Olaf Scholz einen Ampel-Streit zugunsten der FDP auf. Doch mit seiner Entscheidung gegen den Industriestrompreis und für die von der FDP geforderte Senkung der Stromsteuer verärgert der sozialliberale Kanzler nun weniger die Grünen als seine SPD.

Gegen den von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgeschlagenen garantierten Industriestrompreis von sechs Cent pro Kilowattstunde gibt es gute Argumente. Damit sichert die Politik womöglich die Arbeitsplätze von gestern, statt Arbeitsplätze von morgen zu schaffen. Große Industriebetriebe haben zudem weniger Anreiz, ihre Prozesse effizienter zu gestalten.

Das sind aber liberale und grüne Argumente, sozialdemokratische sind es nicht. Vor allem klassische SPD-Anhänger haben auf den Industriestrompreis gehofft: der Chemikant bei BASF oder der Stahlkocher bei Thyssenkrupp. Er soll künftig mit Strom produzieren und fragt sich, ob sein Stahlwerk angesichts der hohen Strompreise hierzulande wettbewerbsfähig bleibt.

Die SPD weiß um diese Sorgen. Das Eintreten für gutbezahlte Industriearbeitsplätze liegt in ihrer DNA. Deshalb hatten sich Partei und Fraktion auch erstmals deutlich gegen ihren Kanzler gestellt, als sich herauskristallisierte, dass er den Industriestrompreis ablehnen könnte. Scholz nutzt die kürzlich von der Fraktion eingeforderte Beinfreiheit, um diese Bedenken zu ignorieren.

Einen Aufstand muss er deswegen nicht fürchten. Aber viele in der Partei werden sich das merken. Insider berichten, dass die Hälfte der Fraktion sehr verärgert sei. Fraktionschef Rolf Mützenich und Parteichef Lars Klingbeil reagierten verhalten auf die Einigung. Sie kündigten Gespräche mit den Gewerkschaften an.

Die Kritik der IG Metall ist deutlich. „Das Paket greift zu kurz“, sagte der Zweite Vorsitzende Jürgen Kerner. Große Industriekonzerne werden mit der Senkung der Stromsteuer kaum zusätzlich entlastet, sie erhielten schon einen Rabatt. Mit dem Entlastungspaket beim Strom zeigt die Ampel Handlungsfähigkeit. Für die SPD aber ist es ein Problem.

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