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Auch Bäckereien zahlen bald weniger Stromsteuer.

© Foto: dpa/Fabian Sommer

Entlastung bei den Strompreisen: Auch Bäckereien sollen profitieren

Die Ampel hat sich auf eine Senkung der Strompreise für das produzierende Gewerbe geeinigt. Der von Wirtschaftsminister Habeck geforderte Industriestrompreis kommt nicht.

Monatelang forderte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen Brückenstrompreis. Doch damit konnte er sich gegen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) nicht durchsetzen. Das Modell, auf das sich die Ampelspitzen nun verständigten, bezeichnete Habeck deshalb am Donnerstag als „Strompreisbrücke“.

Hinter der kleinen semantischen Verschiebung steckt eine Lösung, die mit Habecks ursprünglicher Idee nur noch wenig zu tun hat. Den von ihm geforderten Industriestrompreis wird es nicht geben. Er sollte vor allem energieintensive Großbetriebe wettbewerbsfähig halten, indem ihr Strompreis auf sechs Cent pro Kilowattstunde runtersubventioniert wird. Denn sie leiden besonders darunter, dass sich die Strompreise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine verdoppelt haben.

Stattdessen senkt die Ampelkoalition nun die Stromsteuer für alle Betriebe des produzierenden Gewerbes auf den europäischen Mindestwert ab. Die Entlastung bezifferte das Finanzministerium auf 2,75 Milliarden Euro pro Jahr. Von ihr sollen auch Mittelständler wie Bäckereien profitieren. Der Strompreis sinkt dadurch um 1,5 Cent pro Kilowattstunde. Für Großbetriebe fällt die Entlastung geringer aus. Denn sie mussten bereits zuvor die Stromsteuer nur teilweise bezahlen. Dieser sogenannte Spitzenausgleich - immerhin ein jährlicher Posten von 1,55 Milliarden Euro - entfällt. Die Großbetriebe profitieren aber von deutlich weniger Bürokratie.

Ampel verlängert bestehende Entlastung

Zudem verlängert die Ampelkoalition eine Reihe bestehender Entlastungspakete. So wird die Strompreiskompensation über den Klima- und Transformationsfonds für fünf Jahre verlängert und leicht ausgeweitet. Damit erhalten 350 besonders stark im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen ihre Kosten für CO2-Zertifikate teilweise zurück. 90 besonders betroffene Unternehmen erhalten eine noch weitergehende Unterstützung. Zudem wird die Bundesregierung wie geplant mit 5,5 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds verhindern, dass die Übertragungsnetzentgelte deutlich steigen.

Habeck rechnet damit, dass dadurch die Stromkosten für große Industriebetriebe – wie von ihm gefordert – auf sechs Cent pro Kilowattstunde sinken könnten. Im Kanzleramt und im Finanzministerium rechnet man hingegen eher mit acht bis zehn Cent. Das Gesamtentlastungspaket für die Industrie bezifferte Bundeskanzler Scholz allein für 2024 auf zwölf Milliarden Euro. „Das ist eine sehr gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Deutschland in diesen Zeiten“, sagte er.

In der Rechnung stecken allerdings viele ohnehin geplante Ausgaben. Die zusätzliche Belastung für den Bundeshaushalt liegt laut Finanzministerium lediglich bei 2,75 Milliarden Euro - für die Senkung der Stromsteuer, die vor allem die FDP gefordert hatte.

FDP sieht sich als Gewinnerin

„Das ist ein gutes Ergebnis“, schrieb Finanzminister Lindner in einer Nachricht an Parteikollegen, die dem Tagesspiegel vorliegt. Er freute sich, das eine Fokussierung auf die Industrie, ein Eingriff in die Preisbildung und eine Aufweichung der Schuldenbremse verhindert wurde. „Wir sollten das öffentlich würdigen. Tritte gegen Koalitionspartner brauchen wir dabei nicht“, schrieb Lindner.

Die SPD-Spitze, die Scholz zuvor mehrfach zum Einlenken aufgefordert hatte, reagierte verhalten. Die Bundesregierung habe für eine zeitlich befristete Strompreissenkung insbesondere energieintensiver Unternehmen einen konzeptionellen und belastbaren Vorschlag vorgelegt, erklärten Parteichef Lars Klingbeil und Fraktionschef Rolf Mützenich. Beide wollen die Vorschläge nun „im Gespräch mit Gewerkschaften, Industrie und Mittelstand weiter bewerten“.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil wurde deutlicher. „Nach einer ersten und vorläufigen Bewertung werden von den Maßnahmen insbesondere nicht energieintensive kleinere und mittlere Unternehmen profitieren – und auch die können Erleichterungen gut gebrauchen“, sagte der SPD-Politiker. „Im Hinblick auf die energieintensive Industrie stellen sich dagegen auf den ersten Blick noch deutliche Fragezeichen.“

Der Fraktionsvize der Grünen, Andreas Audretsch, lobte die Planungssicherheit für die Wirtschaft. „Die Strompreise müssen runter, um unsere Industrie genau wie mittelständische Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten“, sagte er. Dauerhaft werde es günstige Energiepreise aber nur geben,  „wenn wir so schnell wie möglich auf heimische erneuerbare Energien umsteigen“.

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