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Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) steht diese Woche an einem Ausstellungsstück eines Taurus KEPD 350 Marschflugkörpers im Showroom des Rüstungsunternehmens MBDA.

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Erneute Taurus-Abstimmung im Bundestag: SPD und FDP werfen Union Verantwortungslosigkeit vor

Die Union lässt nicht locker: Abermals lässt sie im Bundestag über die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus in die Ukraine abstimmen. Ampel-Parteien kritisieren den Vorstoß scharf.

Die Union will im Deutschen Bundestag erneut über eine Lieferung der Langstreckenrakete Taurus an die Ukraine abstimmen lassen. FDP und SPD kritisieren diesen Vorstoß scharf. „Wer die Debatte um die militärische Unterstützung der Ukraine als Hebel missbraucht, um innenpolitische Geländegewinne zu erzielen, betreibt das Geschäft des Aggressors“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Müller, dem Tagesspiegel am Freitag.

Wer die Debatte um die militärische Unterstützung der Ukraine als Hebel missbraucht, um innenpolitische Geländegewinne zu erzielen, betreibt das Geschäft des Aggressors.

Alexander Müller, verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Putin wolle das politische System destabilisieren. „Dem dürfen wir nicht auf den Leim gehen“, sagte Müller. Ähnlich äußerte sich auch der SPD-Verteidigungspolitiker Andreas Schwarz: „Da kämpft ein Land ums Überleben, es fehlen Munition, Ersatzteile und Luftabwehr“, sagte Schwarz dem Tagesspiegel, „und die Union will den Taurus dafür nutzen, die Koalition zu zerschießen.“ Das wäre unter Merkel nicht passiert, glaubt der SPD-Bundestagsabgeordnete, „weil sie staatspolitische Verantwortung hatte“.

Schwarz selbst wirbt für die Lieferung der Taurus-Raketen. „Die Koalition hat unlängst zur Ukraine bekanntlich einen Antrag verabschiedet. Ich lese darin durchaus die Möglichkeit, den Taurus zu liefern“, sagte Schwarz. Dies sei aber Aufgabe der Bundesregierung.

Die Union will ihren bereits im November erstmals beratenen Antrag in dieser Woche erneut zur Abstimmung stellen lassen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, „unverzüglich“ das weitreichende Waffensystem an die Ukraine abzugeben. Das bestätigte Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter (CDU) schon am Donnerstag auf Nachfrage des Tagesspiegels.

Für die Bundesregierung und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) könnte die Abstimmung unangenehm werde. Schon vor zwei Wochen hatte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, (FDP) dem Antrag der Union für eine Lieferung der Taurus-Raketen zugestimmt. Diesmal kündigte auch FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki seine Unterstützung an.

Schon bei der letzten Abstimmung hätte sich „eine Hand voll“ FDP-Abgeordneter nur der Fraktionsdisziplin unterworfen. Wenn die Union einen Antrag formuliere, „der nicht den Kanzler oder die Ampel in den Senkel stellt, gehe ich davon aus, dass es dieses Mal sicherlich einige Stimmen mehr aus meiner Fraktion geben wird“, sagte Kubicki. Auch bei den Grünen solle es dem Vernehmen nach einzelne Abgeordnete geben, die dem Antrag der Union zustimmen könnten.

Eine Mehrheit für den Antrag gilt jedoch als nahezu ausgeschlossen. 47 der 416 Ampel-Abgeordneten müssten dafür dem Antrag der Union zustimmen. Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sagte dem Tagesspiegel: „Bis zur Sommerpause wird die Union voraussichtlich jede Woche eine Wahl zum Taurus-Thema ansetzen, um für Unruhe innerhalb der Ampelfraktionen zu sorgen.“

47
der 416 Ampel-Abgeordneten müssten für eine Mehrheit im Bundestag dem Antrag der Union zustimmen

Er unterstellte den Oppositionsparteien, „Spielchen zu treiben“. Viele Abgeordnete von Grünen und FDP hätten sich klar für die Lieferung der Marschflugkörper positioniert. „Was geliefert wird, ist allerdings Aufgabe der Bundesregierung, nicht des Parlaments“, sagte Lechte.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat deutschen Taurus-Lieferungen in die Ukraine eine Absage erteilt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe mehrmals erklärt, dass es „eine entscheidende Linie“ gebe, „die wir niemals übertreten werden“, sagte Pistorius auf Englisch während seines Besuchs bei seinem finnischen Amtskollegen Antti Häkkänen in Helsinki. „Nämlich Kriegspartei zu werden“, so Pistorius. „Das ist der Grund, warum Taurus bis jetzt nicht geliefert wurde.“

Die Mehrheit der Deutschen ist gegen eine Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus an die Ukraine. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer. 59 Prozent der Menschen lehnen die Lieferung an die Ukraine ab. Auch bei den Wählern der Union sind es 49 Prozent.

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