zum Hauptinhalt
Freundlich und unauffällig: AfD-Kandidat Henning Dornack.

© dpa/Jan Woitas

Der Unauffällige: AfD-Mann Dornack will in Bitterfeld-Wolfen regieren

Die 38.000-Einwohnerstadt in Sachsen-Anhalt wählt am Sonntag ihren Oberbürgermeister. Die Strategie des AfD-Kandidaten: so wenig wie möglich sagen.

Von Johann Aschenbrenner

Ein Mann in der Menge hat ein T-Shirt des rechtsextremen Magazins „Compact“ an. Darauf steht: „Freiheit für Deutschland“. In Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt wird am Sonntag der Oberbürgermeister (OB) gewählt und die AfD hat zur Montagsdemo aufgerufen. Vor der Bühne stehen drei Rentnerinnen, die auf die Frage, warum sie hier sind, antworten: „Die vielen Ausländer!“

Vor zwei Wochen war der erste Wahlgang, jetzt ist Stichwahl. Der AfD-Kandidat Henning Dornack, ein 61-jähriger pensionierter Polizist, kam auf 33,7 Prozent der Stimmen, der amtierende OB Armin Schenk (CDU) auf 29 Prozent. Gewinnt Dornack, wäre er der erste AfD-OB Deutschlands.

Etwa 250 Menschen sind zur Montagsdemo gekommen, viele sind im Rentenalter. Den AfD-Kandidaten Henning Dornack entdeckt man nicht sofort. Er steht hinter der Bühne, auf der Daniel Roi, ein AfD-Landtagsabgeordneter und Kay-Uwe Ziegler, AfD-Bundestagsabgeordneter, ins Mikrofon wettern. Flüchtlingsheime, Briefwahl, Sawsan Chebli, Karl Lauterbach finden sie nicht gut.

Und Henning Dornack? Wird nach einer Stunde auf die Bühne gerufen und sagt ein paar Sätze. Dann verschwindet er ganz schnell von der Bühne. Will man Dornack Fragen stellen, winkt der ab: Jetzt gehe es nun wirklich nicht, er müsse ja mit den Bürgern sprechen. Vor der Wahl habe er generell keine Zeit mehr.

Dornack war bislang nahezu unsichtbar.

Grünen-Stadträtin Sabine Griebsch über den AfD-Kandidaten

Roi und Ziegler gäben den Takt vor bei der AfD in Bitterfeld-Wolfen, Dornack sei eine Marionette seiner Partei, glaubt Grünen-Stadträtin Sabine Griebsch: „Die haben einen Kandidaten aufgestellt, der in der Stadtpolitik bislang nahezu unsichtbar geblieben ist.“ Die Tatsache, dass Dornack pensionierter Polizist ist, werde genutzt, um Vertrauen zu gewinnen, glaubt sie.

Erst seit 2007 sind die Gemeinden Bitterfeld und Wolfen eine gemeinsame Stadt. Die Nachwendezeit war turbulent in Bitterfeld-Wolfen: Viele Betriebe wurden geschlossen, die Arbeitslosigkeit stieg stark an, 2004 lag sie bei 25 Prozent, viele Menschen gingen weg.

Bitterfeld war zu DDR-Zeiten als dreckigste Stadt Europas bekannt: Hier hatte sich die DDR-Chemieindustrie angesiedelt. Noch heute sind Grundwasser und Böden der Stadt durch Schadstoffe kontaminiert. 1989 wohnten auf dem heutigen Stadtgebiet 76.000 Menschen, heute sind es nur halb so viele.

Aber: Nach der Wende investierten viele Unternehmen in der Stadt. Heute liegt die Arbeitslosigkeit in Bitterfeld-Wolfen noch bei 7,8 Prozent.

OB Armin Schenk glaubt, dass vor allem bundespolitische Themen der AfD helfen: „Eine ganz große Rolle spielen die steigenden Migrationszahlen.“ Er sieht auch in Bitterfeld-Wolfen Probleme in Schulen und Kitas bei der Integration, es fehle Personal, um die Situation zu meistern. Schenk will AfD-Wähler nicht verloren geben, aber: „Zumeist haben sich die Menschen festgelegt.“

Futter für die AfD: Der Goitzschesee wurde vor zehn Jahren billig an einen Investor verkauft, ein CDU-Politiker profitierte.

© imago images/imagebroker/imageBROKER/Michael Nitzschke via www.imago-images.de

Es sind aber nicht nur bundespolitische Themen, die die AfD in Bitterfeld-Wolfen aufgreift: Man wolle gegen „Filz und Vetternwirtschaft“ vorgehen und das zieht: Vor zehn Jahren wurde hier ein See billig an einen privaten Investor verkauft. Dabei profitierten auch Lokalpolitiker: Ein CDU-Politiker sicherte sich selbst attraktive Seegrundstücke.

Wie stehen die Chancen für den AfD-Kandidaten? Die Frage wird nun sein, wie die Wähler der ausgeschiedenen Kandidaten entscheiden. Auf Platz 3 landete André Krillwitz für den Bürgerverein „Pro Wolfen“. „Krillwitz hat grundsätzlich keine Scheu, mit der AfD zu arbeiten“, erzählt Sabine Griebsch.

Gemeinsam mit „Pro Wolfen“ hatte die AfD gegen die Schließung eines Spaßbades mobil gemacht. Es könnten sich durchaus Krillwitz-Wähler für Dornack entscheiden, glaubt Griebsch.

Ein zivilgesellschaftliches Bündnis hat sich gegründet und fordert: „Wählen Sie eine Stadt ohne Rassismus“. So ein Bündnis gab es auch in Nordhausen in Thüringen, wo kürzlich ein AfD-Kandidat fürs OB-Amt knapp scheiterte. Auf der AfD-Demo ist man optimistisch: „Bitterfeld-Wolfen ist nicht Nordhausen“, tönt es von der Bühne.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false