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Das Strafgesetzbuch ist veraltet. Bundesjustizminister Marco Buschmann will es modernisieren.

© IMAGO/Funke Foto Services

Buschmann macht ernst: Bundesjustizminister will deutsches Strafrecht „ausmisten“

Sterbehilfe, Schwarzfahren, Schadensmeldung nach Unfall: Was dazu im Strafgesetzbuch steht, wirkt heute überholt. Marco Buschmann plant eine Modernisierung.

Am 5. Dezember 2023 ist wieder „Freedom Day“, ein Tag, der von der Organisation „Freiheitsfonds“ veranstaltet wird. Er findet zum sechsten und vielleicht letzten Mal statt, denn er könnte bald nicht mehr nötig sein. An diesen Tagen wurden in der Vergangenheit immer wieder Menschen mit Spendengeldern freigekauft, die wegen Fahren ohne Fahrschein im Gefängnis saßen.

Fahren ohne Fahrschein ist in Deutschland eine Straftat. Rund achttausend Menschen landen jedes Jahr im Gefängnis, weil sie sich kein Ticket für den öffentlichen Nahverkehr leisten konnten. Doch damit könnte jetzt Schluss sein:

Bundesjustizminister Marco Buschmann setzt sein Vorhaben, das Strafgesetzbuch (StGB) auszumisten, fort. Das Bundesjustizministerium (BMJ) veröffentlichte jetzt ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des StGB. 

„Fahren ohne Fahrschein wird auch weiter sanktioniert, aber eben in einem standardisierten, weniger personalintensiven Verfahren“, kommentierte Bundesjustizministerium Marco Buschmann das Vorhaben.

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Einer der interessantesten Punkte aus dem Papier dürfte sein, dass Fahren ohne Fahrschein nicht mehr als Straftat, sondern nur noch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden soll.

Es wird weiter sanktioniert, aber in weniger personalintensiven Verfahren.

Marco Buschmann, Bundesjustizminister

Schon jahrelang wurde von vielen Seiten gefordert, dass der Paragraf 265a StGB gekippt wird. Bei den Betroffenen handele es sich um Menschen, die von Armut betroffen und zudem oft gesundheitlich und sozial belastet seien, sagte Nicole Bögelein, Postdoc am Institut für Kriminologie der Universität zu Köln, dem Tagesspiegel einmal dazu. „Wer falsch parkt, erhält einen Strafzettel. Wer hingegen öffentliche Verkehrsmittel ohne Fahrschein nutzt, kann von einem Gericht verurteilt werden.“ 

Überarbeitet werden soll außerdem das unerlaubte Entfernen vom Unfallort. Das wird bislang mit einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die übrigen Unfallbeteiligten und Geschädigten alle rechtlich relevanten Informationen bekommen, die sie benötigen, um Schadensersatzansprüchen geltend zu machen.

Blechschaden. Überarbeitet werden soll auch das unerlaubte Entfernen vom Unfallort. In Zukunft soll es eine digitale Meldestelle geben.

© imago images/Shotshop

Unfallbeteiligte müssen bislang am Unfallort warten, bis ein Schaden festgestellt werden kann. Bald soll es stattdessen digitale Meldestellen geben. Wer als Unfallverursacher dort seine Daten hinterlässt, soll straffrei den Unfallort verlassen können.

Lehre vom Tätertyp nicht mehr zeitgemäß

Der Sterbehilfeparagraf 217 wird aus dem Strafgesetzbuch verschwinden. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 in einer wegweisenden Entscheidung festgestellt, dass das Sterbehilfeförderungsverbot unvereinbar ist mit dem Grundgesetz – und damit nichtig.

Außerdem werden mehrere Normen überarbeitet, die noch aus dem Nationalsozialismus stammen. Dazu gehören auch die Tötungsdelikte. Sie unterscheiden zwischen zwei unterschiedlichen Tätermodellen: Mörder und Totschläger.

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Diese Gesetzesfassung basiert laut BMJ auf der zur NS-Zeit populären Lehre vom „Tätertyp“, die bestimmte Tätertypen in den Fokus nimmt. Da die Formulierung nicht mehr zeitgemäß sei, soll eine sprachliche Anpassung vorgenommen werden, die Rechtslage dabei aber unverändert bleiben.

Etwas aus der Zeit gefallen wirkt inzwischen auch der Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten, der in Paragraf 266b geregelt ist. Er bestraft die Zahlung mit einer Scheck- oder Kreditkarte oder das Abheben von Geld bei einer fremden Bank trotz unzureichender Kontodeckung. Diese Regelung sei aber nicht zeitgemäß, da seit 20 Jahren keine Scheckkarten mehr genutzt würden, heißt es in dem Eckpunktepapier.

Aus diesem Grund soll die Tatbestandsvariante „Scheckkarte“ aus der Norm gestrichen werden. Der Bundesjustizminister will außerdem den räuberischen Angriff auf Kraftfahrer aus dem Strafgesetzbuch entfernen: Auch der Paragraf 316a stammt aus der NS-Zeit. Die Strafandrohung von einer Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird inzwischen als unangemessen hoch erachtet.

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