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Vizekanzler Robert Habeck via X

© Screenshot Tsp/x Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Update

Aufruf zu „harter Antwort“ gegen Antisemitismus: Habecks Israel-Video verzeichnet mehr als 42 Millionen Klicks 

In einer Videobotschaft an die Nation forderte Habeck muslimische Verbände zum Schutz von Juden auf und verurteilt Antisemitismus unter Linken. Eine längst überfällige Rede, meinen viele.

| Update:

Das aufsehenerregende Video von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) von Anfang November, in dem er sich zum Krieg im Gazastreifen äußert und den Antisemitismus in Deutschland verurteilt, hat bis zum vergangenen Sonntag (12. November) mehr als 42 Millionen Aufrufe verzeichnet.

Zudem wurde das Video mehr als 43.000 Mal kommentiert, wie das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der „Rheinischen Post“ mitteilte. Das erste Video von Habeck, das der Vizekanzler kurz nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober veröffentlichte, kam auf 7,5 Millionen Aufrufe.

In dem Video von Anfang November hatte sich Habeck (Grüne) beunruhigt über wachsenden Antisemitismus in Deutschland angesichts des Nahost-Konflikts gezeigt.

„Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren, in keiner. Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen in Berlin und in weiteren Städten Deutschlands ist inakzeptabel und braucht eine harte politische Antwort“, sagte der Grünen-Politiker und Wirtschaftsminister in einem Video, das sein Ministerium am 1. November bei X (früher Twitter) verbreitete.

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Es brauche auch von den muslimischen Verbänden in Deutschland eine Antwort, sagte Habeck. Einige hätten sich klar von den Taten der Hamas und Antisemitismus distanziert. „Aber nicht alle, und manche zu zögerlich und ich finde, insgesamt zu wenige.“

Die in Deutschland lebenden Muslime hätten zu Recht einen Anspruch auf Schutz vor rechtsextremer Gewalt. „Und das Gleiche müssen sie jetzt einlösen, wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden“, sagte Habeck.

Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen in Berlin und in weiteren Städten Deutschlands ist inakzeptabel und braucht eine harte politische Antwort.

Robert Habeck, Die Grünen

Sie müssten sich klar von Antisemitismus distanzieren, um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen. „Für religiöse Intoleranz ist kein Platz in Deutschland.“

Habeck spricht fordert konsequentes Vorgehen bei Straftaten

Das Verbrennen israelischer Flaggen sei eine Straftat, das Preisen der Hamas-Taten auch.

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„Wer Deutscher ist, wird sich dafür vor Gericht verantworten müssen, wer kein Deutscher ist, riskiert außerdem seinen Aufenthaltsstatus. Wer noch keinen Aufenthaltstitel hat, liefert einen Grund, abgeschoben zu werden“, so der Vize-Kanzler.

Der islamistische Antisemitismus dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch einen in Deutschland verfestigten Antisemitismus gebe, auch wenn sich Rechtsextreme aus taktischen Gründen jetzt zurückhielten, um gegen Muslime hetzen zu können, sagte Habeck.

Wer noch keinen Aufenthaltstitel hat, liefert einen Grund, abgeschoben zu werden.

Robert Habeck, Die Grünen

Reaktionen auf Habecks Rede vorwiegend positiv

In den Medien sowie in den sozialen Netzwerken, insbesondere auf der Plattform X, stieß Habecks Video auf ein breites Echo mit vielen positiven Reaktionen. Das komplette, fast zehnminütige Video vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wurde via X bereits zehntausende Male geteilt und tausendfach kommentiert.

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Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, begrüßte das Video von Habeck. Am Donnerstag erklärte er im RTL/ntv-„Frühstart“, „ein so klares, und wie ich auch meine, ausgewogenes Statement, das auch die Belange der Palästinenser, berechtigten Belange der Palästinenser, ausdrücklich erwähnt, habe ich in dieser Form in den letzten Wochen nicht gesehen“.

In diesem Format und Stil sei es „die Ausnahme“. Weiter lobte Schuster das „klare Bekenntnis zur deutschen Staatsräson“ und das „Aufzeigen der Folgen für diejenigen, die das nicht akzeptieren wollen“. Und weiter: „Ich hoffe, dass es vielleicht auch ein wenig sprachlich übersetzt wird.

Mittlerweile wurde die Videobotschaft Habecks von X-Nutzern mithilfe von automatisierten Übersetzungsprogrammen in verschiedene Sprachen übersetzt. So kann die Rede Habecks in den sozialen Netzwerken mittlerweile etwa mit englischen, italienischen, türkischen, arabischen oder chinesischen Untertiteln angesehen werden.

Richtige Worte von der falschen Person. Sowas muss von Scholz oder Steinmeier kommen.

Marc Friedrich, Bestseller-Autor

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien schrieb via X: „Nun zum zweiten Mal nach dem 07. Oktober trifft Robert Habeck wie kein anderer in dieser Bundesregierung den richtigen Ton. Ein starker, notwendiger Auftritt.“

Lob kam auch vom früheren CDU-Vorsitzenden und Ex-Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. „Das ist die erforderliche, argumentativ stark und gut begründete innen- und außenpolitische Haltung Deutschlands, die weit über alle Parteigrenzen hinweg gehört und unterstützt werden muss“, schrieb Laschet via X.

Der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm begrüßte die „unterstützenswerten“ Worte Habecks gegen Antisemitismus, forderte Gleiches aber auch vom Rest der Bundesregierung. So müsse Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sicherstellen, dass in deutschen Moscheen „keinerlei Raum für antisemitische und anti-westliche Rhetorik ist“, verlangte Throm im Portal t-online.

Der Islamexperte Eren Güvercin sprach in dem Portal von einer „beeindruckenden Grundsatzrede“ Habecks. Auch er kritisierte jedoch, ansonsten sei hier die Bundesregierung „bisher erschreckend stumm“ geblieben.

„Stark“ resümierte etwa der Militärexperte und Politik-Professor an der Universität der Bundeswehr, Carlo Masala, am Mittwochabend auf X. Bestseller-Autor und Finanzexperte Marc Friedrich schrieb via Twitter „Richtige Worte von der falschen Person. Sowas muss von Scholz oder Steinmeier kommen.“

Der Landesrabbiner von Hamburg, Shlomo Bistritzky, kommentierte Habecks Rede mit: „Nochmals danke, lieber Minister Habeck, wir bleiben hier in Deutschland.“ Lob gab es via X auch vom Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen, Philipp Peyman Engel: „Das ist die Rede, auf die viele von uns seit Jahren von einem Politiker der Bundesregierung zum Thema muslimischen Judenhass gehofft hatten.“

Die Linken-Politikerin und Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke kommentierte via X: „Habeck hat recht damit, dass Deutschland eine besondere Verantwortung gegenüber Israel hat“. Allerdings sei es falsch, allen Befürwortern von Waffenstillstand „latenten Antisemitismus“ zu unterstellen.

Habeck sieht Antisemitismus auch bei Linken

In seinem Video wandte sich Habeck aber auch an jene, die durchaus zum Wahlklientel der Grünen zählen – und sparte nicht mit Kritik.

„Sorge macht mir aber auch der Antisemitismus in Teilen der politischen Linken, und zwar leider auch bei jungen Aktivistinnen und Aktivisten“, sagte Habeck wohl in Anspielung etwa auf Fridays-For-Future-Gründerin Greta Thunberg.

Es ist falsch, all jenen, die einen Waffenstillstand fordern, eine ‚verwirrte Haltung‘, latenten Antisemitismus oder Sympathien für die Hamas zu unterstellen.

Nicole Gohlke, Die Linke

„Anti-Kolonialismus darf nicht zu Antisemitismus führen“, betont der Minister. Dagegen lobt er die Distanzierung der deutschen Sektion von Fridays For Future.

„Die Hamas ist eine mordende Terrorgruppe, die für die Auslöschung des Staates Israel und den Tod aller Juden kämpft“, hält der Grünen-Politiker fest. Der Tod und das Leid, das über die Menschen im Gazastreifen komme, sei schlimm. „Systematische Gewalt gegen Jüdinnen und Juden kann damit dennoch nicht legitimiert werden“, so der Vize-Kanzler.

Vor dem Hintergrund der Taten der Hamas sei es eine „Verkehrung der Tatsachen“, die Hamas als Freiheitsbewegung darzustellen, sagte Habeck.

Nach Enthaltung bei Gaza-Resolution: Lob für Habeck, Kritik für Baerbock

Erst am Mittwochabend hatte Baerbock im „ZDF“ die deutsche Enthaltung zu der Gaza-Resolution in der UN-Vollversammlung mit den Worten „Es gibt keine 100-prozentige Wahrheiten. Es gibt nicht die eine Sichtweise“ verteidigt. Es dürfe nicht zu einem „Flächenbrand“ in der Region kommen, erklärte Baerbock.

Anders als jetzt bei Habeck fielen die Reaktionen auf Baerbocks Interview eher negativ aus. Das ist in zweifacher Hinsicht pikant: Schon die deutsche Enthaltung in der UN Vollversammlung hatte zu Widerspruch innerhalb der Koalition geführt, bei der FDP.

Außenministerin Annalena Baerbock spricht während der Debatte über den Nahen Osten im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

© imago/photothek/IMAGO/Thomas Koehler

Im Nahost-Krieg muss die Bundesregierung um ein einheitliches Bild bemüht sein. Hinzukommt, dass Baerbock und Habeck als mögliche Kanzler-Kandidaten der Grünen für die Bundestagswahl 2025 gelten, und sich hier einen parteiinternen Wettbewerb liefern. 

UN-Resolution zu Gewalt in Nahost ist „keine gute Resolution“

Angesprochen auf die deutsche Enthaltung erklärte Habeck am Mittwochabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ wiederum, dass die Bundesregierung in ihrer Haltung dazu einstimmig sei. Die Enthaltung bedeute nicht, dass sich Deutschland raushalten wolle, sondern im Gegenteil bei einer Lösung mithelfen wolle.

Habeck selbst kritisierte die von der UN-Vollversammlung verabschiedete Resolution zur Eskalation der Gewalt zwischen Israel und Palästinensern. Israels Partner wie Deutschland und die USA appellierten immer wieder an israelische Regierung, zivile Opfer zu vermeiden und das sei auch richtig, sagte der Grünen-Politiker bei „Markus Lanz“. Es sei aber völlig unsinnig, die Hamas zur Vermeidung ziviler Opfer aufzufordern. „Denn das Ziel der Hamas ist es, zivile Opfer zu produzieren.“

Es sei schlimm, bei den Opfern zu unterscheiden. Aber es sei ein Unterschied auf der politischen Ebene, dass es der Hamas darum gegangen sei, „Menschen hinzuschlachten“, sagte Habeck. „Und deshalb ist es keine gute Resolution, weil sie nicht politisch ist. Sie durchdringt und nennt das politische Problem nicht beim Namen.“

Habeck sagte zu der Resolution: „Natürlich ist es als humanitäre Haltung total toll, wenn man sagt, ich bin dafür, dass alle Menschen sich vertragen und am besten lieben.“ Übertragen auf den Ukraine-Krieg bedeute das, die Unterstützer der Ukraine zum Frieden aufzufordern, ohne Putin zu erwähnen, „der diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat“. Eine solche Haltung der Ukraine gegenüber wäre inakzeptabel, so Habeck.

Er stimme jedoch zu, dass man auch sehen müsse, wie die andere Seite denke, um irgendwie weiterzukommen im derzeitigen Konflikt. (dpa, dfs, Tsp)

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