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Wollen sich am Mittwoch in San Francisco treffen: Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden.

© AFP/SAUL LOEB

Treffen von Biden und Xi: Redet miteinander – aber richtig!

Ukrainekrieg, Nahost-Konflikt – die Welt kann nicht noch eine Großkrise gebrauchen. Hierfür tragen auch US-Präsident Biden und Chinas Staatschef Xi die Verantwortung. Sie müssen ihr gerecht werden.

Ein Kommentar von Viktoria Bräuner

Sie wollen reden – endlich. Es wurde auch Zeit. Erst zweimal in drei Jahren haben sich US-Präsident Joe Biden und Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping persönlich getroffen. Nun werden sie sich wohl am Mittwoch am Rande des Apec-Gipfels in San Francisco austauschen. Allein das lässt aufatmen. Die Beziehungen beider Länder sind so schlecht wie seit Jahren nicht mehr.

Die USA beobachten Chinas Provokationen im Südchinesischen Meer und im Indopazifik mit Sorge, ebenso wie die Drohungen gegen Taiwan. Die Volksrepublik wiederum unterstellt den Vereinigten Staaten, ihren Aufstieg als Weltgroßmacht verhindern zu wollen.

An den grundlegenden Differenzen – dem System-Wettbewerb und dem Wirtschaftskrieg – werden Biden und Xi vorerst nichts ändern. Doch sie müssen Lösungen für einen vernünftigen Umgang miteinander finden, der dazu beiträgt, dass die Spannungen nicht auf andere, wesentlich gefährlichere Bereiche übergehen, zum Beispiel in Form einer militärischen Konfrontation.

Wir haben 1000 Gründe, die chinesisch-amerikanischen Beziehungen zu verbessern, aber keinen einzigen, sie zu ruinieren.

Xi Jinping, Chinas Partei-, Militär- und Staatschef

In den vergangenen Monaten haben die USA immer wieder Gespräche angeboten, aber oft eine Abfuhr erhalten. Zuletzt gab es positive Signale. So soll Xi vor einer Delegation aus US-Senatoren in China gesagt haben: „Ich habe viele Male gesagt, auch zu verschiedenen Präsidenten: Wir haben 1000 Gründe, die chinesisch-amerikanischen Beziehungen zu verbessern, aber keinen einzigen, sie zu ruinieren.“

Eine so klare, starke Aussage stimmt optimistisch – und steht doch im Kontrast zu dem, was tatsächlich geschieht. Gelegenheiten für einen Austausch gab es, zum Beispiel beim G20-Gipfel in Neu-Delhi im September.

Aber der chinesische Staatschef kam nicht, ließ sich angeblich spontan von Premierminister Li Qiang vertreten. Die Führung in Peking ließ die Absage (wie immer) unkommentiert; wahrscheinlich ist jedoch, dass die Spannungen mit Gastgeber Indien, den USA und Japan dahintersteckten. Vielleicht auch der Umstand, den Verbündeten Wladimir Putin nicht verstimmen zu wollen.

Biden und Xi werden in San Francisco zunächst, wie üblich bei solchen Begegnungen, ihre Standpunkte verlesen. Washington wird es wohl um den Krieg in Gaza gehen, um die Lage in der Ukraine – und welchen Einfluss China auf die beteiligten Akteure nehmen könnte. Peking wird die amerikanischen Handelsbeschränkungen für chinesische Unternehmen ansprechen und seine Ansprüche auf Taiwan unterstreichen.

Jenseits der diplomatischen Höflichkeiten aber müssen Biden und Xi Klartext reden, vernünftig und konstruktiv. Sie müssen sich zuhören und wirklich verstehen wollen, was der andere meint. Die Welt kann angesichts des russischen Angriffskriegs und des Nahost-Konflikts nicht noch eine Eskalation zwischen den beiden Supermächten gebrauchen.

Wenn Experten etwa von einem „Missverständnis“ im Südchinesischen Meer sprechen, dann meinen sie konkret den versehentlichen Zusammenstoß zweier Kampfjets. Immer wieder nähert sich die chinesische Luftwaffe bedrohlich nah der amerikanischen. Käme es zu einem Zwischenfall, müssten die Streitkräfte sofort die andere Seite kontaktieren können, um Schlimmeres zu verhindern. Doch China hat die Verbindungen vor mehr als einem Jahr gekappt.

Deshalb ist es besonders wichtig, die alten Gesprächskanäle der Militärs wieder zu öffnen – das kann nur auf höchster Ebene geschehen. Denn so groß das Signal des Treffens nach außen ist, darf doch keinesfalls seine Wirkung auf die Binnenstrukturen unterschätzt werden: Spricht Xi Jinping nicht mit den USA, so traut sich das auch kein anderer in seinem Regierungs- und Parteiapparat. Jetzt gilt es, wieder eine Grundlage für die diplomatischen Beziehungen zu schaffen, einen gemeinsamen Nenner zu finden – und sei er noch so klein.

Einer bietet sich an: Weder die Menschen in den USA noch in China wollen einen neuen Krieg. Einen solchen zu verhindern, ist sicher eine der schwierigsten, aber auch wichtigsten Aufgaben eines Staatsmannes. Biden und Xi wissen das. Nun ist es Zeit, zu handeln.

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