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Xi Jinping präsentiert sich gern als volksnaher Krisenmanager: Hier besucht Chinas Staats- und Parteichef Bauern in der Provinz Heilongjiang.

© imago/Xinhua/IMAGO/Yin Bogu

Xi Jinping schwänzt G20-Gipfel in Indien: Lieber zu Hause glänzen als Zoff mit der Welt

Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping lässt sich von Premierminister Li Qiang auf dem G20-Gipfel in Indien vertreten. Dafür hat er gute Gründe.

Ein Kommentar von Viktoria Bräuner

Viel wird spekuliert, warum Xi Jinping nicht am G20-Gipfel teilnimmt. Er sei krank, schreiben manche. Er wolle, mutmaßen andere, mit seiner Abwesenheit seinen Unmut über das Treffen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer zeigen.

Plausibel ist all das nicht. Am Donnerstag schritt Chinas großer Parteichef durch Anbaufelder in Heilongjiang, um höchstselbst nach Überschwemmungen in der Provinz die Unversehrtheit der Reispflanzen zu überprüfen. An der Vitalität des Partei- und Staatschefs ließen die Bilder keinen Zweifel.

Xi wollte wohl den Imageschaden wiedergutmachen, der entstanden war, als er Anfang August ohne Vorwarnung Ländereien in Hebei fluten ließ, um die Hauptstadt Peking vor drohenden Wassermassen zu schützen. Dass er jedoch für eine PR-Aktion wie in Heilongjiang ein Treffen der Weltmächte sausen lässt, ist unwahrscheinlich. Xi Jinping ist ein Macher, ein Mikromanager. Er möchte alles kontrollieren, selbst entscheiden – und dabei gut aussehen. Genau hier liegt das Problem. In Delhi wären Xi schöne Fernsehbilder keinesfalls sicher. Im Gegenteil.

Das Verhältnis mit den USA befindet sich auf einem Tiefpunkt. Mit Japan streitet China über Fukushima und das Einleiten von radioaktivem Wasser ins Meer. Deutschland und die EU fordern eine härtere Gangart Pekings gegenüber Moskau und eine klare Positionierung zur Ukraine. Alle miteinander besorgt Chinas Gebaren im Südchinesischen Meer und die Drohungen gegen die Insel-Demokratie Taiwan. 

Auch Gastgeber Indien ist vergrätzt. Am Rande des Brics-Gipfels hatten sich Xi und Premierminister Modi im August auf eine Beilegung der Grenzstreitigkeiten beider Länder verständigt. Nur wenige Tage danach veröffentlichte China eine Karte mit seinen weltweiten Gebietsansprüchen, reklamierte darauf den Staat Arunachal Pradesh und das Hochplateau Aksai Chin für sich.

Indien protestierte bei Chinas Außenministerium, das zynisch riet: Man solle doch einfach mal entspannt bleiben. Ein Satz, den sich die Weltgemeinschaft notieren sollte. Pekings lautstarke Entrüstung, weil Länder oder Privatunternehmen angeblich falsche Karten der Volksrepublik zeigen, sind fast schon legendär. Angesichts all dieser Spannungen könnte Xi Jinping auf dem G20-Gipfel nicht glänzen – und schickt lieber Premierminister Li Qiang. Ein Zeichen wahrer Stärke ist das nicht.

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