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Jetzt hört mir mal gut zu: Friedrich Merz spricht im Bundestag in Richtung von Robert Habeck und Olaf Scholz.

© dpa / dpa/Kay Nietfeld

Der Ober-Grüne und der CDU-Chef: Robert Habeck sucht den Sündenbock

Der CDU-Chef ist an der Malaise der Ampelkoalition Schuld? Wenn Habeck weiter so redet, übertreibt er wie sonst Merz. Das wird auf Dauer nicht gut ankommen.

Eine Kolumne von Stephan-Andreas Casdorff

Die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen – soll keiner sagen: aus den Augen, aus dem Sinn. Beileibe nicht. Wie sich der inoffizielle Ober-Grüne Robert Habeck an CDU-Chef Friedrich Merz abgearbeitet hat, das wirkt nach.

Zur Orientierung: Bundesdelegiertenkonferenz heißt bei den Grünen der Parteitag. Der Begriff stammt aus der Zeit, als sie noch eine basisdemokratische Sammlungsbewegung waren, von Ökosozialisten, Ökolibertären, Radikalökologen, Ex-Kommunisten, Friedensbewegten aller Schattierungen, richtig bunt halt. Das kann man heute so nicht mehr sagen.

Heute ist Realität ihre Ideologie. Wenn man das so sagen kann. Habeck könnte das bestimmt, er kann erklären bis zur Verklärung. Und Ideologie ist, so gesehen, nur Weltanschauung, eine Ideenlehre.

In der Hinsicht hat Habeck den 825 Delegierten heim geleuchtet. Oder besser: voraus geleuchtet. Denn sie kehren nicht heim zu einer Anschauung, sondern sollen sie wechseln. Das ist wegen der Spurenelemente von Widerborstigkeit schwierig genug.

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Also, was macht der begabte Rhetor? Er sucht sich zur Not auch etwas, gegen das sich gut gemeinsam sein lässt. Habeck hat sich dafür Merz ausgesucht.

Seine Partei von gestern, er von vorgestern – das nennt sich in Rede und Rhetorik Kopplung des Gegners mit negativen Argumenten. Einfacher gesagt: Hau drauf, und die Mehrheit wird johlen.

Aber Obacht, der Merz ist nicht ohne. Auch nicht ohne Ideen. Und einige von denen, hinter denen er steht, werden Wirklichkeit. Ob das beim Umgang mit Migranten und ihrer Zahnversorgung ist oder bei den stationären Grenzkontrollen: Manchmal klingt das, was die anderen, die Bunten, später vereinbaren, nach denen, die von gestern sein sollen.

Plötzlich klingen manche Worte anders

Oder es klingt nach den Entwicklungen plötzlich anders als vorher. Das Wort von den „Paschas“, die manche (junge) Männer in Deutschland seien – jeder denkt sofort an eine bestimmte Community, ein Drittel bestimmt an die arabische oder türkische. Und das sind die, die die Union aus CDU und CSU wählen. Die steht bundesweit bei 30 Prozent.

Die Grünen nicht. Sie waren vielleicht mal auf dem Weg dorthin, aber gegenwärtig sind 14 Prozent für sie auch schon ein schönes Ergebnis. Das bedeutet: Merz kann für die CDU Kandidat und Kanzler werden – Habeck möglicherweise nicht einmal Kandidat, weil es den bei den Grünen auch gar nicht braucht.

Da wird Unmut verständlich. So groß ist der, dass Habeck Merz in Person für die Malaise der Ampelkoalition verhaften will. Und zwar so: Bloß weil die Union vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt hat, fehlen jetzt in den Haushalten aberwitzig viele Milliarden.

Was Habeck so nicht sagt: Die Union hat das Recht dazu, soll als Opposition außerdem die Regierenden herausfordern, zum Besseren. Und dann hat sie in Karlsruhe – nicht bei den Grünen, sondern vorm Verfassungsgericht – auch noch Recht bekommen.

Nicht, dass es Habeck zu bunt treibt. Sein Politik- und Rechtsverständnis grenzt an graue Ideologie. Und schreckt die Mitte ab. Es kann passieren, dass er auf deren Wähler mit der Art, in der er redet, so abschreckend wirkt wie Merz auf die links der Mitte. Dann hätten beide etwas gemeinsam. Das muss man mal im Auge behalten.

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