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Pedro Sanchez, der spanische Ministerpräsident, hat den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten.

© AFP/JAVIER SORIANO

Regierungsbildung bleibt schwierig: Spanien steht vor einer Zerreißprobe

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez hat den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Er schielt dabei auf die katalanischen Separatisten - ein heikles Vorhaben.

Bei den spanischen Sozialisten um den geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sanchez kam am Freitag eine gewisse Zufriedenheit auf. Hatte doch der Chef der konservativen Volkspartei PP, Alberto Nunez Feijoo, erneut nicht genügend Stimmen zusammengebracht, um sich zum neuen Regierungschef wählen zulassen – obwohl seine PP bei der Parlamentswahl im Juli stärkste Kraft geworden war.

Nun bekommt Sanchez den Auftrag zur Regierungsbildung. Auch seine Sozialisten haben keine eigene Mehrheit – aber eine Idee, wie sie sie bekommen – das Land damit aber spalten könnten.

Eine Zusammenarbeit mit den Separatisten birgt Risiken

Sanchez schielt auf die katalanischen Separatisten. Obwohl die Sozialisten sich zur territorialen Einheit Spaniens bekennen, während die Separatisten-Partei Junts das Ziel einer Abspaltung Kataloniens verfolgt. Einigen sich beide Seiten dennoch, kann Sanchez mutmaßlich Ministerpräsident Spaniens bleiben.

Aber der Preis ist hoch und birgt Risiken: die Separatisten fordern eine Begnadigung hunderter Mitstreiter – was die Mehrheit der Spanier ablehnt. Und um zu zeigen, dass sie wissen, wie das Spiel geht, haben die Separatisten noch eine weitere Forderung: ein neues Unabhängigkeitsreferendum.

Tausende Menschen haben im September in Spanien gegen eine mögliche Amnestie für katalanische Separatisten protestiert.

© dpa/Manu Fernandez

Kommt es zu einer Einigung, droht Spanien vier Jahre lang eine Minderheitsregierung, die bei jedem einzelnen Gesetz auf die Unterstützung der Separatisten angewiesen ist. Aus dem Umfeld der Partei hieß es, die Sozialisten seien zuversichtlich, zu einer Einigung zu kommen, ohne die Unterstützung breiterer Wählerschichten zu verlieren. Sollten es keine Einigung geben, stehen im Januar Neuwahlen an - bei der eine Mitte-Rechts-Koalition ins Amt kommen könnte.

Die katalanischen Parteien fordern eine Amnestie, die das Land verärgert

Die beiden katalanischen Parteien Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) und Junts fordern eine Amnestie, die Schätzungen zufolge mehr als 1400 Personen betreffen könnte. Diese waren an dem Unabhängigkeitsbestreben beteiligt, das 2017 scheiterte. Für Spanien wäre das die größte Amnestie seit der von 1977, bei der es um Verbrechen während der Franco-Diktatur gegangen war.

In Katalonien würde man diese Massen-Freilassungen feiern. In anderen Teilen des Landes reicht die Stimmung von Verärgerung bis hin zu offener Wut. In einer Umfrage von Mitte September sprachen sich rund 70 Prozent der Befragten gegen eine Amnestie aus - davon 59 Prozent Anhänger der Sozialisten. 69 Prozent der Befragten gaben an, sie glaubten, dass die Anführer der Separatisten 2017 ein Verbrechen begangen hätten.

Die konservative PP wirft Sanchez vor, die Rechtsstaatlichkeit zu gefährden

Einige Wissenschaftler argumentieren, eine Amnestie sei nicht mit der spanischen Verfassung vereinbar. Diese lasse eine allgemeine Begnadigung nicht zu. Die konservative PP wirft Sanchez denn auch vor, um jeden Preis an der Macht bleiben zu wollen und dabei die Rechtsstaatlichkeit zu gefährden. Sanchez sagte indes, er werde sich an das Gesetz halten. Wie er das machen will, ließ er offen.

Prominentester Nutznießer der Amnestie wäre Carles Puigdemont. Er hatte Katalonien 2017 nach einer umstrittenen Volksabstimmung für unabhängig erklärt. Die Zentralregierung warf ihm daraufhin Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder vor. Das Verfassungsgericht sah in dem Vorgehen des Katalanen einen Bruch der Verfassung.

Die katalanische Regionalregierung wurde damals von der Zentralregierung entmachtet, Neuwahlen angeordnet und Puigdemont zur Fahndung ausgeschrieben. Er setzte sich daraufhin ins Ausland ab, unter anderem nach Deutschland. Aktuell kämpft er dagegen, von Belgien nach Spanien ausgeliefert zu werden. Sanchez hatte einst geschworen, Puigdemont vor Gericht zu stellen. (Reuters)

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