zum Hauptinhalt
Deutsches Konsulat in Istanbul.

© REUTERS / Reuters/Dilara Senkaya

Islamischer Staat in Istanbul: Türkei nimmt Terrorverdächtige fest

Vor einigen Tagen reagierte Ankara verstimmt über westliche Terrorwarnungen. Die Polizei in Istanbul nahm jetzt aber 15 Verdächtige fest. Wie konkret waren die Anschlagspläne?

Der Islamische Staat (IS) plante offenbar Anschläge auf westliche Konsulate sowie Kirchen und Synagogen in Istanbul. Die Polizei in der türkischen Metropole nahm jetzt 15 Verdächtige fest, die vom IS-Ableger in Afghanistan den Befehl für die Anschläge erhalten haben sollen.

Die Festnahmen bestätigen westliche Terrorwarnungen und widersprechen Vorwürfen der türkischen Regierung. Ankara hatte Europa und den USA vorgehalten, die Terrorgefahr erfunden zu haben, um der Türkei zu schaden.

Wie die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf die Polizei meldete, kam der Befehl an die mutmaßlichen IS-Anhänger in Istanbul von der sogenannten Khorasan-Gruppe des Islamischen Staates (IS-K), die vor allem in Afghanistan und anderen Teilen Zentralasiens aktiv ist.

Anschlagspläne als Rache auf Koranverbrennungen

Die Istanbuler Polizei nahm die Verdächtigen demnach aufgrund von Informationen des türkischen Geheimdienstes MIT und des Polizei-Geheimdienstes fest.

Auf Befehl des IS-K sollten die Verdächtigen die Konsulate Schwedens und der Niederlande in Istanbul sowie Kirchen und Synagogen angreifen, wie Anadolu meldete. Die Anschläge seien als Rache für die Koranverbrennung in Stockholm geplant worden; in den Niederlanden hatte ein rechtspopulistischer Politiker ein Exemplar des Korans zerrissen.

Hinweise auf eine „konkrete Gefährdung“ der westlichen, christlichen und jüdischen Einrichtungen seien bei den Festnahmen nicht festgestellt worden, berichtete Anadolu.

Dennoch seien die Verdächtigen, denen Verbindungen zum IS nachgewiesen worden seien, in Untersuchungshaft gesteckt worden. Zu den Nationalitäten der Verhafteten wurde nichts bekannt. Die türkische Regierung äußerte sich zunächst nicht zu den Verhaftungen.

Ein halbes Dutzend westeuropäische Konsulate, darunter die Vertretungen von Deutschland, Frankreich und Großbritannien, waren vorige Woche wegen Terrorwarnungen vorübergehend geschlossen worden. Das deutsche Generalkonsulat in Istanbul teilte am Sonntag auf seiner Internetseite mit, es sei ab Montag „wieder teilweise geöffnet“.

120
IS-Mitglieder sind seit Jahresbeginn in der Türkei festgenommen worden

Die Warnungen von Sicherheitsbehörden bezogen sich nach Mitteilung der Bundesregierung und der US-Behörden auf die Istanbuler Innenstadt, wo das deutsche, schwedische und das niederländische Konsulat sowie Kirchen und Synagogen liegen. Ob die Konsulate nun wieder geöffnet werden, blieb am Sonntag offen; das Auswärtige Amt in Berlin antwortete zunächst nicht auf eine Anfrage dazu.

Die türkische Regierung hatte verärgert auf die Terrorwarnungen reagiert. Innenminister Süleyman Soylu warf dem Westen eine „psychologische Kriegsführung“ gegen die Türkei vor, während Außenminister Mevlüt Cavusoglu neun Botschafter westlicher Länder einbestellen ließ.

Cavusoglu warf Europäern und Amerikanern vor, die türkischen Behörden nicht über die Erkenntnisse zu den befürchteten Anschlägen informiert zu haben.

Auch armenische Gemeinde warnt vor möglichen Anschlägen

Dagegen zitierte der angesehene türkische Journalist Murat Yetkin in seinem Blog „YetkinReport“ ungenannte diplomatische Quellen mit den Worten, die Konsulate seien auf der Grundlage von „verlässlichen und spezifischen Geheimdienstinformationen“ geschlossen worden.

Die westlichen Staaten arbeiteten mit den türkischen Behörden zusammen. Vor dem deutschen Generalkonsulat in Istanbul in der Nähe des zentralen Taksim-Platzes stand am Wochenende ein gepanzertes Fahrzeug der türkischen Sicherheitskräfte.

Bedros Siniroglu, ein ranghoher Vertreter der armenischen Minderheit in der Türkei, warnte seine Gemeinde, drei militärisch ausgebildete IS-Mitglieder seien in die Türkei eingesickert, um Anschläge zu verüben.

Die armenische Gemeinde sollte ihre Veranstaltungen zwei bis drei Monate lang absagen, sagte Siniroglu dem oppositionsnahen Fernsehsender Halk-TV. Sirinoglu fügte hinzu, die türkische Polizei habe den Personenschutz für ihn verstärkt.

Mitglieder des IS sind seit Jahren in der Türkei aktiv. Allein 2022 wurden nach einer Meldung des regierungsnahen Nachrichtensenders CNN-Türk knapp 2000 mutmaßliche IS-Anhänger in der Türkei festgenommen, seit Beginn des neuen Jahres waren es demnach mehr als 120.

Der IS hat in Istanbul schon viele Anschläge verübt, darunter den Angriff auf deutsche Touristen vor der Blauen Moschee im Januar 2016, bei dem zwölf Deutsche starben, den Flughafenanschlag im Juni 2016 mit fast 50 Toten und einen Anschlag auf einen Nachtclub 2017 mit 39 Toten.

Das Terrornetzwerk Al-Kaida hatte 2003 in Istanbul Bombenanschläge auf zwei Synagogen, das britische Konsulat und eine britische Bank verübt und mehr als 50 Menschen getötet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false