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Spaniens Premierminister Pedro Sánchez (l) spricht mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Granada, am 5. Oktober 2023.

© AFP/LUDOVIC MARIN

Interne Schätzung: EU-Beitritt der Ukraine könnte 186 Milliarden Euro kosten

Der Rat der EU hat die Kosten für eine Aufnahme weiterer neun Länder geschätzt. Alle bisherigen Mitgliedstaaten müssten mehr in den EU-Haushalt einzahlen, Agrarsubventionen würden gekürzt.

Ein EU-Beitritt der Ukraine könnte teuer werden für die Staatengemeinschaft: Wie die „Financial Times“ unter Berufung auf eine interne Schätzung des EU-Rates berichtete, könnten über einen Zeitraum von sieben Jahren rund 186 Milliarden Euro an EU-Geldern in die Ukraine fließen.

Die Integration von sechs Balkanländern sowie von Georgien und Moldawien würde weitere 74 Milliarden Euro kosten, berichtete „Politico“, dem das Papier ebenfalls vorliegt. Eine mögliche Mitgliedschaft der Türkei wurde nicht berücksichtigt.

Für die Schätzung haben EU-Beamte die bestehenden Regeln für den Haushalt der Union für die Jahre 2021 bis 2027 herangezogen und auf eine erweiterte Union angewandt.

Viele Mitgliedstaaten würden erstmals zu Nettozahlern: „Alle Mitgliedstaaten werden mehr in den EU-Haushalt einzahlen und weniger von ihm erhalten; viele Mitgliedstaaten, die derzeit Nettoempfänger sind, werden zu Nettozahlern“, zitiert die Financial Times aus dem Papier des Sekretariats des EU-Rates.

Alle Mitgliedstaaten werden mehr in den EU-Haushalt einzahlen und weniger von ihm erhalten.

Aus einer internen Schätzung des EU-Rates, zitiert von der Financial Times

Der Beitritt der neun Staaten würde weitreichende Anpassungen erzwingen. Die Netto-Haushaltsbeiträge von reicheren Staaten wie Deutschland, Frankreich und den Niederlanden müssten erheblich ansteigen, schreibt die Financial Times unter Berufung auf die Schätzung.

Die EU-Erweiterung könnte eine Kürzung der Agrarsubventionen um etwa 20 Prozent zur Folge haben. Bei Anwendung der derzeitigen Regeln auf eine erweiterte Union hätte die Ukraine über einen Zeitraum von sieben Jahren Anspruch auf 96,5 Milliarden Euro aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU

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Milliarden Euro könnte die Integration der Ukraine und acht weiterer Länder in die EU kosten

Darüber hinaus hätte die Ukraine einen Anspruch auf 61 Milliarden Euro aus dem EU-Kohäsionsfonds, berichtet die Financial Times. Mit dem Kohäsionsfonds werden Umweltvorhaben und Projekte im Bereich des transeuropäischen Verkehrsinfrastruktur in ärmeren Mitgliedstaaten finanziell unterstützt.

Derzeit profitieren 15 Länder aus dem Fonds, darunter Tschechien, Malta und Zypern. Einige der derzeitigen Empfängerländer würden nach dem Beitritt der neun Mitgliedstaaten aber nicht mehr für Zahlungen infrage kommen, so die von der Financial Times zitierte Schätzung.

Die Chancen für die EU

Nach dem Bericht der Financial Times werden in dem Papier auch Chancen aufgezählt, die sich für die EU aus der Erweiterung ergeben: die Stärkung des geopolitischen Einflusses der EU, die Vergrößerung des Binnenmarktes um 66 Millionen Menschen auf 517 Millionen und die Behebung des Arbeitskräftemangels.

Wir bereiten uns darauf vor, die EU-Beitrittsgespräche mit der Ukraine während der spanischen EU-Ratspräsidentschaft zu eröffnen.

Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident

Am Donnerstag findet ein Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Granada statt, an dem auch Wolodymyr Selenskyj teilnimmt. Die Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) ist eine Plattform europäischer Länder zur politischen Koordination.

Das Treffen in Granada ist das dritte Gipfeltreffen der erst im vergangenen Jahr gegründeten Gemeinschaft. Mitglieder der EPG sind neben den 27 EU-Ländern alle EU-Beitrittskandidaten (Albanien, Montenegro, Nordmazedonien, Moldau, Serbien, Türkei, Ukraine, Bosnien und Herzegowina), die potenziellen EU-Beitrittskandidaten (Georgien, Kosovo) sowie Andorra, Armenien, Aserbaidschan, Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, San Marino, die Schweiz und das Vereinigte Königreich.

Über ein bilaterales Treffen auf dem Gipfel mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez schrieb Selenskyj auf X, vormals Twitter: „Wir bereiten uns darauf vor, die EU-Beitrittsgespräche mit der Ukraine während der spanischen EU-Ratspräsidentschaft zu eröffnen. Ich bin Spanien dankbar für die Unterstützung unserer Bestrebungen.“ Spanien hat vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2023 den Vorsitz im Rat der Europäischen Union inne.

Am Freitag kommen die Staatschefs der EU bei einem informellen EU-Gipfel ebenfalls in Granada zusammen. Bei dem Treffen soll es auch um den Beitrittswunsch der Ukraine gehen, Beschlüsse werden aber nicht erwartet.

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