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Ein Hubschrauber wirft Wasser auf die Flammen.

© dpa/Arturo Rodriguez

Verheerender Waldbrand auf Teneriffa: Polizei sieht Brandstiftung als erwiesene Ursache

Die Flammen auf der Ferieninsel fressen sich bis zur Küste und schlagen bis zu 60 Meter hohe Wände. Viele Ortschaften werden evakuiert. Mehr als 12.000 Menschen mussten bislang fliehen.

Der von den Behörden empfohlene Notrucksack war bereits zusammengepackt. Sein Inhalt: Dokumente, Handy, Taschenlampe, Batterien, Medikamenten, eine Decke und ein paar Anziehsachen.

„Sie müssen Ihre Häuser verlassen, das Feuer kommt“, hatten die Katastrophenschutzhelfer gerufen, die morgens um fünf an die Türen in El Sauzal klopften. Wenig später gingen in dem Ort im Nordosten Teneriffas einige Häuser und Autos in Flammen auf. „Wir waren bereits seit Tagen vorbereitet“, berichtet ein Anwohner.

Der riesige Waldbrand, der seit Tagen in den Bergen der Kanareninsel tobt, hat sich am Wochenende die Hänge hinunter gefressen. Nachdem sich Flammen und dichter Rauch den ersten am Bergrand liegenden Gebäuden genähert hatten, wurde die Evakuierung eines Teils von El Sauzal angeordnet. „Wir können nur noch beten, dass sich die Lage verbessert“, sagt Mariano Pérez, der Bürgermeister des an der Küstenautobahn TF-5 liegenden Ortes.

Herr, befreie uns von dieser Gefahr.

Bernardo Álvarez, Bischof von Teneriffa, bat den Himmel um Hilfe.

Mehr als 12.000 Menschen mussten bisher vor dem Feuersturm fliehen. Evakuiert wurden ganz oder teilweise elf Ortschaften, in denen etliche europäische Residenten leben. Betroffen sind: Arafo, Candelaria, El Rosario, La Orotava, Santa Úrsula, La Victoria, El Sauzal, Tacoronte, La Matanza, Güímar y Los Realejos.

Am Horizont sind Flammen zu sehen, die sich auf die Stadt La Laguna und den Flughafen Los Rodeos zubewegen.
Am Horizont sind Flammen zu sehen, die sich auf die Stadt La Laguna und den Flughafen Los Rodeos zubewegen.

© picture alliance/dpa/AP

In weiteren Gemeinden, darunter auch in der bekannten Urlauberstadt Puerto de la Cruz im Norden der Insel, wurde wegen der schlechten Luftqualität empfohlen, Fenster sowie Türen zu schließen und nicht ins Freie zu gehen – und wenn, dann nur mit FFP2-Maske. In vielen Orten auf der nördlichen Inselhälfte regnet es Asche und treiben Rauchschwaden durch die Straßen.

10.000
Hektar Wald sind bisher von den Flammen verschlungen worden.

Auch das berühmte Parador-Hotel, das auf 2000 Meter Höhe im Nationalpark des Teide-Vulkans liegt, wurde inzwischen geräumt. Am Wochenende drangen die Flammen in das traumhafte Gebiet vor, das zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Das Feuer war in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch im unterhalb des 3700 Meter hohen Teide-Vulkanbergs liegenden Naturpark Corona Forestal ausgebrochen. Der Naturpark ist die größte grüne Lunge der Insel und ein beliebtes Ausflugs- und Wanderziel.

Das Großfeuer, das seit fünf Tagen im Nordosten Teneriffas tobt, ist inzwischen auch von vielen Orten an der Küste nicht zu übersehen. Nachts scheinen die Berge zu glühen, in denen bis zu 60 Meter hohe Flammenwände lodern. Am Brandherd herrschen bis zu 300 Grad Hitze. Es ist so heiß, dass das Löschwasser oft schon in der Luft verdunstet und nicht am Boden ankommt.

Auf mehr als 70 Kilometer Länge frisst sich der Waldbrand mittlerweile durch die Berglandschaft, auf der sich in den Hochburgen vor allem an der südlichen Küste derzeit annähernd 100.000 Touristen aufhalten. Knapp die Hälfte der Urlauber stammt aus dem deutschsprachigen Raum.

„In den Tourismuszonen herrscht Normalität”, beruhigen die Behörden. „Die Sicherheit der Urlauber und Bewohner ist gewährleistet.“ Allerdings wurden die Feriengäste aufgerufen, die Brandregion zu meiden und nicht durch Schaulust die Löscharbeiten zu behindern.

Am Sonntag war der Waldbrand weiter außer Kontrolle, auch wenn an einigen Fronten das Vorrücken des Feuers gebremst werden konnte. Mehr als 10.000 Hektar Wald, also über 100 Quadratkilometer, sind bisher von den Flammen verschlungen worden, berichtet Fernando Clavijo, der Ministerpräsident der Kanarischen Inseln. Es ist einer der schlimmsten Waldbrände, der je auf den zu Spanien gehörenden Vulkaninseln registriert wurde.

Anwohner bedanken sich bei der Feuerwehr und den Einsatzkräften.
Anwohner bedanken sich bei der Feuerwehr und den Einsatzkräften.

© picture alliance/dpa/TNN

„Das Feuer übersteigt unsere Löschmöglichkeiten“, sagt Pedro Martínez, der den Einsatz der Feuerwehr koordiniert. Mehr als 20 Löschflugzeuge und insgesamt 650 Helfer und Soldaten waren am Sonntag im Einsatz. Man versuche vor allem, die Menschen und ihre Häuser zu schützen. Wenn man den lodernden Kiefernwald nicht löschen könne, müsse man ihn möglicherweise abbrennen lassen. „Es geht darum, Schlimmeres zu verhüten”, erklärte Ministerpräsident Clavijo. Den Wald könne man wieder aufforsten.

Polizei geht von Brandstiftung aus

Die spanische Polizei sieht es mittlerweile als erwiesen an, dass der Waldbrand auf Brandstiftung zurückgeht. Das sagte der kanarische Regierungschef Fernando Clavijo auf einer Pressekonferenz.

Die Polizeieinheit Guardia Civil (Zivilgarde) verfolge in diesem Zusammenhang derzeit drei Ermittlungsstränge, sagte Clavijo. Er hoffe, dass der oder die mutmaßlichen Täter bald dingfest gemacht werden können. Sie hätten „das Leben von Tausenden von Menschen und materielle Gütern in Gefahr gebracht“.

Für eine vorsätzliche Brandstiftung spreche, dass dieses Feuer an mehreren Stellen gleichzeitig ausgebrochen sei, sagte der spanische Innenminister Ministerpräsident Fernando Grande-Marlaska. Und zwar in der Nähe eines beliebten Aussichtspunktes, in dessen Umgebung bereits mehrfach gezündelt worden war.

„Wir hoffen, dass der Brand in den nächsten Tagen unter Kontrolle kommt“, sagt Grande-Marlaska. Der Bischof von Teneriffa, Bernardo Álvarez, bat derweil den Himmel um Hilfe: „Herr, befreie uns von dieser Gefahr.“

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