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Wird deutlich teurer als geplant: die EM 2024 in Berlin.

© dpa/Aleksandr Gusev

Von 61 auf knapp 83 Millionen Euro: Berliner Innensenatorin gesteht Fehler bei EM-Kalkulation ein

Binnen eines Jahres stieg die Kostenschätzung um rund 22 Millionen Euro. Gerungen wird um die Frage, wer die Verantwortung für die Fehlkalkulation trägt.

Berlins Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) hat Fehler bei der Kalkulation der Kosten für die Fußball-Europameisterschaft 2024 eingeräumt. Im Sportausschuss des Abgeordnetenhauses sagte Spranger am Freitag: „Im Zuge der Prüfung (von Ausschreibungen, Anm. der Red.) haben sich mir weitgehende Problematiken offenbart.“ Konkret hätten in einigen Projektbereichen Leistungsbeschreibungen oder konkrete Anforderungen für die Ausschreibungen gefehlt, führte Spranger aus. So seien Kosten etwa für die Sicherheit nicht eingeplant worden, erklärte sie weiter und räumte ein: „Die Umsetzung des Projektes erwies sich damals als gefährdet.“

Im Ergebnis führten die Fehler laut Spranger zu einer „erheblichen Finanzierungslücke“ etwa in Bezug auf die Einrichtung der für die Dauer des Turniers geplanten Fan-Meile. „Ein erstes Angebot wies ein Finanzierungsdefizit im zweistelligen Millionenbereich auf“, schilderte die Senatorin. Von da an sei offensichtlich gewesen, „dass wir in sämtlichen Bereichen prüfen mussten und müssen, ob den bisherigen Berechnungen die korrekten Zahlen zugrunde gelegt und für die Ausschreibung tatsächlich sämtliche Leistungsforderungen berücksichtigt wurden“, sagte Spranger weiter.

Das Ergebnis der im Juni begonnen Prüfung: Statt der Ende Oktober 2022 vom Senat beschlossenen Kostenkalkulation in Höhe von 61,1 Millionen Euro werden die Gesamtkosten rund um die sechs im Olympiastadion geplanten EM-Spiele mittlerweile auf 82,68 Millionen Euro geschätzt. Die veranschlagten Mittel stiegen dementsprechend binnen eines Jahres um rund 35 Prozent.

Wer trägt die Verantwortung?

Laut Spranger sind die Gründe für die Steigerung der Kostenschätzung vielfältig. Ursachen seien unter anderem gestiegene Personal- und Energiekosten, strenge Vorgaben des europäischen Fußballdachverbands UEFA sowie Baukosten, die in den bisherigen Schätzungen nicht berücksichtigt waren. Allein für bauliche Maßnahmen im Olympiastadion würden statt der geplanten 7,3 Millionen Euro nun rund 14 Millionen Euro fällig. Hinzu kämen bislang unberücksichtigte Sicherheitskosten in Höhe von 4,81 Millionen Euro. Das Finanzierungsdefizit für die Einrichtung der Fan-Meile durch die Kulturprojekte GmbH habe bei etwa acht Millionen Euro gelegen.

Ohne die von ihr zuletzt entlassene Sportstaatssekretärin Nicola Böcker-Giannini namentlich zu nennen, wurde deutlich, dass Spranger die Verantwortung für die Fehler bei der Parteifreundin sieht. Ralf Kleindiek, ebenfalls Ex-Staatssekretär Sprangers und Anwalt Böcker-Gianninis, sagte dem Tagesspiegel: „Die Kostensteigerungen sind nicht auf Managementfehler von Frau Böcker-Giannini zurückzuführen.“

Dazu, dass Spranger sämtliche Fragen nach den Gründen für die Kündigung mit Verweis auf die Persönlichkeitsrechte der Staatssekretärin abwehrte, sagte Kleindiek: „Dem Persönlichkeitsrecht meiner Mandantin wäre am besten damit gedient, wenn Frau Spranger das Verbot, die Dienstgeschäfte zu führen, aufheben würde.“

Unterdessen übten auch Grüne und Linke Kritik an der Innensenatorin. Klara Schedlich, sportpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, warf Spranger vor, schon ab Mai über die Kostensteigerungen informiert gewesen zu sein. „Die Probleme mit der Euro 2024 sind zu lange ignoriert und verschwiegen worden. Jetzt drohen die Kosten völlig aus dem Ruder zu laufen“, sagte Schedlich. Tatsächlich hatte Spranger keine Antwort auf die Frage gegeben, ab wann sie über die Fehlkalkulation informiert gewesen war. Kleindiek wiederum erklärte, seine Mandantin habe die Senatorin regelmäßig informiert.

Alexander King, sportpolitischer Sprecher der Linksfraktion, sprach im Nachgang der Ausschusssitzung von einem „verheerenden Bild von der Vorplanung“, das die Senatorin gezeichnet habe. Dass die Verantwortung dafür Sprangers Darstellungen zufolge bei Böcker-Giannini läge, „war schon ziemlich starker Tobak und wird sicher noch ein Nachspiel haben“, sagte King.

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