zum Hauptinhalt
Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, und Cansel Kiziltepe (SPD), Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt.

© dpa/Annette Riedl

Nach Wegner-Vorstoß: Berlins Integrationssenatorin Kiziltepe will Abschiebestopp im Winter beibehalten

Die SPD-Politikerin verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem sich CDU und SPD auf einen Winterabschiebestopp geeinigt hatten. Kiziltepe sprach von „untauglicher Symbolpolitik“.

Berlins Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) spricht sich für eine Beibehaltung des Winterabschiebestopps aus. „Berlin handelt humanitär, darum haben wir zu Recht einen Winterabschiebestopp“, sagt Kiziltepe dem Tagesspiegel.

Damit wendet sich Kiziltepe gegen Überlegungen des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU). Dieser hatte in einem Interview mit der „FAZ“ gesagt: „Wir müssen mit unserem sozialdemokratischen Koalitionspartner darüber sprechen, ob wir uns einen Winterabschiebestopp von Oktober bis April leisten können.“

Im Koalitionsvertrag hatten sich CDU und SPD auf eine Beibehaltung der Regelung der rot-grün-roten Vorgängerregierung geeinigt. Dort heißt es: „Im Winter soll auf Abschiebungen verzichtet werden, wenn Witterungsverhältnisse dies humanitär gebieten.“

Abschiebestopps sind nach dem Bundesaufenthaltsgesetz geregelt. Das kennt keine Jahreszeiten, gibt aber der obersten Landesbehörde eines Bundeslands das Recht, aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen Deutschlands, „die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate“ auszusetzen.

Rot-Grün-Rot stritt über Abschiebungen nach Moldau

Im vergangenen Winter, noch unter Rot-Grün-Rot, galt ein weitgehender Abschiebestopp von Januar bis März – und damit nicht, wie von Wegner suggeriert, von Oktober an. Streit hatte es in der Koalition Streit gegeben, weil Innensenatorin Iris Spranger (SPD) erklärt hatte, in diesem Zeitraum weiter nach Moldau abschieben zu wollen. Schließlich lenkte Spranger ein und setzte auch Abschiebungen nach Moldau von Januar bis März weitgehend aus.

Berlin ist nicht das einzige Bundesland, das von dem Recht, Abschiebungen zeitweise auszusetzen, bereits Gebrauch gemacht hat. In der Vergangenheit wurde es in einzelnen Fällen und in Bezug auf einzelne Länder etwa von Schleswig-Holstein angewandt. Derzeit gilt ein weitgehender Abschiebestopp in den Iran, auf den sich alle Bundesländer auf der Innenministerkonferenz geeinigt haben.

„Natürlich brauchen wir eine Debatte darüber, wie wir Zuwanderung gestalten wollen“, sagte Kiziltepe dem Tagesspiegel. „Momentan verläuft der öffentliche Streit über Migration aber so, dass nur der Rechtspopulismus gestärkt wird.“ An „untauglicher Symbolpolitik“ beteilige sie sich nicht. Sie spreche sich für eine „interne Klärung“ zur Frage nach Abschiebungen aus.

Bis Ende Juli wurden in diesem Jahr 762 Personen durch das Land Berlin abgeschoben. Das geht aus einer Antwort von Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Frank Luhmann hervor. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres wurden 527 Menschen abgeschoben. „Vor diesem Hintergrund kann nach dem gegenwärtigen Stand mit einer Steigerung gegenüber den Vorjahreszahlen auf das Niveau vor der Corona-Krise gerechnet werden“, schreibt Hochgrebe.

Ein Großteil der ausreisepflichtigen Menschen kann jedoch gar nicht abgeschoben werden. Von den 17.436 ausreisepflichtigen Personen in Berlin (Stand Ende Juni) besaßen 15.261 eine Duldung. Das entspricht 87,5 Prozent. Duldungen können unter anderem aus medizinischen Gründen oder wegen fehlender Reisedokumente erteilt werden.

Die meisten ausreisepflichtigen Menschen in Berlin kommen aus Moldau (3321), Georgien (1417), dem Irak (1306) und Russland (1233). Bei 1591 Personen ist das Herkunftsland ungeklärt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false