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Der Live-Stream von „Samidoun“

© Instagram: samidoun_deutschland

Update

Berliner Terror-Unterstützer feiern Angriff auf Israel: Polizei löst in Neukölln Aufmarsch auf – Pflastersteine auf Polizeiauto geworfen

Am späten Samstagabend versammelten sich Demonstranten auf der Neuköllner Sonnenallee und skandierten israelfeindliche Parolen. Bis die Polizei einschritt, dauerte es einige Zeit.

| Update:

Propalästinensische Demonstranten und linke Gruppen sind am späten Samstagabend in Berlin-Neukölln aufmarschiert. Laut Polizei hatten sich gegen 20.50 Uhr rund 40 Personen an der Sonnenallee, Ecke Reuterstraße zusammengefunden.

Sie feierten die seit dem frühen Samstagmorgen andauernden Attacken der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel, bei denen nach aktuellen Angaben mehr als 300 Israelis ums Leben kamen. Ein Live-Stream der Aktion wurde auf dem Instagram-Account der propalästinensischen Gruppe „Samidoun“ veröffentlicht. Eine Teilnehmerin hatte im Laufe der Aktion eine Spontanversammlung angemeldet.

Aufmarsch von rund 60 Anhängern der Gruppe Samidoun am Sonnabend in der Sonnenallee in Neukölln.

© Samidoun Deutschland / Instagram

Die Polizei hielt sich zunächst zurück und ließ die Gruppe gewähren. Als die Versammlungsleiterin gegen 21.20 Uhr auch noch einen Demozug anmelden wollte, untersagte die Polizei dies jedoch und löste den Aufzug gegen 22.30 Uhr auf.

Die Polizei begründete die Auflösung mit fortwährenden Verstößen „gegen das Friedlichkeitsgebot“ des Versammlungsgesetzes. Hinzu kamen „israelfeindliche und gewaltverherrlichende Sprechchöre“ und Vermummungen. Dadurch sei eine „unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eingetreten“.

Nach Angriff auf Israel: Demonstranten fordern „Free Palestine“

Die Demonstranten hatten unter anderem „Yallah Intifada“, „Free Palestine“ und „From the river to the sea“ skandiert, das von der Polizei üblicherweise bei Demonstrationen verboten wird, da es das Existenzrecht Israels infrage stellt. Auch Sprechchöre wie „Hoch die internationale Solidarität“ und „Deutschland finanziert, Israel finanziert“ waren zu hören.

Die Polizei hatte nach eigenen Angaben die Versammlungsleiterin aufgefordert, auf die Teilnehmer einzuwirken und israelfeindliche Sprüche zu unterlassen. Dem sei die Frau nicht nachgekommen. Nach dreimaliger Ankündigung der Auflösung seien die Einsatzkräfte schließlich eingeschritten.

Die Polizei nahm die Personalien von 40 Personen auf.

© dpa/Paul Zinken

Es wurden sechs Anzeigen wegen Widerstands, Angriffen auf Beamte und Landfriedensbruchs gestellt. Die Beamten nahmen zudem mehrere Personen vorläufig fest, die trotz Auflösung der Versammlung nicht gehen wollten. Insgesamt wurden die Personalien von rund 40 Personen aufgenommen. 36 Ordnungswidrigkeiten wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurden erfasst. Zwei Beamte wurden verletzt und mussten den Dienst abbrechen.

Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Stephan Weh, fand für die Aktionen am Samstagabend klare Worte: „Wer den Mord an Menschen auf unseren Straßen feiert und meine Kolleginnen und Kollegen angreift, ist nicht Bestandteil unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft.“

Demo in Neukölln: Pflastersteine auf Polizeiauto geworfen

Gegen 1 Uhr sei dann ein fahrender Streifenwagen mit zwei 2,5 Kilogramm schweren Pflastersteinen von der Fußgängerbrücke an der High-Deck-Siedlung am südlichen Ende der Sonnenallee beworfen worden. Ein Beamter sei durch Glassplitter leicht verletzt worden.

Die Besatzung – zwei Polizisten – trat unter dem Eindruck des Angriffs vom Dienst ab. Ermittelt wird vorerst wegen gefährlicher Körperverletzung. In der Regel handelt es sich bei Steinwürfen von Brücken auf Autos um schwere Taten. In der Vergangenheit kam es bereits zu schweren Unfällen und Todesfällen. Solche Steinewerfer wurden schon wegen versuchten Mordes und Gefährdung des Straßenverkehrs belangt.

Immer wieder sei es in der Nacht auf der Sonnenallee, in der High-Deck-Siedlung und am Hermannplatz zu kleineren Polizeieinsätzen und Straßensperrungen gekommen, weil Kleinstgruppen den Angriff auf Israel gefeiert hätten, sagte die Polizei dem Tagesspiegel. Dabei kam es auch zu Flaschenwürfen auf die Polizei.

Wie die Polizei am Sonntagabend auf dem Kurznachrichtendienst X mitteilte, bemalten Unbekannte am Samstag ein Denkmal am Herrmannplatz mit einer Palästina-Flagge. Nachdem Einsatzkräfte die Fläche weiß überstrichen und eine Anzeige wegen Sachbeschädigung fertigten, wurde das Denkmal am Sonntag erneut mit einer palästinensischen Flagge bemalt.

Auf dem Instagram-Account von „samidoun_deutschland“ wurde dieses Foto am Sonntagabend geteilt. Zu sehen ist das Denkmal am Herrmannplatz, das mit der Palästina-Flagge bemalt wurde.

© Instagram: samidoun_deutschland

Da es Hinweise darauf gäbe, dass der Ort der Glorifzierung des Angriffs auf Israel dienen soll, überklebten Einsatzkräfte nach Angaben der Polizei die Zeichnung vorübergehend, bis sie erneut überstrichen werden kann. Auf dem Instagram-Account von Samidoun war am Sonntagabend ein Foto des mit der palästinensischen Flagge bemalten Denkmals zu sehen, überschrieben mit „Lang lebe Palästina“. Wenig später war das Foto gelöscht.

Außerdem seien an verschiedenen Orten in Neukölln Zettel mit Palästina-Flaggen und arabischen Schriftzügen an Häuserfassaden angebracht worden, wie die Polizei mitteilte. Einsatzkräfte hätten die Zettel entfernt.

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Nach Angriff auf Israel: Süßigkeiten auf der Sonnenallee verteilt

Bereits am Nachmittag hatten einige Mitglieder von „Samidoun“ Süßigkeiten auf der Sonnenallee verteilt, nach eigenen Angaben als „Feier des Sieges des Widerstands“. Die Gruppe erklärte dazu auf Instagram: „Es lebe der Widerstand des palästinensischen Volkes.“ In den vergangenen Jahren hatte „Samidoun“ wiederholt antisemitische und israelfeindliche Demonstrationen in Berlin organisiert.

Propalästinensische Aktivisten der Gruppe „Samidoun“ verteilen Süßigkeiten auf der Sonnenalle in Berlin-Neukölln – als „Feier des Sieges des Widerstands“.

© Samidoun

Hinter der Gruppe steht die Terrororganisation „Volksfront zur Befreiung Palästinas“, kurz PFLP. Sie lehnt jeden Frieden mit Israel ab, tötet Zivilisten durch Autobomben und Selbstmordattentate.

„Samidoun“ gilt dabei als Vorfeldorganisation der PFLP. Mit diesem Konstrukt sollen neue Mitglieder für die Mutterorganisation angeworben werden und die Inhalte der Terrorgruppe in die breite Öffentlichkeit getragen werden, ohne die Terrorgruppe PFLP erkennbar zu machen.

Journalisten werden bedrängt

Am Rande der Aktionen am Nachmittag waren Journalisten von „Welt TV“ angegangen worden, wie mehrere Beteiligte bestätigten. Das Team hatte zwei „Samidoun“-Aktivisten interviewt. Dann schritt ein weiteres Mitglied der Gruppe ein und forderte das Kamerateam auf, die Aufnahmen zu löschen. Mehrere Männer umringten und bedrängten die Journalisten derart, dass diese gezwungen waren, die Filmaufnahmen zu löschen.

Die Berliner Polizei erklärte, Beamte seien „vor Ort und führen die erforderlichen Maßnahmen durch“. Bei vereinzelten Personen sei die Identität festgestellt, auch einige Strafanzeigen seien gefertigt worden. Wegen der strafrechtlichen Bewertung stehe die Polizei „im engen Austausch mit der Staatsanwaltschaft“. Generell hat die Polizei am Sonnabend ihre Präsenz und den Schutz israelischer und jüdischer Einrichtungen verstärkt.

Mitglieder von „Samidoun“ bedrängen die Journalisten von „Welt TV“ und fordern die Löschung von Filmmmaterial.

© Democ

In Sicherheitskreisen wurde am Wochenende darauf hingewiesen, dass sich die Hamas bundesweit auf Tausende Anhänger verlassen könne. In namhaften Moscheen – gerade in den Berliner Stadtteilen Neukölln und Wedding – träfen sich zudem noch größere Kreise an Unterstützern der Muslimbruderschaft.

Die militanten Muslimbrüder sind eine der ältesten existierenden Islamistenvereinigungen, deren palästinensischer Ableger die Hamas ist. Wie der Tagesspiegel berichtete, stehen Berliner Clans im Verdacht, für die Hamas illegale Geldgeschäfte abzuwickeln.

Hinzu kommt die im Libanon und an Israels Nordgrenze aktive Hisbollah. Sowohl die sunnitische Hamas als auch die schiitische Hisbollah sind mehr oder weniger klandestin auch in Deutschland aktiv. Beide hatten sich trotz aller ideologischen Differenzen zuletzt angenähert. Denn Hamas wie Hisbollah werden von den Mullahs im Iran unterstützt.

Diese Netzwerke reichen bis nach Berlin. In den vergangenen Jahren war „Samidoun“ wiederholt durch massive antisemitische und israelfeindliche Demonstrationen aufgefallen. Erst im September hatte die Polizei eine Demonstration aufgelöst, die zur Vernichtung Israels aufgerufen hatte.

Auch die Sonnenallee ist immer wieder Schauplatz von derlei Aufzügen: Im Mai 2021 waren dort 3500 Menschen unterwegs, es kam zu Ausschreitungen und Angriffen auf die Polizei. Seither hat die Polizei verstärkt – und bestätigt von den Gerichten – propalästinensische und israelfeindliche Demonstrationen in Berlin verboten.

Botschafter und Antisemitismusbeauftragter fordern Verbote

Berlins Antisemitismusbeauftragter Samuel Salzborn sagte dem Tagesspiegel am Sonntag: „Der widerwärtige antisemitische Terror gegen Israel führt wieder einmal zu antisemitischen Aktionen in Berlin – wer sich bei solchen antisemitischen Terrorattacken nicht mit Israel solidarisiert, ergreift Partei für den antisemitischen Terror. Wir erleben das auf Berliner Straßen, der antisemitische Hass wird verbunden mit Angriffen auf Presse und Polizei – er richtet sich gegen Jüdinnen und Juden, aber auch gegen die Pressefreiheit und das Gewaltmonopol des Staates.“

Samuel Salzborn, Antisemitismusbeauftragter des Landes Berlin.

© Kitty Kleist-Heinrich

Salzborn sprach sich für ein Verbot aus: „Ohne organisatorische Strukturen wäre das in diesem Ausmaß nicht denkbar, es bedarf dringend Vereins- und Betätigungsverbote, wie sie bei der Innenministerkonferenz Ende 2022 bereits thematisiert wurden. Es ist nicht fünf vor, sondern schon lange fünf nach zwölf, für das Agieren der wehrhaften Demokratie gegen antisemitisch-terrorverherrlichende Organisationen.“ Die Zuständigkeit, zu prüfen, welche Organisationen dabei in den Blick genommen werden müssen, liege beim Bund, sagte Salzborn. „Samidoun zeigt sich aber seit geraumer Zeit als zentraler Akteur.“

Zuvor hatte bereits am Sonnabend der israelische Botschafter Ron Prosor vor Angriffen auf israelische und jüdische Einrichtungen in Deutschland gewarnt. In der jetzigen Situation bestehe die „höchste Gefahr“ solcher Anschläge, sagte er. Er vertraue aber auf die Arbeit der deutschen Sicherheitsbehörden. „Ich weiß, dass der Bürgermeister von Berlin und auch die Innenministerin die Sache jetzt im Griff haben.“

Prosor sagte, Jubel über die Ermordung von Zivilisten habe keinen Platz – weder in Israel oder Deutschland noch sonst irgendwo auf der Welt. „Diejenigen, die das tun, müssen zur Strafe gebracht werden“, sagte der israelische Botschafter. Samidoun sei „ein trojanisches Pferd“, das die deutsche Demokratie missbrauche. „Was sind diese Leute? Das sind Barbaren“, sagte Prosor. Die Aktionen von Samidoun dürfe man „in Berlin und auch an anderen Plätzen nicht erlauben“.

 Solche Bilder wie in der Sonnenallee will ich in unserer Gesellschaft auch nicht dulden.

Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD)

Der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Dirk Stettner, hatte noch am Abend im Hinblick auf die Aktionen erklärt: „Ich schäme mich für unsere Stadt.“ Die langjährige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau (Linke) sagte nach „Samidoun“-Aktion in Neukölln infolge der Hamas-Angriffe auf Israel: „Wer diese Verbrechen auf Berliner Straßen oder im Netz feiert, macht sich zum Komplizen.“ Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) erklärte: „Solche Bilder wie in der Sonnenallee will ich in unserer Gesellschaft auch nicht dulden.“

Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), erklärte: „Wer den Mord an Menschen auf unseren Straßen feiert und meine Kolleginnen und Kollegen angreift, ist nicht Bestandteil unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft. Wenn sich Parallelgesellschaften etablieren, muss Demokratie durch entschlossenes Handeln wehrhaft sein. Politik muss hier klare Grenzen ziehen.“

Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) befürchtet offenbar eine Verschärfung der Lage auch in Berlin. „Tage wie heute zeigen einmal mehr unser Privileg, in Frieden leben zu dürfen“, erklärte er. Er appelliere an alle in Neukölln und in Berlin, diesen Frieden zu bewahren.

Es ist nachvollziehbar, dass es in den kommenden Stunden und Tagen zu Solidaritätsversammlungen kommen wird. Aber in keinem Fall ist Gewalt oder die Verherrlichung von Terror gerechtfertigt“, erklärte Hikel. „Ich bin sicher, dass die Polizei Berlin das Versammlungsrecht sicherstellt und gleichzeitig rigoros gegen jede Straftat vorgehen wird. Dabei hat sie meine volle Unterstützung.“ (mit dpa)

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