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Stippvisite im Tunnel: Auch die Berliner Kabeldiagonale von 50Hertz, eine unterirdisch verlaufende Höchstspannungsleitung, stand auf dem Programm.

© REUTERS/Pool

Belgisches Königspaar in Berlin: Ein Staatsbesuch unter Strom

Das belgische Königspaar Philippe und Mathilde informierte sich gemeinsam mit dem Bundespräsidenten und seiner Frau beim Energieunternehmen 50Hertz über Zukunftsprojekte.

Normalerweise ist bei einem Staatsbesuch jeder einzelne Schritt minutengenau vorgezeichnet. Aber manchmal ist die Neugier doch größer als die Disziplin.

Als König Philippe und Königin Mathilde am Mittwoch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender beim Energieunternehmen 50Hertz in der Europa-City in Empfang genommen werden, steuern die Paare zuerst auf das Modell der künstlichen Energie-Insel Princess Elisabeth Island zu.

Weltneuheit in der Europa City

Diese weltweit erste Energieinsel, die in der Nordsee als Knotenpunkt für Offshore-Windparks dienen soll, ist nach der Tochter der Staatsbesucher benannt. Eigentlich sollten die Infos über diese Weltneuheit den Besuch hier nach dem Mittagessen krönen.

18
Millionen Menschen versorgt 50Hertz in Berlin und Ostdeutschland mit Strom

Anschließend fahren König und Bundespräsident schon mal vor in den 12. Stock, wo schon die Geschäftsführer deutscher und belgischer Unternehmen, wie BASF, Hafen Antwerpen, Siemens und John Cockerill darauf warten, sich mit den Staatsoberhäuptern beim Mittagessen über Wirtschaftsbeziehungen und Energiewende auszutauschen.

Königin Mathilde und Elke Büdenbender schauen sich erstmal die Reserveleitwarte des zur belgischen Elia Group gehörigen Stromübertragungsnetzbetreibers an. Interessiert erkundigt sich die Königin, wie genau die grünen, gelben und roten Leitungen, die auf der großen Tafel zu sehen sind, gemanagt werden. „Das ist das Geheimnis der Ingenieure“, lächelt der für Finanzen zuständige Geschäftsführer Marco Nix.

50Hertz betreibt mit rund 1600 Mitarbeitern das Stromübertragungsnetz im Norden und Osten Deutschlands und baut es für die Energiewende aus – mit dem Ziel, 100 Prozent Erneuerbare Energien bis zum Jahr 2032 sicher ins Netz zu integrieren. Hier geht es um die Stromversorgung von 18 Millionen Menschen, lernen die Besucherinnen, in deren Tross auch Oliver Paasch mitgekommen ist, der Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinde in Belgien.

Unser Land ist ein wichtiges Bindeglied für den Energietransit nach Deutschland.

König Philippe

Elke Büdenbender deutet auf eine Deutschland-Karte und erkundigt sich nach der Konkurrenzsituation zu anderen Unternehmen. Zufrieden nickt sie, als Nix sagt, dass alle gemeinsam in erste Linie an einer stabilen Stromversorgung für alle Nutzer arbeiten.

Rollenspezifische Damenprogramme, die sich auf den Besuch von Wohltätigkeitsprojekten beschränken, sind schon nicht längst mehr en vogue. Hier geht es darum, informiert und auf der Höhe der Zeit zu sein bei einem Thema, das beide Länder herausfordert und immer enger kooperieren lässt. Auf die ersten Damen, die sich zu ihrem eigenen Lunch nun auch in den 12. Stock begeben, wartet bereits eine hochkarätige Runde von Expertinnen, um das geplante Tischgespräch über nachhaltige Entwicklung mit neuen und exklusiven Erkenntnissen zu bereichern.

Herzstück der Staatsvisite

Unter anderem der Präsident des Naturschutzbundes in Deutschland, Jörg-Andreas Krüger, die UN-Jugend-Delegierte für nachhaltige Entwicklung, Franka Bernreiter, die für nachhaltige Entwicklung im Bundeskanzleramt zuständige Staatsministerin Sarah Ryglewski und die Meeresbiologin Antje Boetius sind geladen.

Belgien gehört energiewirtschaftlich zu den wichtigsten Partnern Deutschlands. Im Alltag ist das kein großes Thema. Aber ein glanzvoller Staatsbesuch eignet sich natürlich bestens dazu, Dinge, die zu oft als selbstverständlich betrachtet werden, ins angemessene Licht zu rücken. Auch deshalb ist der Besuch von König Philippe und Königin Mathilde bei 50Hertz in der Heidestraße gewissermaßen ein Herzstück und ein Höhepunkt der Staatsvisite.

Auch eine Stippvisite im Tunnel gehörte dazu: Das Königspaar stieg hinab in die Berliner Kabeldiagonale von 50Hertz, eine unterirdisch verlaufende Höchstspannungsleitung.

Philippe hatte zum Auftakt des Besuchs am Dienstag die gute Zusammenarbeit beider Länder beim Ausbau Erneuerbarer Energien gewürdigt. „Unser Land ist ein wichtiges Bindeglied für den Energietransit nach Deutschland“, sagte der 63-Jährige laut vorab verbreitetem Redetext im Schloss Bellevue. Belgien arbeite an der intelligenten Verteilung von sauberer Energie aus der Nordsee und habe Windkraftanlagen für 300.000 Familien an der deutschen Ostseeküste errichtet.

Festliche Zusammenkunft. Elke Büdenbender, Königin Mathilde, König Philippe und Frank-Walter-Steinmeier beim Staatsbankett im Schloss Bellevue.

© IMAGO/Photo News/IMAGO/Bert Van Den Broucke

Beim festlichen Staatsbankett im Schloss Bellevue outete der Bundespräsident sich als Belgien-Fan. Damit meine er nicht nur das europapolitische Brüssel, sagte er, wo er in seiner Zeit als Außenminister so oft gewesen sei, wie in keiner anderen nicht deutschen Stadt. Er möge auch die Kunst und Kultur, nannte unter anderem René Magritte, Dries van Noten und die Comic-Helden Spirou und Lucky Luke.

Da Frank-Walter Steinmeier bekennender Jazz-Fan ist, vergaß er nicht, Adolphe Sax zu erwähnen, jenen Belgier, der im 19. Jahrhundert das Saxophon erfunden hat und Jean-Baptiste „Toots“ Thielemans, der mit seiner Mundharmonika Weltruhm erlangt habe. Einen Toast sprach er aus auf die belgische Gelassenheit und Zuversicht, die in einer Welt der Unsicherheiten so dringend benötigt werde.

Nach dem Staatsbankett gibt es traditionell einen Gegenempfang der Gäste. Für den hatte sich die belgische Botschaft am Mittwochabend das Funkhaus in der Nalepastraße in Oberschöneweide ausgesucht. Am Donnerstag endet der Besuch in Dresden mit einem Kulturprogramm und einem gemeinsamen Bummel über den Weihnachtsmarkt.

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