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Der Gesang bleibt. Patricia Kelly mit dem Aphasiker Chor Berlin.

© Caro Hoene

30 Jahre Deutsche Schlaganfall-Hilfe: Patricia Kelly singt mit Patienten-Chor in Berlin

Von 30 Jahren gründete Liz Mohn die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Bei der Geburtstagsparty hielt First Lady Elke Büdenbender die Laudatio.

Auch Patricia Kelly hat ihren Vater Dan Kelly an den Schlaganfall verloren. Den ersten hat der Gründer der Kelly Family noch überlebt, konnte danach sogar wieder auf der Bühne auftreten und über die Chinesische Mauer spazieren. Am zweiten, zehn Jahre später, ist er dann gestorben.

Die Feier zum 30. Geburtstag der Deutschen Schlaganfall-Hilfe ist voll von derartigen Erinnerungen, traurigen, aber auch solchen, die Hoffnung machen.

Viele Prominente – darunter Verleger Florian Langenscheidt, Unternehmerin Regine Sixt, Konzernchef Arend Oetker, PR-Managerin Alexandra von Rehlingen und Rechtsanwalt Matthias Prinz – haben sich am Freitagabend in der Bertelsmann-Repräsentanz Unter den Linden versammelt, nicht nur, um zu feiern, sondern auch, um der Gründerin und Präsidentin der Stiftung, Liz Mohn, Respekt zu zollen für ihr Lebenswerk.

Alle zwei Minuten erleidet jemand in Deutschland einen Schlaganfall

Wie groß das Problem ist, unterstreicht die Frau des Bundespräsidenten, Elke Büdenbender, gleich am Anfang ihrer Laudatio. Täglich erleiden in Deutschland 740 Menschen einen Schlaganfall, alle zwei Minuten einer.

Etliche Gäste wissen, wie dramatisch sich dadurch von einer Sekunde auf die andere das ganze Leben verändert. Unter anderem der zweifache Weltmeister im Ringen, Alex Leipold, der trotz gesunder Lebensweise selbst einmal einen Schlaganfall erlitten hat, ist unter den 150 Gästen.

340
Stroke Units sind bundesweit auf die Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert.

„Nicht wenige Betroffene fühlen sich alleingelassen in einer für sie sehr bedrohlichen Zeit“, sagt Elke Büdenbender. Auch nach dem Krankenhausaufenthalt seien sie mit vielen offenen Fragen konfrontiert. Da gehe es um Therapien, Fahrdienste, den möglicherweise notwendigen Umbau der Wohnung oder um Einstufungen in eine Pflegegruppe.

Dank der Stiftung gebe es inzwischen bundesweit 35 Regionalbüros mit Anlaufstellen für Betroffene, außerdem 340 auf Schlaganfälle spezialisierte „Stroke Units“, die massiv daran mitgewirkt hätten, die Überlebensrate zu erhöhen. Liz Mohn trage maßgeblich dazu bei, die Welt besser zu machen und das Zusammenleben menschlicher zu gestalten, lobt die First Lady die Stiftungsgründerin.

Nicht wenige Betroffene fühlen sich alleingelassen in einer für sie sehr bedrohlichen Zeit.

Elke Büdenbender

Mohn ist auf das Thema gekommen, als ihr damals 15-jähriger Sohn plötzlich eine halbseitige Gesichtslähmung bekam. Sie erwies sich später zwar als Folge eines Zeckenbisses, aber da hatte die Stifterin schon einige Neurologen kennengelernt, die sie darauf aufmerksam gemacht hatten, wie wichtig es ist, über Schlaganfälle zu forschen und aufzuklären.

„Vor 32 Jahren haben wir uns mühsam Bücher zusammengesucht“, erinnert sich Patricia Kelly. Über solche Krankheiten habe man noch nicht gesprochen.

Glanzvolle Rosenbälle brachten Geld für die Stiftung

„Eine Stiftung aufzubauen, ist wie die Gründung eines Unternehmens“, erzählt Liz Mohn rückblickend. Sie fuhr damals durchs ganze Land, um die Spitzen deutscher Unternehmen auf das Thema aufmerksam zu machen. Die Repräsentanten der Berliner Gesellschaft erinnern sich noch gut an ihre glanzvollen Rosenbälle im Hotel Interconti, mit denen Mohn dringend notwendige Mittel auftrieb für die gute Sache.

Sie konnte aber auch Helfer motivieren. Heute gibt es Botschafter der Stiftung, Schlaganfallhelfer und Lotsen, die Betroffene ein Jahr nach dem Schicksalsschlag begleiten, um ihnen das Leben wieder leichter zu machen. „Was wären wir in Deutschland ohne das Ehrenamt?“, fragt Mohn.

Die beste Entscheidung ihres Lebens

Und fügt hinzu, dass die Gründung der Stiftung die beste Entscheidung ihres Lebens gewesen sei. Unterstützung fand sie früh bei ihrer Tochter Brigitte Mohn, die sie für diesen Einsatz aus New York zurückholte. Zwei Botschafter der Stiftung moderieren den Abend, Frauke Ludowig und Guido Maria Kretschmer.

Zu den Hoffnungsträgerinnen zählt Jule Köhler, die mit sechs Jahren einen Schlaganfall mit schweren Folgen erlitt und nun als 24-jährige Kunststudentin auf die Bühne tritt, um von ihrem Wunsch zu erzählen, als Kuratorin zu arbeiten.

Was wären wir in Deutschland ohne das Ehrenamt?

Liz Mohn

Die Schauspielerin Friederike Linke wollte sich in einer Selbsthilfegruppe eigentlich nur auf die Rolle einer Schlaganfall-Patientin für einen ZDF-Film vorbereiten. Dabei schloss sie Freundschaften und ließ sich schließlich selbst zur Helferin ausbilden.

Beifall für Mutmacher. Liz Mohn, Elke Büdenbender und Brigitte Mohn bei der Geburtstagsfeier für die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.

© Caro Hoene

Wie wichtig es ist, Symptome ernst zu nehmen, erzählt Moderatorin Mareile Höppner. Ihre Mutter, die immer gesund gewesen sei, habe sich einfach ins Bett gelegt, als sie sich nicht wohlfühlte. Am Ende stellte sich heraus, dass sie einen schweren Schlaganfall erlitten hatte. „Früherkennung hätte für uns vieles verändert“, sagt Höppner.

Revolutionäre Technik für den Arm

Die Mode-Unternehmerin Angela van Moll traf es vor 30 Jahren. Die Sehstörungen nahm sie zunächst nicht ernst, wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie gerade einen Schlaganfall erlitt. „Das war doch was für Alte.“ Für die Sehkraft ihres linken Auges war es zu spät, als sie schließlich anderthalb Tage später in die Klinik ging. Mit einem glamourösen Bühnenauftritt zeigt sie aber, dass man sich das Leben zurückholen kann.

Der Charité-Professor Surjo Soekadar führt mit seinem Patienten Guido Schulze eine revolutionäre Technik vor, mit deren Hilfe Patienten ihren Arm wieder steuern können.

Und Patricia Kelly legt zum Finale noch einen ganz emotionalen Auftritt hin. Alle zwei Wochen trifft sich in Wedding der Aphasiker-Chor Berlin zum Proben. Das sind Schlaganfall-Patienten, deren Sprechvermögen eingeschränkt ist, die aber trotzdem noch singen können. Gemeinsam mit diesem Chor stimmt Kelly „Amazing Grace“ und „Die Gedanken sind frei“ an. Das Lied ist nach den Worten von Chorleiter Wolfgang Böhmer eine Hymne der Patienten, die nicht mehr sagen können, was sich in ihren Köpfen abspielt.

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