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Die designierte Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU).

© imago/photothek/Florian Gaertner

Nominierte Bundesbildungsministerin: Karliczek will mit Neugier und Fragen punkten

Sie ist die Überraschungskandidatin auf Merkels Kabinettsliste. Jetzt verrät Anja Karliczek, wo sie Schwerpunkte in der Bildungspolitik setzen könnte.

„Begeisterung für die Wissenschaft ist das eine, das Aushandeln der Rahmenbedingungen, unter denen Wissenschaft gut arbeiten kann, das andere“, sagt Anja Karliczek (CDU). Die Begeisterung bringe sie mit, für die Gespräche und Verhandlungen mit den Ländern, mit Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen sieht sie sich als erfahrene Politikerin ohnehin gut gewappnet.

Fragen nach der Skepsis, die ihr als Bank- und Hotelkauffrau mit einem BWL-Diplom von der Fernuniversität in Hagen vor allem aus der Wissenschaft entgegengebracht wird, pariert Karliczek am Mittwoch im Telefonat mit dem Tagesspiegel freundlich und selbstbewusst. Dass sie von der Nominierung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel als künftige Bundesbildungs- und Forschungsministerin überrascht war, gibt Karliczek zu.

Bildung und Wissenschaft waren bislang nicht ihre politischen Schwerpunkte: Seit 2013 sitzt sie für ihren ländlichen Wahlkreis in Nordrhein-Westfalen im Bundestag, profilierte sich im Tourismus- und Finanzausschuss. Seit gut einem Jahr ist sie parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-/CSU-Fraktion im Bundestag.

Im Wahlkreis erlebt sie viele verunsicherte Menschen

Inhaltliche Fragen zum neuen Ressort will Karliczek erst beantworten, wenn sie nach einem positiven Ausgang des Mitgliederentscheids der SPD wirklich Ministerin wird. Und wenn sie sich noch besser eingearbeitet habe. Aber ein bisschen Programmatisches verrät sie dann doch.

„Mut zur Zukunft“ könnte ihre Botschaft an die Bürger sein, wenn es um Wissenschaft und Forschung geht, sagt Karliczek. In ihrem Wahlkreis erlebe sie, wie verunsichert viele Menschen sind – sei es, weil sie in extremen Wetterlagen eine kommende Klimakatastrophe erkennen oder Angst vor dem Ausgeliefertsein im Alter haben. Hier anschaulich zu machen, wo die Klimaforschung heute steht, welche Szenarien sie entwickelt oder welche sozialen Innovationen es Hochbetagten ermöglichen, in ihrem gewohnten Umfeld zu bleiben, könnte den Bürgern viele Ängste nehmen, glaubt Karliczek. „Mit meiner Neugier auf Innovationen in der Wissenschaft und mit meinen Fragen nach ihrer Alltagsrelevanz kann ich sicher auch zu einer größeren Akzeptanz von Wissenschaft beitragen.“

Bessere Verbindung von Berufsausbildung und Studium

Ein weiterer Schwerpunkt könnte die „bessere Vernetzung von Berufsausbildung und Studium werden“. Ihre Berufserfahrungen als Bank- und Hotelkauffrau hätten ihr im Studium der Betriebswirtschaftslehre sehr geholfen, sagt Karliczek. Sie höre auch immer wieder von Unternehmern, dass sie sich genau solche Nachwuchskräfte wünschten, die vor dem Studium eine Ausbildung oder ein duales Studium absolviert haben. „Den rasanten Wandel der Arbeitswelt mit den Herausforderungen der Digitalisierung können Praktiker mit einem akademischen Horizont sicher am besten bewältigen“, ist Karliczek überzeugt. Angesichts des bundesweiten Mangels an Auszubildenden und an Fachkräften in der Industrie kann sie sich vorstellen, als Bundesbildungsministerin für neue Formen der Verknüpfung von Praxis und Studium zu werben.

Doch von den Warnungen vor einer „Überakademisierung“ hält Karliczek nichts. Hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich der Grundlagenforschung und theoretischen Fragen widmen, gehörten ebenso zum Rückgrat des „Innovationslandes Deutschland“ wie Spezialisten in der angewandten Forschung.

Den "Ausgleich mit den Ländern" traut sie sich zu

Ob es nun um die Verstetigung des Hochschulpakts oder das Aushandeln des geplanten Digitalpakts für die Schulen geht: „Der Ausgleich mit den Ländern ist eine sehr praktische und politische Verhandlungssache“, sagt Karliczek – die traut sie sich zu.

Politik macht die heute 46-Jährige seit gut 20 Jahren. Damals waren ihre Kinder klein, sie war im Hotelbetrieb ihrer Eltern in leitender Funktion berufstätig – und brauchte eine verlässliche Kinderbetreuung. „Über den Kampf für Kitaplätze und Nachmittagsbetreuung in der Schule kam ich überhaupt in die Politik“, erzählt Karliczek. Hier ist sie allerdings ganz bei eher konservativen Unionspositionen: Von der gebundenen Ganztagsschule mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht hält sie nichts. „Kinder und Eltern müssen frei entscheiden können, sie wissen selber am besten, was gut für sie ist.“

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