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Der neue Twitter-Besitzer Elon Musk.

© REUTERS / Foto: Reuters/Dado Ruvic

Update

Nach Anzeigenstopp von Unternehmen: Musk droht Twitter-Werbekunden mit Bloßstellung

Twitter wird zu 90 Prozent durch Werbung finanziert. Doch viele Unternehmen drohen nach der Übernahme von Musk abzuspringen. Unterdessen werden die Massenentlassungen vorangetrieben.

| Update:

Tech-Milliardär Elon Musk hat gedroht, Werbekunden, die keine Anzeigen mehr bei Twitter schalten, öffentlich bloßzustellen.

Der neue Twitter-Besitzer reagierte mit seinem Tweet in der Nacht zum Samstag auf den Vorschlag eines rechten Lobbyisten, er solle Werbekunden nennen, „damit wir sie mit einem Gegenboykott belegen können“. Musk schrieb in seiner Antwort: „Danke. Ein thermonukleares Benennen und Schämen ist exakt das, was passieren wird, wenn das nicht aufhört.“

In den vergangenen Tagen hatten unter anderem die Volkswagen-Gruppe, der Pharmakonzern Pfizer und der Lebensmittelriese Mondelez angekündigt, Werbung bei Twitter aussetzen zu wollen. Dass Firmen sich darüber sorgen, dass ihre Anzeigen neben negativen Inhalten auftauchen könnten, ist kein neues Phänomen. Auch etwa Googles Videotochter YouTube hatte bereits damit zu kämpfen.

Musk beklagt „massiven Umsatzeinbruch“

Der neue Twitter-Besitzer Elon Musk beklagt sich über einen Umsatzeinbruch, nachdem große Unternehmen ihre Werbung beim Online-Dienst ausgesetzt haben. Musk sprach von einem „massiven Umsatzeinbruch“.

Werbung macht fast das gesamte Geschäft von Twitter aus. Für die meisten Werbetreibenden sind aber andere Plattformen wie Facebook wichtiger.

Musk machte für den nicht näher bezifferten Umsatzrückgang „Aktivistengruppen“ verantwortlich, die Druck auf Werbekunden ausübten. Dabei habe sich beim Umgang mit kontroversen Inhalten auf der Plattform nichts verändert, und man habe alles unternommen, um diese Aktivisten zufriedenzustellen, schrieb Musk auf Twitter.

Sie versuchen, die Redefreiheit in Amerika zu zerstören.

Elons Musk über „Aktivistengruppen“

Der rechte Internet-Lobbyist Mike Davis schlug daraufhin bei Twitter ein Gegenboykott der Werbekunden vor, die sich solchem Druck beugten. Davis wettert in mehreren Organisationen unter anderem gegen die „Cancel-Kultur“ und will Internet-Konzerne für die angebliche Unterdrückung konservativer Ansichten zur Verantwortung ziehen.

VW „beobachtet die Situation genau“

VW nannte als Grund die Ankündigung des Kurznachrichtendienstes, Inhalte-Richtlinien zu überarbeiten. Der VW-Konzern habe „seinen Marken empfohlen, ihre bezahlten Aktivitäten auf der Plattform bis auf Weiteres zu pausieren“, hieß es.

Ein endgültiger Werbestopp sei das nicht: „Wir beobachten die Situation genau und werden je nach Entwicklung über die nächsten Schritte entscheiden.“ Der Tesla- und SpaceX-Chef schloss in der vergangenen Woche den Kauf des sozialen Netzwerks für rund 44 Milliarden Dollar ab.

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Musk weckte die Sorgen selbst mit andauernder Kritik, Twitter schränke die Redefreiheit zu stark ein. In einem offenen Brief an die Werbekunden versprach er in der vergangenen Woche zwar, dass nicht jeder ohne Konsequenzen alles bei Twitter aussprechen dürfen werde.

Widerstand bei Nutzern gibt es zudem gegen seine Pläne, den begehrten Haken für verifizierte Accounts als Teil eines kostenpflichtigen Abos anzubieten. Musk schrieb dazu: „An alle Nörgler, beschwert Euch bitte weiter, aber es kostet acht Dollar.“ Abonnenten sollen überdies nur noch die Hälfte der sonst üblichen Werbeeinblendungen zu Gesicht bekommen. Bei Twitter wird den Nutzern Reklame als „bezahlte Tweets“ in die Timeline gespielt.

Twitter schrieb zuletzt rote Zahlen

Ein dauerhafter Rückzug großer Werbekunden wäre ein Problem für Musk. Der Dienst schrieb zuletzt rote Zahlen. Auch hatte Musk für die Übernahme Kredite von rund 13 Milliarden Dollar aufgenommen - und deren Bedienung erfordert Medienberichten zufolge mehr Geld, als das Twitter-Geschäft an freien Mitteln dafür abwirft. Schrumpfende Erlöse kämen da besonders ungelegen.

90 Prozent
des gesamten Twitter-Umsatzes werden durch Werbung erwirtschaftet.

Womöglich noch bedrohlicher für Twitters Anzeigengeschäft, das rund 90 Prozent des Umsatzes ausmacht: Auch die großen internationalen Werbekonzerne gehen auf Abstand. So soll der Branchenriese IPG, der milliardenschwere Anzeigenetats für Unternehmen wie Coca-Cola, American Express, Levi Strauss und Spotify verwaltet, Kunden bereits wenige Tage nach Musks Übernahme geraten haben, Werbung auf Twitter zu stoppen.

„Es ist noch nicht klar, wo Elon Musk steht“, sagte der Gründer der weltgrößten Werbeholding WPP, Martin Sorrell, in dieser Woche mit Blick auf die künftigen Twitter-Richtlinien. Unternehmen warteten deshalb ab. „Kunden wollen keine Konflikte, sie wollen keine Kontroversen.“

Entlassungen liefen am Freitag an

Bei Twitter hatte am Freitag der Stellenabbau nach der Übernahme begonnen. Entlassene Mitarbeiter erhielten wie angekündigt E-Mails mit der Nachricht, dass es ihr letzter Arbeitstag bei dem Unternehmen sei, wie der Finanzdienst Bloomberg meldete. Bei Twitter mehrten sich Tweets bisheriger Beschäftigter, die von ihrer Kündigung berichteten.

Wenn Sie in einem Büro oder auf dem Weg in ein Büro sind, kehren Sie bitte nach Hause zurück.

Info an entlassene Twitter-Mitarbeiter

Zuvor war den Mitarbeitern angekündigt worden, dass die Büros am Freitag geschlossen bleiben würden und alle Zugangskarten deaktiviert seien. „Wenn Sie in einem Büro oder auf dem Weg in ein Büro sind, kehren Sie bitte nach Hause zurück.“ Die Maßnahme solle die Sicherheit der Mitarbeiter sowie der Twitter-Systeme und der Nutzerdaten gewährleisten.

Der Schritt dürfte eine Vorsichtsmaßnahme sein, um eventuelle Protestaktionen Entlassener auszuschließen. Beispiellos wäre das nicht: Im November 2017 deaktivierte ein Mitarbeiter an seinem letzten Tag im Job den Twitter-Account des damaligen US-Präsidenten Donald Trump. Es dauerte rund zehn Minuten, bis das Profil wieder online war.

Unternehmensweit 3700 Jobs gestrichen

Twitter hat die Hälfte seiner Mitarbeiter laut einem Tweet des Leiters der Abteilung für Sicherheit und Integrität des Unternehmens, Yoel Roth, entlassen. Roth sagte, dass 15 Prozent seines Teams, das für die Verhinderung der Verbreitung von Fehlinformationen und schädlichen Inhalten zuständig ist, von dem Abbau betroffen sind.

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Es war die erste Bestätigung von Twitter über den Umfang der Kündigungen. „Jeder, der entlassen worden ist, wurde eine dreimonatige Abfindung angeboten“, twitterte Firmen-Chef Musk. Unternehmensweit sind etwa 3700 Mitarbeiter betroffen.

Beschäftigte in den USA reichten bereits am Donnerstag eine Sammelklage gegen Twitter ein. Sie werfen dem Unternehmen vor, die bei Massenentlassungen vorgeschriebene 60-Tages-Frist nicht eingehalten zu haben. Das verstoße gegen kalifornisches Recht und Bundesrecht.

Yoel Roth versicherte, dass die Inhalte der Tweets weiter kontrolliert werden würden. Der Hinweis soll Nutzer und Werbekunden nach der Übernahme des Unternehmens durch den Milliardär Elon Musk beruhigen. Auch Musk twitterte kurz nach Roth: „Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Twitters starkes Engagement für die Kontrolle von Inhalten bleibt absolut unverändert.“

In der Rundmail an die Mitarbeiter hieß es, der Stellenabbau sei „unglücklicherweise notwendig, um den Erfolg des Unternehmens in der Zukunft sicherzustellen“. (dpa, Reuters)

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