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Entwurf für den Bau der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) in Berlin.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wenn Politik tricksen will: Der neu-alte Streit um den Standort der Landesbibliothek ist fatal

Eigentlich stand Kreuzberg als Adresse fest, jetzt geht es offenbar wieder ums Tempelhofer Feld. In Gefahr gerät dabei: das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Demokratie.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Eine der größten Gefahren für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Glaubwürdigkeit der Demokratie kommt von den Politikern selbst. Wenn deren Handeln nicht nachvollziehbar ist, wenn sie gar in den Verdacht der Trickserei geraten, kratzt das nicht nur an ihrem persönlichen Ansehen.

Es lässt auch die Zuversicht der Menschen erodieren, es würde im öffentlichen Raum gerecht zugehen, der Wille des Volkes würde respektiert. Im neuerlichen Streit um den künftigen Standort der neuen Zentral- und Landesbibliothek ist genau das Fall.

Vor einem knappen Jahrzehnt spaltete der Meinungskampf um eine mögliche Bebauung des Tempelhofer Feldes die Öffentlichkeit. In Berlin herrschte Wohnungsmangel. Die große Freifläche des ehemaligen Flughafens regte die Phantasie der Stadtplaner, mehr noch die der Immobilien- und Bauwirtschaft an.

Die Grünfläche wurde als unbedingt erhaltenswert eingestuft

Gegen eine massive Bebauung regte sich Widerstand. Schnell war klar, dass allenfalls eine eher zurückhaltende Überplanung der Randbereiche durchsetzbar sei. Angesichts des Klimawandels wurde von den meisten Berlinerinnen und Berlinern eine so große freie Grünfläche als unbedingt erhaltens- und schützenswert eingestuft.

Dass die Betreiber eines Volksentscheids zur Freihaltung des Tempelhofer Feldes im Mai 2014 mit 65 Prozent der Stimmen eine sehr hohe Zustimmung erreichten, lag aber nicht zuletzt auch am Zorn der Berlinerinnen und Berliner über einen als unfair empfundenen Plan des damaligen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit.

Klaus Wowereit wollte den Standort Tempelhofer Feld unbedingt.

© Nassim Rad/Tagesspiegel

Der wollte unter dem als Deckmantel empfundenen Plan des Wohnungsbaus auch das von ihm vehement betriebene Projekt einer neuen Zentral- und Landesbibliothek ZLB durchsetzen. Es bestanden aber Zweifel: am Standort und an der Dimension des Bauvorhabens, dessen Kosten auf 300 Millionen Euro geschätzt wurden.

Seitdem herrschte im öffentlichen Raum Übereinstimmung, dass die neue ZLB neben der Amerika-Gedenkbibliothek in Kreuzberg entstehen solle. Also zentral, mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erreichbar. Nun aber sickern aus dem Senatsressort für Stadtentwicklung Pläne durch, die Bibliothek doch in Tempelhof, in den alten Hangars, unterzubringen.

Senator Andreas Geisel dementiert das, stärkt aber gleichzeitig Zweifel am Standort in Kreuzberg. Komplizierter Baugrund, gefährdete Bäume, Kostenexplosion auch wegen der dauernden Verschiebungen. Also nichts Neues, nichts, was man nicht auch schon vor acht Jahren wissen konnte.

Der Verdacht liegt nahe, dass die Politik auf Vergessen setzt, auf die Ermüdung des Widerstands. Aber es wird weder das eine noch das andere geben. Im Februar oder März wird in Berlin neu gewählt. Die Zeit für Quittungen kommt also.

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