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Durch den Klimawandel werden Hitzesommer weiter zunehmen. Ausreichend trinken ist dann wichtig.

© Getty Images/iStockphoto

Viel trinken, kühlen, aufeinander achtgeben: „Hitzeschutz ist Teil der Daseinsvorsorge“

Peter Bobbert, Präsident der Berliner Ärztekammer, engagiert sich im Climate Change Center. Im Interview erläutert er die Pläne für bevorstehende Hitzewellen.

Von Birgit Holthaus

Warum engagieren Sie sich im Expert:innenrat des Climate Change Center Berlin Brandenburg?
Weil der Klimawandel eine existenzielle Bedrohung für die Menschheit darstellt. Bereits heute verzeichnen wir auch in Deutschland jährlich Tausende hitzebedingte Todesfälle. Wir müssen jetzt aktiv werden und endlich etwas ändern. Das schaffen wir aber nur mit vereinten Kräften. Der interdisziplinäre Ansatz vom Climate Change Center Berlin Brandenburg hat mich daher überzeugt.

Im vergangenen Jahr waren Sie an der Entwicklung von Hitzeschutzplänen für Berlin beteiligt. Warum waren diese nötig?
Zwischen 2018 und 2020 gab es in Berlin und Brandenburg geschätzt 1400 Hitzetote. Das können wir so nicht hinnehmen – insbesondere, da wir mit einer Zunahme von Hitzesommern rechnen müssen. Deswegen wurde auf Initiative der Ärztekammer Berlin, der zuständigen Senatsverwaltung sowie KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V. im März 2022 das „Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin“ zum Schutz von Patientinnen und Patienten sowie der Bevölkerung ins Leben gerufen.

Für welche Gesundheitseinrichtungen gelten die Pläne?
Die auf der Website des „Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin“ kostenfrei angebotenen Musterhitzeschutzpläne richten sich an fünf Sektoren des Gesundheitswesens: Krankenhäuser, ambulante Praxen, Bezirksämter, stationäre Pflege und ambulante Pflege.

Was ist das Besondere an diesen Plänen?
Die Muster dienen als Grundlage für die Erstellung individueller Hitzeschutzpläne in Einrichtungen beziehungsweise Arbeitsbereichen des Berliner Gesundheitswesens. Dieses Jahr sollen Hitzeschutzmaßnahmen möglichst in große Teile der Bevölkerung getragen werden. Die Bürger:innen unserer Stadt sollen informiert werden, was konkret in Hitzeperioden zu tun ist. Wir von der Ärztekammer Berlin sind der Überzeugung, dass Hitzeschutz Teil der Daseinsvorsorge ist. Daher ist hier unseres Erachtens der neue Berliner Senat ganz besonders gefragt.

Werden wir künftig im Hochsommer mit Kühlwesten unterwegs sein?
Was wir jetzt brauchen, sind viele, manchmal auch kleine Schritte und Maßnahmen, mit denen man sich effektiv vor Hitze schützen kann. Ausreichend trinken, Räume kühl halten, auf sich und andere achten, körperliche Belastungen vermeiden und Ernährung sowie Kleidung anpassen – um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Wie werden die Pläne umgesetzt?
Die Gesundheitseinrichtungenkönnen sich die Musterpläne herunterladen und diese an ihre spezifischen Bedürfnisse anpassen. In diesem Mai werden außerdem bis zu 40 Akteur:innen aus dem Berliner Gesundheitswesen bei uns in der Ärztekammer Berlin zusammenkommen und darüber berichten, wie die Pläne in den einzelnen Einrichtungen im vergangenen Jahr umgesetzt wurden.

Gibt es noch Verbesserungsbedarf?
Selbstverständlich – den gibt es immer. Daher werden wir uns jetzt darüber austauschen, was gut und was weniger gut gelaufen ist. Uns war es wichtig, schnell ins Handeln zu kommen, denn wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.

Welchen Input erhalten Sie von den wissenschaftlichen Projekten des Climate Change Centers für den Gesundheitsbedarf?
Es ist mittlerweile unbestreitbar, dass die Menschheit seit Beginn der Industrialisierung Hauptverursacherin des Klimawandels ist. Dennoch haben viele bis heute Zweifel daran. Mit Argumenten kann man leider zu oft nicht viel erreichen. Ich hege aber die Hoffnung, dass wissenschaftliche Lösungen und insbesondere technische Innovationen die Chance bergen, auch die zweifelnden Menschen zu überzeugen und ihnen vor allem zu zeigen, dass es auch anders, dass es besser geht. Wir müssen verstehen, dass wir unsere Lebensgrundlage nicht weiter zerstören dürfen.

Im CCC-Forschungsprojekt „Heat and Health“ der Charité werden auch Erkenntnisse aus der Weltraummedizin ausgewertet; zum Beispiel mögliche Verhaltensänderungen bei Hitzewellen und wie sich Menschen an Extrembedingungen anpassen können. Ist das wirklich schon so weit gekommen?
Auch wenn die Bedingungen noch nicht so lebensfeindlich wie im Weltraum sind, sind wir sicherlich gut beraten, uns auch auf Szenarien einzustellen, die wir uns gegenwärtig noch nicht vorstellen wollen. Unsere Erfahrungen mit der Covid-19-Pandemie haben uns jedoch gelehrt, dass es besser ist, vorbereitet zu sein.

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