zum Hauptinhalt
Gegen den 1. FC Heidenheim hat Union unter Fischer zum ersten Mal fünf Niederlagen in Folge kassiert.

© Matthias Koch

Vor dem Heimspiel gegen Braga: Der 1. FC Union steht vor einer neuen Realität

Der 1. FC Union kassiert die fünfte Niederlage in Folge. Urs Fischer bezeichnet die mangelnde Effizient als Hauptursache. Doch hinter der Krise steckt noch mehr.

Von Sven Fröhlich

Die gute Nachricht lautet: Urs Fischer hat seinen Humor noch nicht verloren. „Danke nochmals für dein Buch mit persönlicher Widmung“, sagte Unions Trainer nach dem Spiel zu seinem Heidenheimer Kollegen Frank Schmidt. „Ich werde versuchen, das schnellstmöglich zu lesen. Vielleicht ist da ein Tipp dabei, wie wir aus dieser Situation herauskommen.“ Das Buch trägt den Titel „Unkaputtbar“.

Mit 0:1 hat der 1. FC Union am Samstag in Heidenheim verloren. Wettbewerbsübergreifend zum fünften Mal in Folge – ein Novum unter der Ägide von Urs Fischer. Viel Zeit zum Reflektieren bleibt nicht, bereits am Dienstag (18.45 Uhr/ Dazn) treffen die Köpenicker im ersten Champions-League-Heimspiel der Vereinsgeschichte auf Sporting Braga. In der Liga heißen die kommenden Gegner Borussia Dortmund und VfB Stuttgart, der Tabellenzweite und der Tabellenvierte.

Union belohnt sich nicht für den Aufwand

„Ja, was kannst du machen?“, fragte Urs Fischer ratlos wie rhetorisch mit Blick auf die Vorbereitung auf Dienstag. „Groß trainieren kannst du mit denen, die heute gespielt haben, nicht. Von daher werden wir auch keine Einheit haben, in der wir in Richtung Tor gehen.“ In Richtung Tor ging es für Union gegen Heidenheim zur Genüge. Nur eben nicht ins Tor. Seit 332 Pflichtspielminuten ist das Team von Urs Fischer nun schon ohne eigenen Treffer. Und allmählich scheinen die Ideen auszugehen.

Gegen Heidenheim startete Union mit drei Stürmern statt der üblichen zwei. Eine Variante, die in dieser Saison schon einige Male zum Einsatz kam. Nach dem Rückstand stellte Fischer auf Vierer- statt Dreierkette um. Aber wie man es drehte und wendete: Union wollte einfach kein Tor gelingen. Erneut hatten die Köpenicker ein deutliches Chancenplus und diesmal auch gute Anlagen in der Spielgestaltung. Doch erneut blieben die Chancen ohne Konsequenz.

Das könne zur psychischen Belastung werden, „wenn wir nicht schleunigst beginnen, uns für den Aufwand, den wir betreiben, zu belohnen“, sagte Fischer. Auch das Wort „Krise“ ist inzwischen gefallen. Er wolle nicht jammern, aber es komme aktuell viel zusammen, Sperren und Verletzte. Gerade Robin Knoche und Rani Khedira fehlen merklich. Auch das mag als Erklärung dafür herhalten, dass zudem das eigentliche Kernstück kriselt: die Defensive. „Es passt hinten und vorne nicht ganz“, sagte Kapitän Christopher Trimmel. In keinem Saisonspiel blieb Union ohne Gegentor. Eine alleinige Rechtfertigung ist das nicht.

Nach sechs Spieltagen konnte Union lediglich gegen Mainz und Darmstadt gewinnen, beide Mannschaften befinden sich mittlerweile im Abstiegskampf. Womöglich muss man sich in Köpenick also mit einer neuen Realität abfinden. Dass der stetige Höhenflug der vergangenen Jahre irgendwann ein Ende haben würde, ist nur logisch, zumal die Enttäuschung immer an der eigenen Erwartungshaltung gemessen wird. Niemand hatte damit gerechnet an der Tabellenspitze zu stehen, wie es in der vergangenen Saison zu diesem Zeitpunkt der Fall war.

Von Unruhe keine Spur

Entsprechend ruhig scheint trotz alledem auch die Stimmung beim 1. FC Union zu sein: „Wenn du eine Entwicklung mit der Mannschaft anstrebst, dann ist das auch ein Prozess, und den bekommst du nicht von heute auf morgen geändert“, sagte Fischer. Nur darf die notorische Gelassenheit auch nicht zum Sedativum werden.

In der Champions League hat Union durchaus realistische Chancen, sich als Drittplatzierter für die Europa League zu qualifizieren – dafür müssen die Spiele gegen Braga aber zwingend gewonnen werden. Denn auch wenn die vereinsinterne Priorität auf der Bundesliga liegt, sind es gerade diese Spiele, die magischen, flutlichtbeleuchteten Champions-League-Nächte, aus denen die Kehrtwende und womöglich auch ein Quäntchen Glück für das Ligageschäft geschöpft werden kann.

Mit einer Kapazität von 71.260 Plätzen – mehr als dreimal so viel wie im Stadion An der Alten Försterei – ist der Heimbereich im Olympiastadion gegen Braga ausverkauft. Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte können so viele Fans gleichzeitig ihre Mannschaft anfeuern, wenn am Dienstag, dem Tag der Deutschen Einheit, für den 1. FC Union in der Heimstätte von Hertha BSC zum ersten Mal in einem Heimspiel die Champions-League-Hymne ertönt. Für einen Sieg eigentlich zu kitschig.

Das Buch von Frank Schmidt, das nun den Nachttisch von Urs Fischer zieren dürfte, endet übrigens mit den Worten: „Wir sind noch nicht fertig“. In Köpenick würde man wohl selbiges behaupten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false