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Im Hinspiel machte Union (hier mit Christopher Trimmel) eine gute Figur, verlor aber trotzdem 0:1 gegen Neapel.

© Imago/Contrast

In der Champions League beim SSC Neapel: Urlaub vom Abstiegskampf für den 1. FC Union

In der Champions League hat Union nichts mehr zu verlieren, trotzdem bietet sich in Neapel die Chance auf ein Erfolgserlebnis. Dabei ist die Reise selbst für die Fans nicht ohne Risiko.

Der Tagesplan am Dienstag las sich fast wie ein kleiner Urlaub in dieser schwierigen Zeit beim 1. FC Union. Am Vormittag sollte zu Hause noch ein bisschen Sport getrieben werden, bevor es am Nachmittag Richtung Flughafen ging. Am Abend stand vor der Pressekonferenz noch ein kleiner Spaziergang durch das Stadio Diego Maradona an, bevor man dann im Grand Hotel Vesuvio wohl früh ins Bett gehen würde. 

In Wirklichkeit war das natürlich anders. Das vierte Champions-League-Gruppenspiel beim SSC Neapel am Mittwochabend (18.45 Uhr/Dazn) ist rein theoretisch eins der größten Spiele der Vereinsgeschichte. Zumindest was den europäischen Wettbewerb angeht, könnte es auch ein entscheidendes in dieser Saison sein. Von Urlaub kann da keine Rede sein. 

Trotzdem wirkt es noch surrealer als sonst, dass sich Union in dieser Woche auch noch mit einem der größten Namen des Kontinents messen muss. Nach zwölf Niederlagen in Folge ist die Lage in Köpenick so ernst, dass diese Europapokalabende kaum mehr zu genießen sind. Wie man in den vergangenen Wochen so oft gehört hat, geht es für Union jetzt um nichts anderes als den Abstiegskampf. 

Schon im Mai, als die Mannschaft am letzten Spieltag den vierten Platz sicherte und Köpenick noch im siebten Himmel schwebte, war das der Tenor. Die Bundesliga habe nach wie vor höchste Priorität, hieß es damals aus allen Ecken, die Champions League sei nur ein Bonus. Angesichts der jetzigen Situation – Union steht mittlerweile auf dem Relegationsplatz in der Liga – könnte man diesen Bonus sogar als nervige Nebensache wahrnehmen, als unnötige Ablenkung von der eigentlichen Aufgabe. 

Denn aus sportlicher Sicht hat die Champions League bisher nichts Gutes gebracht. Die schlimmsten Leistungen dieser Negativserie, wie jene gegen Hoffenheim und Bremen, kamen oft direkt nach einem kräftezehrenden und am Schluss auch vergeblichen Kampf auf der europäischen Bühne. Dazu kommen auch die Verletzungen: Seit dem Hinspiel gegen Neapel vor zwei Wochen muss Union etwa auf Danilho Doekhi verzichten, was die ohnehin wackelige Abwehr noch zusätzlich verunsichert hat. Der Drei-Tage-Rhythmus, den Union in der vergangenen Saison so gut gemeistert hatte, stürzt die Berliner im Moment nur noch tiefer in die Krise.

Das Weiterkommen in der Champions League ist

Und dennoch bietet das Spiel am Mittwoch auch eine Chance. „If you are not living good, travel wide“, sang einst Bob Marley. Wenn du nicht gut lebst, reise weit. Die Reise nach Neapel ist ein Stück weit auch ein Ausflug aus der aktuellen Misere des Berliner Herbsts, ein Urlaub von der nervigen Trainerdiskussion und dem Tabellendruck. 

In der Champions League hat man ja ohnehin nichts mehr zu verlieren. Ein Weiterkommen ist nach drei Niederlagen fast schon utopisch, mit einer weiteren wäre das Aus endgültig besiegelt. Auch den theoretisch noch möglichen dritten Gruppenplatz hat Union längst nicht mehr in der eigenen Hand. Druck gibt es in diesem Wettbewerb gar nicht mehr, was sich zum Teil auch schon vor zwei Wochen bei der mutigen Leistung im Olympiastadion gegen den Italienischen Meister gezeigt hat. 

In den vergangenen Tagen wurde oft gefragt, ob Unions für die Champions League zusammengestellter Kader das Zeug zum Abstiegskampf hat. Am Mittwoch haben die Spieler immerhin wieder die Chance, ihr internationales Gesicht zu zeigen. Ein Erfolgserlebnis – auch nur ein Unentschieden – wäre vor allem psychologisch noch von höchster Bedeutung. 

Und das ist vielleicht auch das Wichtigste. Denn wie Urs Fischer am Wochenende betonte, ist der Abstiegskampf sowieso „ein Marathon, nicht ein Sprint”. Gegen den Tabellenführer Bayer Leverkusen stehen die Chancen auf wichtige Ligapunkten am kommenden Sonntag sowieso eher schlecht, und danach folgt erst einmal die Länderspielpause. Was Union jetzt vor allem braucht, ist der mentale Durchbruch. Und der kann genauso gut im fußballerischen Urlaub gelingen.

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