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Viktoria Berlin begeistert sogar Gäste aus Hamburg und aus Portugal.

© imago images/Jan Huebner

Fußball-Romantik im Jahn-Sportpark: Viktoria 89 Berlin begeistert immer mehr Menschen

Spitzenreiter Viktoria kassiert gegen den Halleschen FC seine erste Niederlage. Die Mannschaft freut sich trotzdem, weil sie vor Flutlicht spielen darf.

Als zum Wochenendstart beim Heimspiel von Viktoria 89 Berlin die Stimme von Alicia Keys durch den Jahn-Sportpark schmetterte und „Big Lights Will Inspire You“ sang, war das ein symbolträchtiger Moment. Zumindest für den Park und wohl auch für den Drittligisten. Zum ersten Mal leuchtete die mobile Flutlichtanlage, die der Verein eigens für das Abendspiel gegen den Hallenschen FC organisiert hatte.

Bis zu diesem Augenblick hatte es lange gedauert: Seit zwei Jahren gab es im Jahn-Sportpark immer wieder Probleme mit den alten Flutlichtmasten und zeitweise drohten die Leuchtmittel sogar den Besucher*innen auf den Kopf zu fallen. Nun hat der Verein neue Masten gefunden, die in kommender Zeit installiert werden sollen. Bis dahin übernimmt eine mobile Anlage die Beleuchtung.

Der Abend war gleich in doppelter Hinsicht eine Premiere: Nicht nur weil die Zuschauer*innen trotz Dämmerung erkennen konnten, welcher Spieler gerade am Ball war. Sondern auch weil Aufsteiger Viktoria die erste Niederlage in dieser Saison einstecken musste. Nachdem die Berliner Eintracht Braunschweig und den 1. FC Kaiserlautern jeweils mit 4:0 abgefertigt hatten und sich gegen Viktoria Köln 2:1 hatten durchsetzen können, unterlagen sie am Freitag dem Hallenschen FC mit 0:1. Es war Viktorias erste Punktspielniederlage seit März 2020 (0:2 gegen Fürstenwalde in der Regionalliga).

Seit zwei Jahren gab es im Jahn-Sportpark immer wieder Probleme mit den alten Flutlichtmasten.
Seit zwei Jahren gab es im Jahn-Sportpark immer wieder Probleme mit den alten Flutlichtmasten.

© imago images

Trotz strahlender Sonne war die mobile Flutlichtanlage bereits vor Spielbeginn in Betrieb. Vielleicht weil sie noch warmlaufen musste; vielleicht, um die Gegner zu irritieren oder aber um zu zeigen, wie schön es „bei uns im wunderschönen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark“ ist. Letzteres schrieb der Verein auf Twitter, was angesichts der Tatsache, dass Viktoria erst seit wenigen Wochen dort spielt, etwas kurios wirkte. Ähnlich kurios war der Anblick von 2512 Zuschauer*innen in einer Kulisse, die eigentlich Platz für mehr als 19.000 Menschen bietet.

"Dass wir jetzt Viktoria haben, ist schön"

Im Blog P, wo die günstigsten Tickets für 17 Euro verkauft wurden, hatte Nicky schon eine Dreiviertelstunde vor Anpfiff Platz genommen. „Ich komme aus Südberlin, und da ist Viktoria ein Teil der Gegend. Man hat Freunde, die im Klub spielen, und dann kommt man natürlich und unterstützt die.“

Die Lage des Stadions findet Nicky zwar nicht ideal, eine Dauerkarte hat er sich trotzdem geholt. „Berlin ist eine Fußballstadt, aber wir hatten bisher nur Hertha und Union. Dass wir jetzt Viktoria haben, ist schön.“

Lukas und Nick, die einige Reihen entfernt saßen, hatten einen noch längeren Fahrtweg auf sich genommen und waren aus Hamburg angereist. „Eigentlich war der Plan, dass wir nur eine Tagestour machen, aber wir haben gesehen, dass Viktoria Berlin spielt, und wir sind so begeistert, wie sie bisher gespielt haben, dass wir mal vorbeikommen wollten“, sagte Lukas. Die bisherigen Leistungen des Vereins seien „vielversprechend“. Auch das Stadion gefällt den beiden 18-Jährigen. „Es ist mal was anderes. Zwar etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man sonst beim HSV oder St. Pauli ist, aber wir finden es cool.“

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Den längsten Fahrtweg dürfte allerdings José gehabt haben: Er war aus Portugal angereist und besuchte seine Tochter Catherine, die in Berlin wohnt. „Mein Vater kannte den Verein sogar schon vorher“, sagte Catherine. Als er gesehen habe, dass der Klub in der Woche seines Besuches spielt, hätte er sofort Tickets gekauft. „Den hier habe ich sogar schon für meine Sammlung geholt“, sagte José und deutete dabei auf seinen himmelblauen Schal, den er vor Anpfiff erstanden hatte.

Echte Fußballromantik

Die Schals schienen bei vielen Gästen gut anzukommen, einige trugen außerdem Trikots mit den Unterschriften der Spieler. Vor allem aus den Nachwuchsteams von Viktoria waren viele dabei, um das Team anzufeuern. Im Vergleich zu den mitgereisten Fans aus Halle wirkten sie aber ein wenig verloren.

Während von ihnen eher zaghafte Gesänge und vereinzelte „Jungs, ihr packt das“-Rufe ertönten, waren die Hallenser ausstaffiert mit Fahnen, Bannern und Trommeln. Bereits nach wenigen Minuten schrien sie im Chor sämtliche Anfeuerungsrufe, denen die Himmelblauen wenig entgegen zu setzen hatten. Als dann auch noch Terrence Boyd in der 28. Minute den Siegtreffer erzielte, waren sie nicht mehr zu stoppen.

Das schien sogar den Stadionsprecher zu irritieren, der mehrmals von den „Gästen aus Magdeburg“ sprach und damit reichlich Empörung auslöste. Am Ende gab es doch noch ein bisschen Fußballromantik, als es zunehmend dunkler wurde und der Mond am Rande des Stadions erschien. Fast – aber nur fast – war der Mondschein sogar noch schöner als das gleißende Licht der Flutlichtanlage.

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