zum Hauptinhalt
Ein ganz Großer hört auf: Roger Federer.

© REUTERS / USA TODAY USPW

Update

„Eine bittersüße Entscheidung“: Tennisstar Roger Federer beendet seine Karriere

Federer hat allein 20 Grand-Slam-Titel gewonnen. Der Laver Cup kommende Woche wird sein letzter Einsatz auf der ATP-Tour.

| Update:

One more year! One more year“, skandierten die Fans in Wimbledon am 7. Juli des vergangenen Jahres, als Roger Federer den Centre Court verließ. Geschlagen im Viertelfinale, gedemütigt gar von seinem polnischen Widersacher Hubert Hurkacz, der den dritten und bereits letzten Satz mit 6:0 für sich entschied.

Schon damals hatten viele Beobachter Zweifel daran, dass der große Schweizer noch einmal als Spieler an die Church Road zurückkehren würde. Er selbst ließ sich seinerzeit nicht entlocken, wie es mit ihm weitergehen könnte. Es sagte nur etwas kryptisch: „Es geht darum, eine Perspektive zu haben.“

Diese Perspektive gab es nicht mehr, auch wenn der heute 41 Jahre alte Tennisstar noch lange gehofft hatte. Nun, 14 Monate später und ohne zwischenzeitlich noch einmal ein Turniermatch bestritten zu haben, muss auch Roger Federer akzeptieren, was für ihn und seine vielen Fans so schwer zu akzeptieren ist: „Ich kenne die Möglichkeiten und Grenzen meines Körpers, und seine jüngste Botschaft an mich ist klar“, ließ der Schweizer in einer vierseitigen Rücktrittserklärung verlauten, die er am Donnerstag in den Sozialen Medien schriftlich und mündlich teilte und die binnen kürzester Zeit millionenfach gelesen oder gehört wurde.

„Ich muss erkennen, wenn es Zeit ist, meine Profi-Laufbahn zu beenden“, hieß es darin weiter und: „Mir ist ein besonderes Talent zum Tennisspielen gegeben worden. Und ich habe es auf ein Level geschafft, das ich mir nie vorgestellt habe, für viel länger, als ich es jemals für möglich hielt.“

Federer erinnerte daran, wie er als Balljunge in Basel den „Riesen“ seines Sports zuschauen durfte und wie seine Träume später wahr wurden. Die Entscheidung jetzt, sei „bittersüß“, denn er werde alles vermissen, was die Tour ihm gegeben habe.

Immerhin, einen letzten Auftritt wird Federer auf der großen Tennisbühne noch haben. Am übernächsten Wochenende verabschiedet er sich beim Laver Cup in London von Fans, Konkurrenten und Journalisten, die ihn in den vergangenen 24 Jahren bewundert, respektiert und begleitet haben und seinen Aufstieg zu einem der größten Sportler des Planeten miterlebten.

Das ist eine bittersüße Entscheidung, weil ich alles vermissen werde, das die Tour mir gegeben hat.

Roger Federer

Als talentierter, aber noch unbeherrschter Youngster tat sich der Baseler anfangs schwer, auf der Profitour Fuß zu fassen. Er, der kein Französisch sprach, landete mit 14 Jahren im nationalen Tenniszentrum der Schweiz in Ecublens – und hatte schreckliches Heimweh.

In jener Zeit war Federer noch ein Hitzkopf, der Schläger schmiss und auch sonst regelmäßig auf dem Platz ausflippte. Es gab Experten, die in jener Zeit glaubten, der junge Federer hätte nicht das Zeug dafür, sich auf der Profitour zu behaupten.

„Es ist ein trauriger Tag“, schreibt Nadal

Er sollte sie alle Lügen strafen, auch wenn es bis ins Jahr 2003 dauerte, ehe er den endgültigen Durchbruch schaffte und seinen ersten von acht Wimbledon-Titeln holte. Dazu kamen sechs Siege bei den Australian Open, fünf bei den US Open und einer in Roland Garros.

Dort, in Paris, wurde er regelmäßig von seinem größten Rivalen Rafael Nadal gestoppt, der ihn später sogar bei den Grand-Slam-Titeln überflügeln sollte. Und der zusammen mit Novak Djokovic verhinderte, dass Federer noch mehr gewann.

„Ich wünschte, dieser Tag wäre niemals gekommen. Es ist ein trauriger Tag für mich persönlich und für den gesamten Sport auf der Welt“, schrieb Nadal kurz nach Federers Rücktrittsankündigung und nannte ihn „meinen Freund und Rivalen“.

2017 hatten beide nach langen Verletzungspausen bei den Australian Open ihr Comeback gegeben und es dort zur Verblüffung aller bis ins Finale geschafft. In Melbourne siegte damals Federer, ein Jahr späte holte er an selber Stelle seinen 20. und letzten Grand-Slam-Titel.

Er war die unangefochtene Nummer eins

„Gentleman“, „Maestro“, „King Roger“ und natürlich „FedEx“ – Federer verdiente sich in seiner langen Profikarriere viele Spitznamen. Weil er so wunderbar ästhetisch den Ball schlug, sich leichtfüßig, ja beinahe wie ein Tänzer über den Platz bewegte und dabei kaum einen Tropfen Schweiß zu vergießen schien.

In seiner absoluten Hochzeit erreichte er zehn Grand-Slam-Finals in Folge, stand 23 Mal nacheinander mindestens im Halbfinale eines Majors und war trotz Nadal und Djokovic die unangefochtene Nummer eins der Tenniswelt.

Dabei blieb er bei all seinen Triumphen stets Mensch. Und ließ nie einen Zweifel daran, wie sehr er seinen Sport liebte. 2009 vergoss er nach dem verlorenen Finale der Australian Open (natürlich gegen Nadal) bittere Tränen.

Seine Emotionen, die er während der Matches gelernt hatte zu kontrollieren, holten ihn immer wieder ein und machten ihn für viele nahbar. Von Starallüren keine Spur beim Schweizer, dem der Trubel nie zu viel zu werden schien.

Der große Halt war dabei stets seine Frau Mirka, bei der er sich in seiner Abschiedserklärung mit den Worten bedankte. „Sie hat mich vor Finals aufgewärmt, hat unzählige Matches angeschaut – sogar als sie im achten Monat schwanger war und hat auch meine verrückte Seite ausgehalten in den 20 Jahren, in den wir zusammen mit dem Team unterwegs waren.“

Vier Kinder haben die Federers zusammen, sie konnten ihren Vater in dessen Spätphase sogar noch einmal selbst beim Tennisspielen zusehen.

Aber ein weiteres Jahr sollte es nach 2021 nicht mehr geben, auch wenn Roger Federer lange gebraucht hat, um das zu begreifen. Eine letzte Botschaft an das Tennis hatte er nun aber noch: „Ich liebe Dich und werde Dich nie verlassen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false