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Didier Deschamps freut sich mit Kylian Mbappé (links) und Antoine Griezmann (rechts) über den Einzug ins Halbfinale.

© AFP/ANNE-CHRISTINE POUJOULAT

Ein Team wie sein Trainer: Frankreich spielt nicht schön, aber pragmatisch

Als Fußballliebhaber tut es einem fast weh, die französische Offensive um Kylian Mbappé und Antoine Griezmann so oft ohne Ball zu sehen. Doch der Erfolg gibt Didier Deschamps recht.

Ein Kommentar von Julian Graeber

Olivier Giroud sprach aus, was viele Zuschauer dachten. „Das erinnert mich an 2018“, sagte der Schütze des Siegtores nach dem 2:1 der französischen Nationalmannschaft gegen England im Viertelfinale der WM. Der 36 Jahre alte Stürmer sprach dabei zwar über die Stimmung in der Mannschaft, die Worte waren aber auch eine treffende Beschreibung der sportlichen Situation.

Selbst nach dem hochklassigsten Spiel dieses Turniers blieb ein seltsames Gefühl zurück. Frankeich steht zwar erneut im Halbfinale, in Anbetracht des riesigen Offensivpotenzials wirken die Auftritte des Titelverteidigers aber immer noch zurückhaltend.

Welche Nation kann es schon kompensieren, wenn mit Karim Benzema und Paul Pogba zwei Ausnahmekicker ausfallen? Bei Frankreich stehen trotzdem fast nur Weltklassespieler auf dem Feld.

Schön anzusehen ist es jedenfalls nur selten, was die Mannschaft von Didier Deschamps spielt. Aber darum geht es dem Trainer auch nicht. Schon als Spieler war der heute 54-Jährige eher der Typ Pragmatiker. Der Kapitän organisierte, dirigierte und hielt den Ausnahmetalenten um Zinedine Zidane den Rücken frei – mit viel Erfolg wie die Titel bei der WM 1998 und der EM 2000 zeigten.

Als Nationaltrainer hat er seine Mannschaft seit 2012 zu einem Abbild seines Spielstils geformt, mit Stabilität als Maxime. Frankreich überlässt dem Gegner oft den Ball, lockt ihn und wartet auf Lücken. Als Fußballliebhaber tut es einem fast weh, die Offensive um Kylian Mbappé, Ousmane Dembelé, Antoine Griezman und Giroud so oft ohne Ball zu sehen, doch der Erfolg gibt Deschamps bisher recht.

Zwei Siege fehlen den Franzosen noch, um als erste Mannschaft seit Brasilien vor 60 Jahren ihren WM-Titel zu verteidigen. Eine Frage danach quittierte Deschamps nur mit einem Lächeln und typischen Trainerfloskeln. Er weiß schließlich, dass der letzte Schritt zum großen Ziel der schwerste ist. Vor einem möglichen Endspiel steht für Deschamps‘ Mannschaft aber erst einmal das Halbfinale an – und einen Gefallen wird Favoritenschreck Marokko den Franzosen bestimmt nicht tun: sich locken lassen.

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