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Schüler bei den Hausaufgaben.

© Imago/Wolterfoto/Jörn Wolter

Vier statt drei erste Klassen: Bildungsminister entscheidet in Brandenburger Grundschulstreit

Eine Sondersitzung des Bildungsausschusses wirft ein Schlaglicht auf die Arbeit der AfD im Brandenburger Landtag. Dieses Mal war das eigentliche Thema längst vom Tisch.

Es ging um eine Schule im Elbe-Elster-Kreis: An der Goethe-Grundschule Hohenleipisch-Plessa wollte das staatliche Schulamt Cottbus kurz vor Beginn der Sommerferien nur drei neue erste Klassen einrichten, obwohl den Eltern vier Klassen zugesichert worden waren. Das hätte zu einer Klassenstärke von 36 Schülern an einem Standort und deutlichen Problemen mit dem Schülerverkehr geführt. Die Grundschule im Amt Plessa hat zwei Standorte in Hohenleipisch und Plessa, die mehrere Kilometer voneinander entfernt liegen. 

Auf Antrag der AfD gab es am Freitag eine als Videokonferenz durchgeführte Sondersitzung des Bildungsausschusses zu diesem Thema: Denn die AfD verfügt als stärkste Oppositionsfraktion auch alleine über das nötige Quorum, um Sondersitzungen einberufen zu lassen. Die Hürden, ihr das zu verweigern, sind hoch – selbst wenn, wie im konkreten Fall, schon seit Mitte Juli auch der Petitionsausschuss des Landtags mit demselben Thema befasst war.

Dabei war die Arbeit des Petitionsausschusses offenbar bereits erfolgreich: Gleich zu Beginn der Sondersitzung erklärte Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD), dass das Problem der Grundschule in Elbe-Elster bereits gelöst sei. „Ich kann in der Sache keine falsche Entscheidung des Schulamtes feststellen“, sagte der Minister. „Es ist im Verwaltungsverfahren aber zu Kommunikationsschwierigkeiten gekommen, vor allem in der Kommunikation mit den Bürgern.“

Es war nicht die AfD, die das Thema auf die Agenda gesetzt hat, es waren die Bürgerinnen und Bürger, die die Petition geschrieben haben.

Kristy Augustin (CDU), Vorsitzende des  Bildungsausschusses im Brandenburger Landtag.

Es seien „Informationen nach außen gegangen“, die so nicht hätten veröffentlicht werden dürfen. „Dafür tritt das Bildungsministerium ein und hat sich in diesem Ausnahmefall trotz geringer Schülerzahl für die Vierzügigkeit entschieden“, sagte Freiberg. „Mir ist wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger in das Handeln des Staates immer Vertrauen haben können.“ Entsprechend seien auch die Bürger, die sich an den Petitionsausschuss gewandt hatten, bereits am Donnerstag informiert worden.

Warum also die Sondersitzung des Bildungsausschusses? Der bildungspolitische Sprecher der AfD, Dennis Hohloch, nahm an ihr nicht teil. Der direkt gewählte AfD-Abgeordnete aus Elbe-Elster, Peter Drenske, war zugeschaltet, meldete sich aber nicht zu Wort. Dafür bedankte sich der aus dem Urlaub in Kroatien zugeschaltete Abgeordnete der AfD, Volker Nothing, für die schnelle Entscheidung des Ministeriums. „Wir haben uns entschieden, dass die Sondersitzung einberufen wird, damit unsere Gäste mal das Rederecht bekommen“, sagte Nothing. „Ich freue mich, dass sie das Rederecht bekommen haben.“

Zugangslink illegal weitergegeben

Doch die zur Sitzung eingeladene Vertreterin der Elterninitiative aus Hohenleipisch-Plessa meldete sich in der Sondersitzung gar nicht zu Wort. Dafür gab es einen Eklat, als im Chat der Abgeordneten nach Aussage der Ausschussvorsitzenden Kristy Augustin (CDU) plötzlich eine Frage des AfD-Kreistagsabgeordneten Matthias Lensch auftauchte: Denn der Zugangslink zu den Videokonferenzen des Landtags darf nicht an nicht-eingeladene Dritte weitergegeben werden. Lensch hätte zwar dem öffentlichen Stream auf der Landtagswebsite zuschauen, den Zugangslink aber nicht haben dürfen.

Immerhin nutzte der Amtsdirektor von Plessa, Göran Schley, die Sitzung, um das eigentliche Sachproblem noch einmal zu benennen: „Ein Träger darf nicht erst drei Tage vor Ferienbeginn wissen, wie viele Züge seine Schule hat.“ Noch im April habe sein Amt ein Schreiben bekommen, das von einer vierzügigen Grundschule ausging. Hier müsse es verlässlichere Regelungen geben.

AfD will von Petition nichts gewusst haben

„Ich glaube, es hätte ausgereicht, wenn sich der Petitionsausschuss damit befasst hätte“, sagte dennoch Petra Budke (Bündnis 90/Die Grünen). Das sah Lars Schieske (AfD) anders: „Aufgrund medialen Drucks ist es überhaupt erst zu Bewegung gekommen“, sagte der AfD-Abgeordnete. „Auch unsere Anmeldung dieser Sondersitzung hat ja letztlich erst dazu geführt, dass alle Akteure dieses Problem beheben.“ Außerdem hätten die Mitglieder der AfD im Petitionsausschuss von der Petition gar nichts erfahren.

Doch Kristy Augustin, die auch Mitglied im Petitionsausschuss ist, betonte mehrfach das schnelle Handeln des für Bürgeranliegen zuständigen Gremiums. Man habe dem Bildungsministerium eine Frist zur Stellungnahme bis zum 26. Juli gesetzt. Diese sei eingehalten worden. „Wenn die Mitglieder der AfD im Petitionsausschuss von der Petition nichts wissen, sollten sie einmal in die App des Ausschusses gucken: Dort war die Petition für alle Mitglieder abrufbar“, sagte Augustin.

Ihr Fazit nach der Sitzung? „Es war nicht die AfD, die das Thema auf die Agenda gesetzt hat, es waren die Bürgerinnen und Bürger, die die Petition geschrieben haben“, sagte Augustin. Der Petitionsausschuss habe sich damit beschäftigt, und das habe zu einem Ergebnis geführt. „Es war gut, dass wir noch einmal die Arbeit dieses Gremiums darstellen konnten“, sagte Augustin. „Unter dem Strich war die Sondersitzung aber nur ein Versuch der Selbstdarstellung der AfD – denn das eigentliche Thema war ja schon erledigt.“

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