zum Hauptinhalt
ARCHIV - 01.07.2023, Berlin: Eine Frau hält ihre Hände vor das Gesicht. (zu dpa «24 Jahre nach Mord an junger Mutter: Ehemann in U-Haft») (Gestellte Szene) Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Fabian Sommer

Häusliche Gewalt : Brandenburg setzt auf Fußfessel und Aufenthaltsverbot für Gefährder

Nach monatelangen Beratungen hat der Landtag ein Gesetz beschlossen, mit dem häusliche Gewalt eingedämmt werden soll. Die Rechte der Polizei werden dafür stark ausgeweitet, was die Linke in Teilen für verfassungswidrig hält.

Frauen sollen in Brandenburg besser vor häuslicher Gewalt geschützt, potenzielle Täter effektiver überwacht werden. Der Potsdamer Landtag verabschiedete am Mittwoch ein vom Innenministerium erarbeitetes Gesetz, das der Polizei mehr Möglichkeiten zur Verhinderung von Straftaten einräumt. So kann in Hochrisikofällen für potenzielle Sexual- und Gewaltstraftäter das Tragen einer elektronischen Fußfessel verhängt werden. Außerdem sollen mit der technischen Aufenthaltsüberwachung Nachstellungen verhindert und Kontakt-, Näherungs- und Rückkehrverbote kontrolliert werden.

Die Verabschiedung des Gesetzentwurfes sei „ein wichtiger Meilenstein im Kampf gegen häusliche Gewalt in Brandenburg“, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU). „Nicht das potenzielle Opfer muss sein Verhalten ändern, sondern der Gefährder“, so Stübgen. Er hoffe, dass das Gesetz dazu beitrage, die Fallzahlen häuslicher Gewalt in Brandenburg zu senken.

2023 zählte die Polizei in Brandenburg laut Ministerium 6325 Fälle häuslicher Gewalt, ein Anstieg um 8,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Etwa zwei Drittel der Fälle der häuslichen Gewalt waren Körperverletzungen. Diese stiegen im Jahr 2023 um 6,3 Prozent auf 4284 Fälle an. Auch Bedrohungen stiegen um 7,8 Prozent auf 938 Fälle. Gewaltkriminalität gegen Frauen ist im Vergleich zum Vorjahr um 12,4 Prozent auf 1425 Fälle angestiegen.

Wohnungsverweisung und Aufenthaltsverbot bei Gefahr

Das „Gesetz zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ sieht weitere Maßnahmen vor, für die das Polizeigesetz entsprechend angepasst und verschärft wird. So kann künftig eine Wohnungsverweisung und ein Rückkehrverbot bei konkreten Gefahren von maximal zwei Wochen verordnet werden, bisher waren nur zehn Tage möglich. Potenzielle Täter können nun auch der Wohnung verwiesen werden, wenn sie alkoholisiert sind. Dieses Aufenthaltsverbot ist auch mit Bußgeldern versehen.

Täter können außerdem zu Gewaltpräventionsberatungen verpflichtet werden. In Zukunft kann die Polizei auch anstelle der bloßen Beratung durch Polizeibeamte vor Ort eine Kontaktaufnahme durch eine Beratungsstelle veranlassen, „damit das Opfer sich in der Einsatzsituation keinem psychischen Zwang durch den Täter vor Ort ausgesetzt fühlt“, so das Innenministerium. Zudem soll der Informationsaustausch verschiedener Institutionen und Behörden über Gefährdungsfälle erleichtert werden.

Jede dritte Frau in Deutschland werde mindestens einmal im Leben Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt, sagte der Landtagsabgeordnete der Grünen, Heiner Klemp. „Die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen stellen den schnellstmöglichen Schutz der von Gewalt betroffenen Person sicher, lange bevor durch ein Gericht Maßnahmen verhängt werden können“, so Klemp.

Kein Einsatz von Bodycams

Die Grünen in der Kenia-Koalition hatten weitere Polizeibefugnisse in dem Gesetzentwurf abgelehnt. Zunächst war auch der Einsatz von Bodycams in Wohnungen vorgesehen gewesen. Aktuell streiten CDU und Grüne wie berichtet über ein Kinderschutzgesetz, das der Polizei Rechte wie die Telekommunikationsüberwachung auf Verdacht einräumen soll.

„Dieses Gesetz ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Gesellschaft, die Gewalt nicht toleriert und in der Opfer Unterstützung und Schutz finden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Ludwig Scheetz.

Forderung nach mehr Schutzeinrichtungen

Die Linke-Innenpolitikerin Marlen Block, die auch Vorsitzende des Innenausschusses ist, hält schnellere anwaltliche und psychologische oder sozialpädagogische Hilfe für nötig. Außerdem müsse es genügend Frauenschutzeinrichtungen in allen Landkreisen geben, sagte sie. „Dazu trägt aber der vorliegende Gesetzentwurf nicht bei.“ Die Linke stimmte gegen den Gesetzentwurf, den sie in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig hält. Unter dem Deckmantel des Schutzes von Kindern und Frauen versuche der Innenminister, aus Sicht der Linken unzulässige polizeiliche Befugnisse zu schaffen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false