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Mit einem Maßband misst eine Hebamme in ihrer Praxis den Symphysen-Fundus-Abstand bei einer schwangeren Frau.

© dpa/Annette Riedl

Geburtshilfe in Brandenburg : Ein Drittel aller Hebammen geht in den kommenden Jahren in Rente

In den kommenden zehn Jahren wird etwa ein Drittel der Hebammen in Brandenburg in Rente gehen. Für die Sicherung einer guten Versorgung müssen Arbeitsbedingungen verbessert werden.

Ein Drittel aller Brandenburger Hebammen geht in den nächsten zehn Jahren in Rente. Das ergab das „Hebammengutachten Brandenburg“, das das Berliner IGES-Institut im Auftrag des Potsdamer Gesundheitsministeriums erarbeitet hat. „Die Versorgung mit Hebammenhilfe besonders im ländlichen Raum zu stabilisieren und auszubauen, ist mir ein wichtiges Anliegen“, sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne).

Als Medizinerin, Mutter und Großmutter sei ihr die Bedeutung der Hebammen sehr bewusst. Deren Zahl ist in den letzten Jahren gewachsen: In Brandenburg sind derzeit 601 Hebammen beruflich aktiv. 503 davon sind freiberuflich tätig. Das ist aus Sicht von Nonnemacher auch ein Erfolg des Landes. Seit August 2020 unterstützt die Brandenburger Kenia-Koalition mit bis zu 250.000 Euro pro Jahr Hebammen bei der Ausbildung, bei Fortbildungen und der Gründung einer eigenen Praxis.

Bis Ende 2022 wurden so 41 neue Hebammenpraxen und zwei Geburtshäuser gegründet. Derzeit sind 14 weitere Praxen und ein Geburtshaus in Gründung befindlich. „Mindestens 50 Prozent der neuen Hebammen gehen dorthin, wo sie am dringendsten gebraucht werden: In dünnbesiedelte Regionen und Kleinstädte“, sagt Nonnemacher.

Sollten weitere Geburtsstationen schließen, würde sich die Erreichbarkeit dieser Stationen gerade in der Peripherie deutlich verschlechtern

 Dr. Monika Sander, Mitautorin des Hebammengutachten Brandenburg

Doch gerade im berlinfernen Raum geht die Zahl der Krankenhäuser mit Geburtshilfestationen zurück: Während im aktuellen Krankenhausplan des Landes noch 25 Kliniken eine Geburtsstation aufweisen, sind davon nur noch 22 in Betrieb. Die Kreißsäle in Rathenow, Templin und Eisenhüttenstadt sind derzeit geschlossen. Insgesamt fanden 2022 in den damals noch 24 geöffneten Geburtskliniken nur 13.659 Geburten statt. In elf dieser Kliniken wurden weniger als 500 Geburten registriert.

„Im Berliner Umland ist die Erreichbarkeit einer Geburtsstation für werdende Mütter noch sehr gut“, sagt eine der Autorinnen des Gutachtens, Dr. Monika Sander. „Sollten allerdings weitere Geburtsstationen schließen, würde sich die Erreichbarkeit dieser Stationen gerade in der Peripherie deutlich verschlechtern.“

Hebammen leiden unter hoher Arbeitsbelastung

Auswirkungen hätte das auch auf die Ausbildung junger Hebammen: Schon heute sind nur 18 von 36 Studienplätzen des Studiengangs für Hebammenkunde an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg besetzt. Denn es fehlt an Praktikumsplätzen für die Nachwuchskräfte. „Wir schreiben vor, dass man in der Ausbildung 40 Geburten begleiten muss“, sagt Nonnemacher. Das würde die Zahl der Plätze, die in manchen Kliniken zur Verfügung stehen, erheblich limitieren.

Gleichzeitig klagen die im Arbeitsleben stehenden Hebammen über eine hohe Arbeitsbelastung. Rund zwei Drittel aller Hebammen arbeitet mehr als gewünscht. In der klinischen Geburtshilfe ergab die Studie, dass ein Drittel aller dort tätigen Hebammen mehr als 20 Überstunden pro Woche leistet. Und knapp die Hälfte der freiberuflichen Hebammen will ihre Arbeitszeit deutlich reduzieren. Schon heute finden deswegen vielerorts keine Rückbildungskurse mehr statt.

Und auch andere Angebote werden von den Hebammen eingeschränkt. Eine angemessene Vergütung und eine Reduktion der pro Hebamme zu betreuenden Zahl der Gebärenden wären angemessene Gegenmaßnahmen, sagte Sander. „Künftig werden gute Arbeitsbedingungen inklusive einer auskömmlichen Bezahlung, eine gezielte Personalgewinnung und neue Kooperationsmodelle eine wichtige Rolle spielen“, sagte Nonnemacher.

In den Kliniken werde vor allem ein „gutes, kooperatives Miteinander zwischen angestellten und freiberuflichen Hebammen, der Gynäkologie und der Pädiatrie“ benötigt, damit die Hebammenversorgung auch weiterhin funktionieren kann.

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