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Innenminister Michael Stübgen (CDU) bei der Vereidigung angehender Polizeibeamter. Künftig sollen sie wie Staatsdiener aller Berufsgruppen vorher auf extremistische Tendenzen überprüft werden.

© picture alliance/dpa/Paul Zinken

Extremismus-Check für Beamte: Brandenburg will Verfassungstreue prüfen

Ob Polizisten, Lehrer oder Richter: Künftig sollen vor der Aufnahme in den Staatsdienst angehende Beamte auf ihre Verfassungstreue geprüft werden. Die Pläne der Brandenburger Kenia-Koalition nehmen auch bereits Verbeamtete in den Blick.

Extremisten soll es in Brandenburg erschwert werden, in den Staatsdienst zu gelangen. Vor ihrer Verbeamtung werden angehende Staatsdiener künftig standardmäßig daraufhin überprüft, ob sie fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Die Regierungskoalition aus SPD, CDU und Grünen einigte sich nach harten, langwierigen Debatten auf die Einführung eines bundesweit in der Form einmaligen Verfassungstreue-Checks. Der Dienstherr stellt künftig vor der Einstellung eine Anfrage an den Verfassungsschutz. Dieser übermittelt, falls vorhanden, Erkenntnisse über die Person, die er aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Social-Media-Auftritten gewonnen wurden. Verdeckte Informationen von V-Leuten oder aus Abhörmaßnahmen dürfen hingegen nicht genutzt werden.

4000
Extremisten jedweder Couleur sind dem Verfassungsschutz in Brandenburg bekannt

„Noch nie zuvor war die Situation in Brandenburg hinsichtlich Extremismus so gefährlich wie heute“, sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Jan Redmann, am Dienstag in Potsdam bei einer gemeinsamen Vorstellung des Gesetzentwurfes. Insgesamt mehr als 4000 Extremisten verschiedenster Couleur seien dem Landesverfassungsschutz bekannt, etwa die Hälfte davon seien Rechtsextremisten. Vor allem diese verfolgten Unterwanderungsstrategien. Der Verfassungstreue-Check, der im April im Landtag beschlossen werden soll, sorge dafür, „dass die Menschen sicher sein können, wenn sie mit Beamten zu tun haben, dass diese auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“, so Redmann. Bislang habe es bei den Einstellungsbehörden ein Erkenntnisproblem gegeben, das man hiermit löse.

Check auch für Lehrer und Richter

Strittig war, für welche Berufsgruppen die Überprüfung gelten soll. Nun ist klar: alle. „Wir wollen keine Lex Waffenträger“, sagte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Daniel Keller. Unter anderem die Gewerkschaft der Polizei hatte davor gewarnt, nur Polizisten zu checken und so zu brandmarken. Rechtsextremisten riefen gezielt dazu auf, soziale Berufe zu ergreifen, um Kinder und Jugendliche mit ihren Thesen zu infiltrieren, so Keller. „Wir hatten mehrere Vorfälle an Schulen, die zeigen: Wir müssen auch Lehrkräfte überprüfen“, betont auch Grünen-Fraktionschefin Petra Budke.

Neben dem Brandbrief zweier Lehrer aus Burg, die auf rechtsextremistische Vorfälle an ihrer Schule aufmerksam machten, sorgte vor allem der vom Tagesspiegel öffentlich gemachte Fall einer Grundschul-Referendarin für Aufsehen, die verkleidet und unter falschem Namen für das rechtsextremistische Compact-Magazin moderierte. Der Verfassungsschutz hatte das Bildungsministerium darüber in Kenntnis gesetzt – eine Reaktion blieb lange aus. Routinemäßig auffallen würde die Frau auch künftig erst kurz vor der Verbeamtung: Lehramtsanwärter unterliegen wegen des Rechts auf Ausbildung noch nicht dem Check.

Auch bei Richtern folgt der Test zu einem späteren Zeitpunkt. In Brandenburg werden diese vom Richterwahlausschuss gewählt, dem unter anderem Abgeordnete und Anwälte angehören. Das Gremium soll die Verfassungsschutzinformationen nicht bekommen, erläutert der Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Benjamin Raschke. Vor der endgültigen Einstellung frage dann das Justizministerium die Erkenntnisse bei der Behörde ab.

Ob Bewerber verbeamtet werden, entscheide ausschließlich der jeweilige Dienstherr und nicht der Verfassungsschutz, so die Koalition. Auch müssen Kandidaten über die Prüfung informiert werden. Beamte, die sich im späteren Berufsleben radikalisieren, sollen durch eine Änderung im Disziplinarrecht leichter belangt, Bezüge schneller gestrichen werden können. Die Koalition plant zudem, das Verfassungsschutzgesetz zu ändern, damit die Behörde Finanzströme rechtsextremer Netzwerke besser kontrollieren kann. Bislang waren Finanzermittlungen nur dann möglich, wenn ein Gewaltbezug nachzuweisen war. Diese Beschränkung sei nicht mehr zeitgemäß, so Innenminister Michael Stübgen (CDU).

Die Opposition lehnt die Pläne weitgehend ab

Linksfraktionschef Sebastian Walter nannte den Treue-Check „billige PR“. Es bestehe die Gefahr, dass er nicht nur Rechtsextremisten treffe, sondern auch Organisationen, die weit davon entfernt seien, die Verfassung infrage zu stellen. Die AfD-Abgeordnete Lena Kotré sprach von einem „knallharter Eingriff in die Berufsfreiheit“. Das Vorgehen sei grundsätzlich richtig, sagte Freie-Wähler-Chef Péter Vida. Es fehle aber an ausreichender Aufklärung über die Arbeit des Verfassungsschutzes.

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