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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht auf einer Bürger- und Diskussionsveranstaltung der SPD-Landtagsfraktion Brandenburg. Am selben Abend fand der Auftakt zu 18 Diskussionsveranstaltung in ganz Brandenburg statt. Foto: Patrick Pleul/dpa

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Update

Diskussionstour der Brandenburger SPD: Woidke spricht in Forst mit protestierenden Bauern

Mit lautem Hupen begrüßten Landwirte den Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke in Forst. Dort fand am Dienstag der Auftakt der Diskussiontour der SPD-Fraktion statt.

Von Silke Nauschütz, dpa

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Er habe immer richtig prognostiziert, mit wie viel Prozent Dietmar Woidke die Wahlen gewinnen werde, sagt Heinz Wolff. Der Mann mit der roten Jacke, der in Forst (Spree-Neiße) wohnt, gibt sich als Nachbar des SPD-Chefs und Ministerpräsidenten zu erkennen.

Wolff ist einer von etwa 120 Menschen im überfüllten Raum des Kompetenzzentrums der Stadt, in dem am Dienstagabend der Auftakt für die insgesamt 18 Diskussionsveranstaltungen der SPD-Fraktion stattfindet. Zum Start ist Forst vielleicht ein Ort, an dem die derzeitigen Umfragewerte nicht so wehtun. Die Stimmung ist gut.

SPD sorgt sich um Rolle als stärkste Kraft

Dabei bangen die seit 33 Jahren in Brandenburg regierenden Sozialdemokraten angesichts hoher Umfragewerte für die AfD und Vorsprung für die CDU in den Umfragen um ihre Rolle als stärkste Kraft in Parlament und Regierung. Woidke hat angekündigt, dass er als Spitzenkandidat der SPD wieder um das Amt des Ministerpräsidenten kämpfen will. Die Wahlen zur Landesliste sind im April.

Als der SPD-Chef kommt, muss er viele Hände schütteln, in der Lausitzer Stadt ist er groß geworden, hat dort die Oberschule besucht, ist einer von ihnen. „Ich bin froh, dass ich zu Hause bin“, sagt er dann auch zum Publikum. Für Woidke, der zwischen Potsdam und Forst pendelt, ist es ein Heimspiel. Bekannte und Weggefährten sind da, auch seine Frau, die er kurz umarmt. Sie sei gekommen, um ihren Mann mal zu sehen, sagt Susanne Woidke.

Landwirte wollen mit Woidke reden

Ein paar Landwirte sind zur Veranstaltung gekommen - als Abordnung ihrer Kollegen, wie es scheint. Mit lautem Hupen waren zahlreiche Bauern zuvor mit ihren Traktoren am Gebäude vorbeigefahren, hatten dann auf die Ankunft des Regierungschefs gewartet, um mit ihm zu reden. Auf Transparenten an ihren Landmaschinen war unter anderem zu lesen: „Gesetze und Regeln ohne Verstand! Erst stirbt der Bauer, dann das Land“ oder „Ohne Kampf kein Mampf“.

Vor der Veranstaltung sprach Woidke mit Landwirten.

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Woidke habe mehrfach gesagt, dass er dafür sei, dass die geplante Streichung von Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel zurückgenommen werde. „Wir wollen ihn heute beim Wort nehmen“, sagt ein Landwirt stellvertretend für seine Kollegen, die sich vor dem Veranstaltungsgebäude postiert hatten.

Land unterstützt Agrarbranche auch weiter

Woidke nimmt sich Zeit für die Bauern und verkündet dann eine Nachricht, die die Landwirte erst einmal positiv aufnehmen. Das Kabinett habe am Dienstag weitere Maßnahmen zur Entlastung der Agrarbranche beschlossen, erklärt er. So werde die Ausgleichszulage über das Jahr 2025 verlängert. Das bedeute einen Zuschlag von insgesamt 30 Millionen Euro für die Landwirtschaftsbetriebe ab 2025.

Als Unterstützung für schwache Böden, wie es sie in Brandenburg vielfach gibt. Auch das Blühstreifenprogramm solle über 2026 hinaus fortgesetzt werden - „ein guter Kompromiss zwischen Umweltschutz, Naturschutz und Landwirtschaft, der nicht zulasten der Bauern geht“, sagt der SPD-Politiker.

Und was ist mit der Rücknahme der geplanten Streichung von Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel? Woidke verspricht, die Landwirte bei ihrer Forderung auch weiterhin zu unterstützen. Zudem werde er mit dem Bauernverband in sechs Wochen wieder zusammensitzen und über Bürokratieabbau zu reden. Der meiste Teil der Regelungen dazu komme allerdings von Bund oder EU, schränkt er ein.

Bei insgesamt 18 Diskussionsveranstaltungen will die SPD-Fraktion mit Bürgern ins Gespräch kommen.

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Vertrauen sei verloren gegangen bei den Landwirten, die langfristig planen müssten, räumt SPD-Fraktionschef Daniel Keller mit Blick auf die Maßnahmen des Bundes ein. Als Land werde man versuchen, verlässlich zu sein, sagt er und zählt gemeinsam mit Woidke die Erfolge der vergangenen Jahre im Land auf: Mit sechs Prozent Wirtschaftswachstum sei Brandenburg führend unter den Bundesländern, es gebe mehr Sicherheit im Land durch eine Aufstockung der Polizeistellen, die Einigung auf einen zweiten Standort für die Landesschule und Technische Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz (LSTE) und im Brandenburg-Paket seien Mittel zur Unterstützung von Familien, Kommunen, Kliniken und Wirtschaft.

Sorge um Gesundheitsversorgung

Doch dann kommen schwierige Fragen, auf die auch die SPD-Politiker keine einfachen Antworten haben. Die Gesundheitsversorgung abseits der großen Städte bewegt einige. Ein Mann aus Guben sorgt sich um eine schnelle Versorgung bei einer akuten Erkrankung, eine Forsterin berichtet über die Unmöglichkeit, einen Augenarzt zu finden. SPD-Chef Woidke verweist auf die künftige Medizinerausbildung in Senftenberg und das Carl-Thiem-Klinikum, welches in Cottbus Universitätskrankenhaus werden soll.

Am Ende sei die Krankenhausreform auch eine Diskussion über Qualität, sagt SPD-Fraktionschef Keller. „Unsere Aufgabe muss sein, dass wir hier genau schauen: Wie können wir die Reform (...) so begleiten, dass wir in den Versorgungsregionen eben keine qualitative Verschlechterung haben, sondern eine Verbesserung.“ Und das der Bund das auskömmlich finanziere. Das Land investiere jährlich 200 Millionen Euro in die Krankenhäuser.

Der Geschäftsführer der Lausitz Klinik in Forst, Hans-Ulrich Schmidt spricht das fehlende Personal an und wird deutlich. Eine „Durststrecke“ von bis zu zwölf Jahren müsse überbrückt werden, sagt er. „Wir haben ein eklatantes Fachkräfteproblem.“ In Forst gibt es eine Schule für Pflegeberufe. Dort lernen auch Auszubildende aus Vietnam, Polen und Brasilien.

Andere Teilnehmer berichten, dass Auszubildende Schwierigkeiten hätten, ihre Lehrbetriebe zu erreichen, weil die Verkehrsanbindung so schlecht sei - ein weiteres Thema, für das die Zeit beim Diskussionsabend nicht mehr ausreicht. Er endet mit einem Hupen der Landwirte, das wie ein Warnruf in die Nacht schallt. In den nächsten Tagen geht es für Keller und Woidke nach Pritzwalk, Beelitz und Cottbus. Am 6. Mai endet die Bilanz-Tour in Potsdam. (dpa)

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