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Robert Habecks Gesetz ist noch immer nicht beschlossen.

© Imago/Jens Schicke

Von Bundesrat bis Bundesverfassungsgericht: Hier könnte das Heizungsgesetz noch scheitern

In einer Woche soll der Bundestag final über das Heizungsgesetz abstimmen, doch noch immer liegt kein Gesetzestext vor. Ein CDU-Abgeordneter klagt nun – nicht die einzige Hürde.

Irgendwo im Bundeswirtschaftsministerium, das früher einmal Invalidenhaus und Militärkrankenhaus war, sitzen seit Dienstag wohl fast rund um die Uhr mehrere Beamte und versuchen eine Operation am offenen Herzen. Ihr Patient: das Heizungsgesetz.

Seit Monaten wird über dieses Gebäudeenergiegesetz (GEG), wie es formal korrekt heißt, in der Öffentlichkeit und in der Ampel gestritten, doch nun muss es ganz schnell gehen. Nach der Einigung der Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und FDP bleiben den Juristen im Haus von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nur wenige Tage, um die mehr als 170 Seiten Gesetzestext grundlegend umzuschreiben.

„Das kann eigentlich nur schiefgehen“, sagt eine frühere Mitarbeiterin eines Ministeriums. In der Hektik können Fehler passieren, denn wird ein Gesetz geändert, sind davon häufig auch ganz andere Gesetze betroffen. Regelmäßig werden im Bundestag hastig zusammengezimmerte Gesetze später nochmal novelliert, zuletzt wurde das zweite Reparaturgesetz für die Strom- und Gaspreisbremse beschlossen.

Doch die Ampel will das Heizungsgesetz unbedingt vor der Sommerpause verabschieden. Zu schwer lastet der Druck auf der Koalition, zudem soll das Gesetz nicht in die wichtigen Landtagswahlkämpfe in Bayern und Hessen getragen werden. Doch es bleiben Hürden.

1. Der Bundestag

Bis drei Uhr Nacht hatten die Fraktionsvorsitzenden der Ampel-Parteien in der Nacht auf Dienstag gerungen, ehe es zum Handschlag kam. Doch bis auf eine schwammige Pressemitteilung sind die Details der Einigung noch unklar. Es kursieren jedoch mehrere Hintergrundpapiere von SPD, Grünen und FDP, in denen die Erfolge der jeweiligen Parteien betont werden.

Wer sie genau studiert und sich umhört, stellt fest, dass es durchaus noch offene Punkte gibt. Etwa die Frage, welche Heizungen in Zukunft gefördert werden. Die Grünen betonen, es sei nicht möglich, Subventionen für Gasheizungen zu erhalten. FDP und auch Stimmen aus der SPD betonen jedoch, dass auch sogenannte Hybridheizungen, die nur zum kleinen Teil mit Gas beheizt werden, unter die Förderung fallen.

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Unklarheit herrscht zudem bei der Ausgestaltung der verpflichtenden Beratungsgespräche, die vor dem Kauf einer fossile Brennstoffe nutzenden Heizung erfolgen müssen. Die Liberalen wollen offenbar, dass auch die Händler von Öl- und Gasheizungen ein solches Gespräch über Kosten und Risiken führen dürfen. Grüne und SPD sehen darin einen Interessenskonflikt.

Dass sich die Ampel nochmal inhaltlich noch einmal zerlegt, scheint unwahrscheinlich. „Wir werden die Änderungsanträge genau prüfen“, heißt es im Papier der FDP. Am Freitag, so heißt es, soll nun endlich der Text vorliegen. Ausgang offen.

2. Das Bundesverfassungsgericht

Thomas Heilmann sitzt in einem Büroraum mit Blick auf das Reichstagsgebäude und sorgt sich um seine Rechte als Abgeordneter. „Mit parlamentarischer Demokratie hat das nichts mehr zu tun“, sagt der CDU-Abgeordnete über das Verfahren beim Heizungsgesetz.

Es wäre noch locker Zeit, das Gesetz im September zu beschließen.

CDU-Politiker Thomas Heilmann

Über das Wochenende sollen sich Abgeordnete, Verbände und Experten auf die Anhörung am Montag im Ausschuss für Klima und Energie vorbereiten. Nur drei Tage später soll der Bundestag dann schon final abstimmen. Für den früheren Justizsenator von Berlin eine Verletzung von Artikel 76 des Grundgesetzes.

Heilmann hat deshalb ein Organstreitverfahren beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingeleitet und einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung gestellt, um das Heizungsgesetz zu stoppen. Er will er erreichen, dass Abgeordnete 14 Tage vor finalen Abstimmungen die Gesetzestexte erhalten. „Ich möchte eine Grundsatzentscheidung“, sagt Heilmann.

Thomas Heilmann zieht vor das Bundesverfassungsgericht.
Thomas Heilmann zieht vor das Bundesverfassungsgericht.

© Cornelia Woerster

Schon in den Merkel-Jahren sei das Tempo der Gesetzgebung „bedenklich“ gewesen. Bei der Eurorettung oder den Corona-Maßnahmen habe aber ein größerer Handlungsdruck bestanden als jetzt. „Es wäre noch locker Zeit, das Gesetz im September zu beschließen“, sagt Heilmann.

Sein Vorgehen sei „die Aktion von Herrn Heilmann“, betont eine Fraktionssprecherin. Heilmann wiederum behauptet, er habe große Unterstützung aus seiner Fraktion erhalten. Er handle jedoch nicht im Auftrag von Parteichef Friedrich Merz.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, verteidigte hingegen das Verfahren: „Wir haben an jeder Stelle ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren mit ausreichend Beratungszeit sichergestellt“, sagte sie dem Tagesspiegel. Es sei sogar noch eine zweite Anhörung beschlossen worden, um eine fachliche Erörterung zu vertiefen. „Es ist ganz normale Praxis und Aufgabe des Parlaments, dass im parlamentarischen Verfahren Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen der Bundesregierung beraten werden“, sagte Mihalic.

3. Der Bundesrat

Auch der Bundesrat muss sich noch mit dem Heizungsgesetz befassen. Verhindern kann das Gremium das Einspruchsgesetz nicht, aber verzögern. Und auch hier gibt es große Verärgerung über das Vorgehen der Ampel. Denn mal wieder soll ein Gesetz mit Fristverkürzung von den Ländern abgestimmt werden.

Ob die Länder dem zustimmen, ist jedoch noch unklar. Im Ständigen Beirat, in dem die Bevollmächtigten der 16 Länder sitzen, wird darüber abgestimmt. Eigentlich sind die CDU-geführten Länder in der Mehrheit, doch manche brauchen für ihr Votum die Rückendeckung des Koalitionspartners – und das sind häufig Grüne oder SPD.

Doch auch in den Rot- und Grün-regierten Ländern ist der Unmut groß: „Die Bundesregierung kann das nicht einfach verordnen“, sagte Peter Tschentscher (SPD), Hamburgs Erster Bürgermeister, zuletzt der „FAZ“. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte, beim GEG komme es auf ein paar Monate nicht an.

Sollte sich der Bundesrat der Bitte der Ampel tatsächlich verweigern, blieben immerhin noch zwei Möglichkeiten. Eine Sondersitzung in der Sommerpause oder eine sogenannte „Kampfzustellung“. Damit könnte der Bundestag den Bundesrat zu einer Behandlung zwingen. Ein Vorgang, der äußerst selten vorkommt, hinter den Kulissen jedoch ernsthaft diskutiert wird.

Der Streit der Institutionen helfe am Ende jedoch nur der AfD, heißt es selbst von Gegnern des Heizungsgesetzes. Trotz allen Ärgers könnte die Operation am offenen Herzen noch gelingen.

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