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Grünen-Chefin Ricarda Lang mit dem bayerischen Wahlkämpfer Ludwig Hartmann.

© dpa/Daniel Karmann

„So ein Zirkus“: Der Frust der Grünen-Wahlkämpfer über die Ampel wächst

Erst das Heizungsgesetz, dann der Ärger um die Kindergrundsicherung. Der Dauerstreit in Berlin lähmt den Wahlkampf der Grünen in Bayern und Hessen. Unmut wird laut.

Tarek Al-Wazir platzt der Kragen: „So einen Zirkus haben Sie mit mir in Hessen noch nie erlebt“, schimpft der hessische Wirtschaftsminister am Donnerstagmorgen in die Phoenix-Kamera über die Performance der Ampel, zu der auch seine grünen Parteifreunde gehören.

Deren Zusammenspiel mit SPD und FDP im Bund gefällt Al-Wazir überhaupt nicht: „Wenn man versucht, gegeneinander zu regieren, dann hat das keinen Erfolg“, sagt er unverhohlen genervt. „Ich hoffe, dass die Ampel im Bund jetzt die Kurve gekriegt hat.“

Denn was sich in Berlin abspielt, hat Auswirkungen bis nach Hessen, wo Tarek Al-Wazir schon zum sechsten Mal als Spitzenkandidat seiner Partei antritt, um zum bundesweit zweiten Ministerpräsidenten der Grünen nach Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg gewählt zu werden.

Doch der Dauerstreit um das Heizungsgesetz, die Asylpolitik und zuletzt die Kindergrundsicherung sowie das Wachstumschancengesetz haben seine Aussichten massiv verschlechtert. In Umfragen sind die Grünen in Hessen von 22 auf 18 Prozent abgesackt, die CDU scheint weit enteilt.

Für die Grünen droht damit der 8. Oktober ein enttäuschender Tag zu werden. Denn nicht nur in Hessen könnten sie ihr Wahlziel verfehlen, auch in Bayern, wo am selben Tag gewählt wird, sieht es nicht gut aus.

Die Messe ist noch nicht gelesen, alles ist offen.

Ricarda Lang, Grünen-Parteichefin

In einigen Umfragen macht inzwischen die AfD den Grünen den zweiten Platz hinter der CSU streitig. Vor allem fehlt der Partei eine Machtoption, da Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und seine CSU Schwarz-Grün per Beschluss ausgeschlossen haben.

Grünen-Parteichefin Ricarda Lang verbreitet am Donnerstag dennoch Optimismus: „Die Messe ist noch nicht gelesen, alles ist offen.“ Gemeinsam mit ihrem Co-Vorsitzenden Omid Nouripour und dem restlichen Bundesvorstand der Grünen ist sie am Donnerstag und Freitag extra nach Nürnberg gekommen, um dort die Vorstandsklausur abzuhalten – und ein wenig Aufmerksamkeit für die bayerischen Grünen herzustellen.

Durch die Causa Hubert Aiwanger hoffen die Grünen auf einen Wendepunkt im bislang erfolglosen Wahlkampf. Weil der Chef der Freien Wähler wegen eines antisemitischen Flugblatts aus seiner Jugendzeit in der Kritik steht, müsse Söder nun entscheiden, ob er eine Koalition der bürgerlichen Werte wolle, sagt Lang. „Oder Teil einer Landesregierung sein will, die keinen Kompass hat, wenn es um Rechtspopulismus geht.“

Söder als Hoffnungsträger für die Grünen? Zufrieden kann die Partei mit dieser Ausgangslage nicht sein. Auch die Parteispitze scheint mit der Ampel-Bilanz nicht zufrieden. In einem Beschlusspapier fordern die Grünen von der Bundesregierung einen Brückenstrompreis, Bürokratieabbau, ein Tarifbindungsgesetz und mehr Investitionen in die Schiene.

„Derzeit wird deutlich, dass diese Potenziale nicht ausreichend zur Entfaltung kommen können“, heißt es in dem Papier über die wirtschaftliche Lage. „Es entsteht die Sorge vor Stagnation.“ Eine Beschreibung, die auch auf die Grünen zuzutreffen scheint.

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