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Wer vertritt Berlin künftig im Länderrund des Bundesrats?

© dpa/Kay Nietfeld

Bekommt Berlin eine schwarz-rote Koalition?: So könnte sich die Macht im Bundesrat verschieben

Eine Koalition von CDU und SPD in der Hauptstadt würde die Veto-Position der Union in der Länderkammer dauerhaft verstärken. Doch was wäre die Alternative?

In Berlin bahnt sich möglicherweise an, was schon als Auslaufmodell in der deutschen Politik gegolten hat. Es könnte eine „Groko“ geben, ein schwarz-rotes Bündnis. Union und SPD zusammen – dieses Bündnis hatte die deutsche Politik vor allem in der Ära der Kanzlerin Angela Merkel bestimmt. Drei Regierungen mit den Sozialdemokraten führte die CDU-Politikerin nach 2005, zuletzt von 2017 bis 2021.

Mittlerweile ist Schwarz-Rot (oder Rot-Schwarz) auch in den Ländern wieder „out“. Es gibt keine „Groko“ mehr in Deutschland. Die CDU bevorzugt inzwischen die Grünen als Partner, zuletzt fanden sich beide Parteien in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zusammen. In Niedersachsen und Hamburg wiederum verbanden sich die Sozialdemokraten mit den Grünen.

Ansonsten herrschen Trio-Formationen vor – Kenia, Deutschland, Ampel und Dreierbündnisse unter Einschluss der Linken. Im Bundesrat regiert die Koalitionsvielfalt.

Mehrheit bei 35 Stimmen

Und nun also das Retro-Projekt Schwarz-Rot in Berlin? Schon werden Folgen beschworen. Sollte sich Franziska Giffey mit Kai Wegner einlassen, dann wäre es das Ende eines Traums – dem vom Ende der schwarzen Blockadeposition im Bundesrat.

Aktuell hat die Union „Zugriff“ auf 39 Bundesratsstimmen. Die Mehrheit liegt bei 35 Stimmen. Somit können CDU und CSU alle Gesetze der Ampel-Koalition im Bund blockieren, denen der Bundesrat zustimmen muss. Zuletzt war das beim Whistleblower-Gesetz der Fall. Nur sogenannte Einspruchsgesetze kommen ungehindert durch.

4
Stimmen hat Berlin im Bundesrat.

Kämen CDU und SPD in der Bundeshauptstadt in einer Regierung zusammen, würde diese Position der Union noch gestärkt. Die vier Berliner Stimmen kämen zu den 39 hinzu, es wären somit 43.

Damit wäre allerdings eines nicht mehr möglich, was bisher unter Umständen zum politischen Kalkül im Ampel-Lager gehört: dass die Veto-Position der Union verschwindet, wenn nach der Landtagswahl im Oktober in Hessen sich dort eine Ampel-Koalition bildet.

Denn dann würden der Union die fünf Hessen-Stimmen fehlen, sie könnte nur noch über 34 Bundesratsstimmen mit verfügen. Wenn’s denn keine Regierungsbeteiligung der CDU in Berlin gibt.

Allerdings würde die Ablösung der CDU in Hessen nach immerhin 24 Jahren an der Regierung durch eine Ampel (oder auch Rot-Grün, wer weiß) nicht bedeuten, dass die Bundes-Ampel dann eine eigene Mehrheit im Bundesrat hätte. Sie hat aktuell nur 16 sichere Länderstimmen im Bundesrat. Mit Hessen wären es 21.

Mehr Macht für die Linke?

Käme es in Berlin dagegen wieder zu Rot-Grün-Rot, wie sähe es dann aus? Die Linke kann aktuell über ihre Koalitionsbeteiligungen über 14 Bundesratsstimmen mit verfügen. Käme es zu einer Ampel in Hessen, wäre also gerade die 35-Stimmen-Mehrheit erreicht.

Aber dann wäre die Bundesregierung eben von der Linkspartei abhängig, einer Oppositionspartei im Bund. Das würde das Regieren zweifellos in einigen Fällen einfacher machen. In anderen aber nicht. FDP-Projekte vor allem wären wohl schwerer durchzubekommen.

Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten: Kai Wegner (CDU) und Franziska Giffey (SPD).

© dpa/Annette Riedl

Doch ist es im Bundesrats-Geschäft gerade wegen der etwas unübersichtlichen Koalitionsvielfalt so, dass SPD und Union weiterhin ihr altes Groko-Verhältnis pflegen. Sie dominieren nach wie vor das Bund-Länder-Geschäft. CDU, CSU und SPD stellen weiterhin die deutliche Mehrheit der Regierungschefs in den Ländern.

Aus diesem Grund ist auch die Ministerpräsidentenkonferenz in den vergangenen Jahren als Regierungsinstrument immer wichtiger geworden. Verständigungen auf dieser Ebene (ausgehend von oder unter Einschluss der Bundespolitik) werden – sozusagen als Chefsache – in die Länderkoalitionen weitergereicht. Grüne und FDP können dann entscheiden, wie sie damit umgehen.

Von dieser Warte her gesehen wäre Schwarz-Rot in Berlin eine durchaus plausible Lösung mit Blick auf den Bundesrat. Wegner und Giffey (die das Bund-Länder-Geschäft gut kennt) wären ein Duo, das möglicherweise über den meist geringen Berliner Einfluss hinaus Akzente setzen oder jedenfalls Vorteile für den Stadtstaat erreichen könnte.

Und eines verbindet die Ampel-Parteien mit der Union: Sie alle haben kein Interesse daran, der Linken eine bessere Bühne zu bieten. Man regiert zur Not mit ihnen auf Landesebene. Aber als Mitentscheider auf Bundesebene will sie niemand haben.

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