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Keine Mehrheit für die Ampel: Das Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern ist im Bundesrat vorerst gescheitert.

© dpa/Wolfgang Kumm

Union lässt Ampel im Bundesrat auflaufen: Whistleblower-Gesetz vorerst gescheitert

Die Koalition will Hinweisgeber besser schützen. Der Union ist das Gesetz zu wenig wirtschaftsfreundlich. Sie verlangt ein Vermittlungsverfahren. Hat sie sich verkalkuliert?

„Whistleblower sind mutige Menschen, daher ist es richtig, sie besser zu schützen.“ So hat es der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU) am Freitag im Bundesrat formuliert. Aber er fügte hinzu, es sei genauso richtig, dabei das Maß zu wahren. Und weil die Union der Meinung ist, dass das Gesetz der Ampel-Koalition über das Ziel hinausschießt, hat es in der Länderkammer für das Hinweisgeber-Schutz-Gesetz keine Mehrheit gegeben.

Mit dem Vorhaben soll es leichter werden, Fälle von Betrug, Korruption oder Missbrauch in Unternehmen oder der öffentlichen Verwaltung ans Licht zu bringen.

Die Bundesregierung oder der Bundestag müssen nun überlegen, ob sie den Vermittlungsausschuss anrufen, um das Gesetz zu retten. Die zweite Möglichkeit deutete am Freitag der Grünen-Rechtspolitiker Till Steffen an. Es werde in der Koalition nun besprochen, „dass wir den Gesetzentwurf inhaltsgleich in einer nicht zustimmungspflichtigen Form erneut in den Bundestag einbringen werden“. Die Ablehnung im Bundesrat werde „ein Pyrrhussieg für die Union bleiben.“

Nicht jeder Whistleblower führt Gutes im Schilde.

Roman Poseck, hessischer Justizminister (CDU) 

CDU und CSU wollen vor allem Interessen der Wirtschaft durchsetzen. Dabei ist das Vorhaben eilbedürftig. Mit dem Ampel-Gesetz wird eine EU-Richtlinie umgesetzt, was schon Ende 2021 hätte geschehen sollen. Doch die schwarz-rote Vorgängerregierung hatte sich nicht einigen können. Die Ampel brauchte nun ebenfalls längere Zeit für die Vorlage, obwohl ein EU-Vertragsverletzungsverfahren angelaufen ist. Was auch daran liegt, dass das deutsche Gesetz über die EU-Vorgaben hinausgeht.

Und das missfällt der Union. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs sei „enorm“, kritisierte der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Das sei weder erforderlich noch leistbar, gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen. Das Gesetz zielt zwar auch auf die öffentliche Verwaltung, doch nicht zuletzt soll es dazu dienen, dass Menschen, die auf Missstände oder gar Straftaten in Unternehmen hinweisen, besseren Schutz erhalten. Dazu gehört auch, ihnen anonyme Wege für die Anzeigen zu eröffnen. Genutzt werden können interne wie externe Meldewege.

Dass das Gesetz schon für Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten gelten soll, akzeptiert die Union zwar. Doch Poseck nannte vier Punkte, an denen die Union in einem Vermittlungsverfahren ansetzen will. So hält sie es nicht für geboten, dass neben strafbaren Handlungen auch Ordnungswidrigkeiten angezeigt werden können.

Anonyme Meldung unverhältnismäßig?

Anonyme Meldekanäle hält Poseck für unverhältnismäßig – technisch aufwändig für die Unternehmen und zudem anfällig für missbräuchliche Anzeigen. „Nicht jeder Whistleblower führt Gutes im Schilde“, sagte der CDU-Politiker. Auch die Verlagerung der Beweislast auf Unternehmen gefällt der Union nicht. Und schließlich ist ihr die Geldbuße in Höhe von 20.000 Euro zu hoch, die denen droht, die das Gesetz nicht anwenden.

Eisenreich warf der Koalition vor, mit dem Gesetz verstoße sie auch gegen das eigene Belastungsmoratorium vom vergangenen September, mit dem SPD, Grüne und FDP unverhältnismäßige Bürokratielasten für die Wirtschaft in der Energiekrise vermeiden will.

Wie der Grünen-Politiker Steffen sagte, wolle die Koalition ohne Änderungen an dem Gesetz festhalten. Die Neufassung, gegen das der Bundesrat dann nur noch Einspruch einlegen könnte (wofür die Union nicht genügend Länderstimmen mobilisieren kann), solle so schnell wie möglich in den Bundestag eingebracht werden.

Andererseits hofft man in der Union, dass auch die FDP ein Interesse daran hat, das Gesetz in einem Vermittlungsverfahren wirtschaftsfreundlicher zu gestalten, weil ihr das im internen Verfahren in der Koalition nicht gelungen ist.  

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