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Angela Merkel

© AFP/TOBIAS SCHWARZ

Lange Leidenszeit unter Merkel: Eine Juniorpartnerschaft mit der CDU weckt ein altes Trauma bei der SPD

Die Erinnerung an die Juniorpartnerschaft mit Angela Merkel verschreckt viele Genossen. Trotzdem stützen sie nun Franziska Giffeys Entscheidung.

Ein Kommentar von Hans Monath

Über ihre Regierungsoptionen können und müssen die Berliner Sozialdemokraten alleine entscheiden. Aber die Rückendeckung von Kanzler Olaf Scholz sowie den SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil für Franziska Giffey nach dem blamablen Wahlausgang stärkte ihre Autorität. Auch deshalb war es der Spitzenkandidatin möglich, weiter die Landes-SPD zu führen und von der rot-grün-roten Option abzurücken.

Die noch regierende Bürgermeisterin hatte mit der Rückendeckung ihrer Bundespartei schon am Tag nach der Wahl im Willy-Brandt-Haus eine „Veränderungsagenda“ präsentiert, die mit dem Versprechen einer neuen Verkehrs-, Wohnungsbau- und Sicherheitspolitik von den Vorstellungen ihrer alten Regierungspartner denkbar weit entfernt war.

Es stimmt, dass der Gedanke an eine Juniorpartnerschaft mit der CDU in der Hauptstadt an ein großes Trauma der Sozialdemokraten rührt, nämlich an die lange Zeit ihres Leidens unter Angela Merkel. Der Verzicht auf das Rote Rathaus schmerzt auch Genossen außerhalb von Berlin, ein weiterer CDU-Ministerpräsident kann zudem die Gewichte im Bundesrat verschieben.

Doch an der Spitze der Bundespartei überwog die Befürchtung, wonach eine Neuauflage der abgestraften Koalition mit Grünen und Linkspartei kaum überzeugende Ergebnisse liefern, die eigene Regierung im Bund belasten und die Hauptstadt-SPD demnächst auf 15 Prozent schrumpfen könnte. Da scheint selbst die Juniorpartnerschaft die bessere Option.

Eines aber sollten die Parteichefs Esken und Klingbeil nicht ignorieren: Dass der in Berlin bestens verdrahtete Generalsekretär Kevin Kühnert alten linken Reflexen erlag und intern offenbar auf eigene Rechnung für die Fortsetzung des gescheiterten rot-grün-roten Bündnisses warb, wirft kein gutes Licht auf seine Loyalität und auch kein gutes Licht auf die Handlungsfähigkeit der SPD-Spitze.

Womöglich wäre da noch eine Grundsatzfrage zu klären, bevor zu neuen komplizierten Fragen wieder widersprüchliche Signale aus dem Willy-Brandt-Haus kommen.

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