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Gefährliche Überfahrt. Flüchtlinge versuchen, in einem Boot vom türkischen Festland zur griechischen Insel Lesbos zu gelangen.

© Reuters/Alkis Konstantinidis

Reform des EU-Asylsystems: Faeser hofft auf den großen Durchbruch – woran dieser aber scheitern könnte

Die Innenministerin strebt einen EU-Kompromiss an, der zur Senkung der Asylbewerberzahlen beitragen soll. Doch eine Einigung in der kommenden Woche ist unsicher.

Nancy Faeser (SPD) setzt für die kommende Woche auf einen Durchbruch auf EU-Ebene bei den seit Jahren andauernden Verhandlungen über die Reform des europäischen Asylsystems. Davon erhofft sich die Innenministerin, die als SPD-Spitzenkandidatin bei den hessischen Landtagswahlen im Oktober antritt, eine Lösung zur Senkung der Asylbewerberzahlen –und politischen Rückenwind. Doch das Vorhaben könnte scheitern.

Noch in der vergangenen Woche hatte Faeser das bevorstehende Treffen der EU-Innenminister am 8. und 9. Juni, bei dem ein neuer Anlauf für die EU-Asylreform genommen werden soll, als „sehr wichtig“ bezeichnet. Allerdings hieß es am Mittwoch aus EU-Kommissionskreisen, dass möglicherweise nach der kommenden Woche noch eine weitere Verhandlungsrunde nötig sein könne. Auch ein Scheitern der Verhandlungen sei denkbar.

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Wie es aus den Kreisen weiter hieß, bemüht sich der gegenwärtige schwedische EU-Vorsitz mit Hochdruck um eine Verhandlungslösung. Allerdings sehe es gegenwärtig nicht danach aus, dass die EU-Innenminister in der kommenden Woche bei ihrem Treffen in Luxemburg nur noch letzte offene Fragen klären müssten. Für Diskussionen unter den EU-Mitgliedstaaten sorgt unter anderem weiter die Frage einer Umverteilung von Flüchtlingen in der Gemeinschaft.

Wenn aber am 8. und 9. Juni unter den 27 EU-Mitgliedstaaten kein Durchbruch gelinge, drohe der gesamte Fahrplan für die Reform ins Rutschen zu geraten, hieß es weiter. Das Zeitfenster schließt sich spätestens Anfang des kommenden Jahres, weil die gegenwärtige EU-Legislaturperiode mit der Europawahl im Juni 2024 endet.

Als möglicher Unsicherheitsfaktor gelten auch die bevorstehenden Wahlen in Spanien und Griechenland. Nach einer Schlappe seiner sozialistischen Partei PSOE bei den jüngsten Regionalwahlen hatte Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez das Parlament aufgelöst und für den 23. Juli Neuwahlen angesetzt. Die Neuwahlen fallen auf EU-Ebene in einen kritischen Zeitraum, denn Madrid übernimmt Anfang Juli den halbjährigen EU-Vorsitz.

Spanien spielt ebenso wie Griechenland eine zentrale Rolle, wenn es um das Gelingen der Reform des EU-Asylsystems geht. Beide Länder dürften ihre Zustimmung davon abhängig machen, inwieweit sie bei einer begrenzten EU-weiten Verteilung von Flüchtlingen entlastet werden.

In Griechenland steht wegen der gescheiterten Regierungsbildung nach der Parlamentswahl vor eineinhalb Wochen am 25. Juni eine Neuwahl an. Mit Blick auf ein mögliches politisches Vakuum in Athen hieß es aus der EU-Kommission, dass die bevorstehende Neuwahl wohl nichts am harten Kurs des Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis zur Senkung der Flüchtlingszahlen ändern werde.

Dann wird nicht über einen Schutz entschieden, sondern schnellstmöglichst abgeschoben.

Markus Schopp, Sprecher der Grünen-Landesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht in Berlin, zu den Plänen von Ministerin Faeser

Um einem möglichen Kompromiss beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg den Weg zu ebnen, hatte Faeser Ende April verkündet, dass die Ampel-Koalition Asylverfahren an den EU-Außengrenzen zustimme. Bei den Grünen wächst inzwischen die Kritik an diesem Vorhaben.

Nach den Worten von Markus Schopp, des Sprechers der Grünen-Landesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht in Berlin, laufen die von Faeser angestrebten Asylverfahren an den EU-Außengrenzen faktisch auf die „Abschaffung des Zugangs zum Recht auf Asyl“ hinaus.

Die geplanten Grenzverfahren sähen im ersten Schritt eine sogenannte Zulässigkeitsprüfung vor. Demnach könnten Asylgesuche aus zahlreichen Gründen ohne Prüfung der Asylgründe als unzulässig abgelehnt werden, etwa wenn Menschen aus einem angeblich sicheren Drittstaat kommen, so Schopp. „Dann wird nicht über einen Schutz entschieden, sondern schnellstmöglich abgeschoben.“

Nicht nur auf der Berliner Landesebene gibt es bei den Grünen Kritik an der angestrebten EU-Lösung. Bedenken äußerten auch die Landesverbände aus Niedersachsen und Bayern. Zuletzt lehnten zudem die Grünen in Bremen Ende Mai die geplanten Verfahren ab. Die Begründung: Die derzeit auf EU-Ebene diskutierte Asylverfahrens-Verordnung sehe „Grenzverfahren unter Haftbedingungen“ vor. 

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