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Der große Verlierer der Wahlnacht: Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez und seine Sozialdemokraten.

© AFP/PIERRE-PHILIPPE MARCOU

Regionalwahlen in Spanien: Premier Sánchez ruft nach Klatsche Neuwahlen aus

Sánchez’ Sozialdemokraten haben die Regionalwahlen deutlich verloren. Jetzt hat der Regierungschef die Parlamentswahlen auf Juli vorgezogen. Die Konservativen hoffen auf einen erneuten Sieg.

Von Juan F. Álvarez Moreno

„Presidente, Presidente“, rufen seine Anhänger, als der konservative Parteichef Alberto Núñez Feijóo auf dem Balkon der Parteizentrale in Madrid erscheint. Feijóo lächelt in die Fernsehkameras und hält den Daumen hoch.

Seiner Partei ist ein klarer Wahlsieg gelungen, „Presidente“ ist er aber noch nicht. „Eine neue politische Zeit hat in Spanien begonnen“, ruft Feijóo der Menge zu.

Die Kommunal- und Regionalwahlen hat Feijóo überraschend deutlich gewonnen, nun will er Spaniens Ministerpräsident werden. „Genießt diese Nacht, denn morgen beginnt die Arbeit für die Parlamentswahl.“

„Die Strategie der Konservativen hat funktioniert“

Spaniens sozialdemokratische Partei PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez hat am vergangenen Sonntag klar gegen Feijóos konservative Volkspartei PP verloren. Daraufhin hat Sánchez am Montagvormittag überraschend vorgezogene Wahlen für den 23. Juli angekündigt.

Noch am Nachmittag wolle er mit Spaniens König Felipe sprechen und das Parlament auflösen: „Es ist besser, wenn sich die Spanier schnell über den politischen Kurs im Land äußern können“, sagte Sánchez in einer Fernsehansprache.

Für ihn war das Wahlergebnis eine persönliche Niederlage: Der Ministerpräsident hatte sich aktiv in den Wahlkampf eingemischt, versprach jede Woche neue Sozial-Maßnahmen.

3,5
Prozent beträgt der Vorsprung der Konservativen bei den Kommunalwahlen

Die Regionalwahlen galten als Stimmungstest für die ursprünglich im Dezember geplante Parlamentswahl. Sánchez regiert seit fünf Jahren in Spanien, doch nun droht seine Amtszeit, vorzeitig zu enden.

Die Konservativen landeten bei den landesweiten Kommunalwahlen 3,5 Prozentpunkte vor den Sozialdemokraten und konnten viele Provinzhauptstädte für sich entscheiden. In keiner der zehn größten Städte konnten die Sozialdemokraten stärkste Kraft werden – vor vier Jahren hatten sie die Wahl noch mit einem Vorsprung von sieben Prozent gewonnen.

Es gab viele Proteststimmen gegen die Zentralregierung.

Daniel V. Guisado, Politologe und Wahlexperte

Siegen konnte die PP zudem in vielen bisher sozialdemokratisch regierten Regionen, die etwa den deutschen Bundesländern entsprechen.

„Die Strategie der Konservativen, die Wahl zur Abstimmung über Sánchez und seine Zentralregierung zu machen, hat funktioniert“, analysiert der Politologe und Wahlexperte Daniel V. Guisado gegenüber dem Tagesspiegel.

„Es gab viele Proteststimmen gegen die Zentralregierung“, so Guisado. Die Wähler hätten selbst beliebte Kandidaten der Sozialdemokraten abgestraft – als Denkzettel für Ministerpräsident Sánchez.

Zudem habe in der Vergangenheit fast immer der Sieger der Kommunal- und Regionalwahlen auch die darauffolgende Parlamentswahl gewonnen, so der Politologe: „Ein Machtwechsel zugunsten der PP ist nach dieser Wahl viel wahrscheinlicher geworden.“

Koalition nur mit Rechtspopulisten

Doch nicht nur die Sozialdemokraten stehen geschwächt da: Schuld an der Wahlniederlage der Regierungskoalition ist auch das schlechte Ergebnis und die Zersplitterung der linken Parteien, mit denen die Sozialdemokraten bisher zusammengearbeitet haben.

Die bisher stärkste von ihnen, Podemos, sei „nahe dem politischen Tod“, sagt Politologe Guisado.

Nun stehen Feijóos Konservative vor der Entscheidung, ob sie mit den Rechtspopulisten von Vox paktieren. Sei es in – von den Rechten geduldeten – Minderheitsregierungen oder sogar als Koalition.

Wir werden entscheidend sein, um die Linke aus der Regierung zu vertreiben

Ignacio Garriga, Generalsekretär der rechtspopulistischen Partei Vox

In seiner Rede gab sich Feijóo moderat: Seine PP sei eine Partei der Mitte. Dabei sind große Koalitionen aus Sozialdemokraten und Konservativen in Spanien ein politisches No-Go. Der PP bleibt also gar kein anderer Koalitionspartner als Vox.

Zudem haben die Rechtspopulisten ihr Ergebnis verdoppelt und sind drittstärkste Kraft geworden. „Wir werden entscheidend sein, um die Linke aus der Regierung zu vertreiben“, machte Vox-Generalsekretär Ignacio Garriga am Wahlabend klar.

Sieben Wochen statt wie geplant sieben Monate hat das linke Lager noch, um das Ergebnis bei der vorgezogenen Parlamentswahl zu drehen und eine Koalition aus PP und Vox in Madrid zu verhindern. „Es wird wirklich schwierig für sie“, sagt der Politologe Guisado. Möglich sei das nur, wenn alle Parteien links von der PSOE als gemeinsame Liste antreten würden.

Trotz aller Kritik erwartet er aber nicht, dass Sánchez so kurz vor der Wahl noch als Spitzenkandidat ausgetauscht wird. „Das wäre ein Schuss ins Knie für die Sozialdemokraten“, so Guisado.

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