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Verkündete als Erste die Absicht, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen: AfD-Fraktions- und Parteichefin Alice Weidel.

© IMAGO/Bernd Elmenthaler/IMAGO/Bernd Elmenthaler

Pläne der AfD: „Die Ankündigung einer Kanzlerkandidatur ist ein taktisches Manöver“

Der Anspruch der Rechtsaußenpartei, ins Rennen ums Kanzleramt einzusteigen, wirft Fragen auf: Geht es um mehr als den Versuch, Aufmerksamkeit zu erregen?

Werden die Deutschen im Bundestagswahlkampf 2025 die Spitzenkandidaten der stärksten Parteien statt im Format eines TV-Triells im Format eines TV-Quartetts streiten sehen? Die Kandidaten von SPD, Union und Grünen galten bislang als gesetzt. Doch nach der Ankündigung der AfD, eine Kanzlerkandidatin oder einen Kanzlerkandidaten aufzustellen, meldet die Rechtsaußen-Partei Ansprüche auf Medienaufmerksamkeit an.

„Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass die AfD aufgrund ihrer Umfragewerte zu den Wahlsendungen und Talk-Shows eingeladen wird“, sagte der persönliche Pressesprecher von Fraktions- und Parteichefin Alice Weidel, Daniel Tapp, dem Tagesspiegel. Im vergangenen Bundestagswahlkampf seien nämlich die Umfragewerte der Maßstab für die Beteiligung der Parteien an den TV-Triell-Sendungen gewesen. Gegenwärtig berechnen Demoskopen für die AfD Werte zwischen 18 und 19 Prozent.

Die Idee, dass Frau Wagenknecht als Kanzlerkandidatin für die AfD zur Verfügung stehen könnte, ist komplett absurd.

Mitarbeiterin des Büros von Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht

Kritische Beobachter der Partei sehen ein Kalkül hinter der Bekanntgabe: „Die Ankündigung einer Kanzlerkandidatur zum jetzigen Zeitpunkt ist ein taktisches Manöver, um den Anspruch der Regierungsfähigkeit zu unterschreiben“, urteilt der Rechtsextremismusexperte Matthias Quent, Direktor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena.

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Wer könnte die Kandidatin oder der Kandidat werden? 

Dabei spekuliere die Partei vor allem auf die öffentliche Resonanz der Ankündigung, um für die anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland als koalitions- und regierungsfähig zu erscheinen. „Es geht darum, sich im Wahlkampf als erfolgreiche Partei mit Machtoptionen zu inszenieren, weitere öffentliche Bühnen zu erhalten und darüber die radikal rechte Agenda zu verbreiten“, sagte Quent dem Tagesspiegel.

Kommt für Alice Weidel zumindest „theoretisch“ auch in Betracht für das Amt des AfD-Kanzlerkandidaten: Björn Höcke, Landessprecher und Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen.
Kommt für Alice Weidel zumindest „theoretisch“ auch in Betracht für das Amt des AfD-Kanzlerkandidaten: Björn Höcke, Landessprecher und Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen.

© dpa/Heiko Rebsch

Co-Parteichefin Alice Weidel ist laut Umfragen der bekannteste Kopf der AfD, aber nur eine kleine Minderheit ist der Meinung, dass sie beliebt sei. „Natürlich habe ich Lust“, sagte sie Welt TV. Ihr Kollege in der Führung, Tino Chrupalla, hält sich bedeckter, was eigene Ambitionen angeht. Weidel schloss sogar eine Kandidatur von Rechtsaußen Björn Höcke nicht aus: „Er ist kein Rechtsextremist.“

Und wenn die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht sich der AfD als Spitzenkandidatin anbieten würde, statt eine eigene Partei zu gründen, wie sie erwägt? „Die Idee, dass Frau Wagenknecht als Kanzlerkandidatin für die AfD zur Verfügung stehen könnte, ist komplett absurd“, sagte eine Mitarbeiterin ihres Büros dazu auf Anfrage. Mehr sei dazu nicht zu sagen.

Da die AfD mangels Regierungspartner keinerlei Machtperspektive habe, gehe es ihr „um Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit, Mobilisierungsfähigkeit und Kampagnenfähigkeit“, sagt der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel. Vor allem die „fernseh-mediale Aufmerksamkeit“ sei wichtig im Bundestagswahlkampf.

Wie werden Fernsehanstalten mit diesem Anspruch umgehen?

In der ARD will man Probleme von morgen offenbar heute noch nicht lösen. Die Frage stelle sich nicht, es gebe dazu noch keine Planung, teilte die ARD-Programmdirektion mit.

Im ZDF existiert ein feines Regularienwerk zur Berücksichtigung von Parteien in der Berichterstattung im Wahlkampf – auch die Umfragewerte spielen darin eine Rolle. Zur Ankündigung einer AfD-Kandidatur wollte sich der Sender bis Donnerstagnachmittag auf Anfrage nicht äußern. Für den Fall, dass Öffentlich-Rechtliche und Privatsender die Kandidatin oder den Kandidaten der AfD nicht einladen, bliebe der Partei immer noch der Rechtsweg.

Allerdings gibt es in der jüngeren Geschichte ein abschreckendes Beispiel: Im Bundestagswahlkampf 2002 hatte sich FDP-Chef Guido Westerwelle zum Kanzlerkandidaten ausgerufen. Als er nicht zu TV-Streitgesprächen mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und seinem Unions-Herausforderer Edmund Stoiber (CSU) eingeladen wurde, klagte er auf Teilnahme. Er scheiterte in den ersten zwei Instanzen, zuletzt dann auch vor dem Bundesverfassungsgericht.

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